Schieber hätte stolz sein können - wenn auf der Gegenseite nicht sein VfB gestanden hätte.
Stuttgart - Hinterher standen sie zusammen, die drei jungen, alten Kumpel: Patrick Funk (21), Daniel Didavi (20) - und Julian Schieber. Für den VfB II hat das Trio gemeinsam schon das eine oder andere hart umkämpfte Spiel aus dem Feuer gerissen. Das schweißt zusammen.
Doch nun standen sie sich gegenüber und wussten nichts so recht mit sich anzufangen. Funk und Didavi, weil ihnen in ihrer Enttäuschung über das desolate Spiel der Roten nicht viel einfiel. Und Schieber, weil er trotz seiner jungen Jahre - am Sonntag feierte er seinen 22. Geburtstag - schon die hohe Kunst der Diplomatie beherrscht, und zwar aus dem Effeff. "Ich habe Julian zum Sieg gratuliert", sagte Funk - ansonsten war der Verteidiger trotz seines ersten Bundesligatreffers "sprachlos". Schieber tröstete seine Kumpels, so gut es ging. Ansonsten sagte er nur, dass er nichts sagen wolle, "aus Respekt vor der schwierigen Situation des VfB".
Schieber: "Es war ein schwieriges Spiel für mich"
Schieber hatte zum 2:0 für den Club getroffen, Schieber hatte das 3:1 vorbereitet - Schieber hätte vor Stolz auf seine Leistung platzen können an diesem Tag. Wenn auf der Gegenseite nicht das Team mit dem Brustring gestanden wäre. "Sein" Team. "Sein" VfB, bei dem er als Fußballtalent groß geworden ist, der ihn für diese Saison nach Nürnberg ausgeliehen hat, um Spielpraxis zu sammeln, und zu dem er im Sommer zurückkehren wird. "Es war ein schwieriges Spiel für mich", sagte Schieber noch und fügte fast entschuldigend hinzu: "Ich muss 100 Prozent für meine Mannschaft geben, das ist jetzt der Club." Und zwar ungeachtet der Tatsache, dass er den VfB, und damit sich selbst, ein gutes Stück weiter Richtung zweite Liga geschossen hat.
Schon die Tage zuvor hatte er sich vorgenommen, "nicht zu jubeln, falls ich ein Tor erziele". Daran hat er sich gehalten. Nach seinem Kopfballtreffer blieb er erst mal auf dem Rasen liegen. Dann hob er vorsichtig den Kopf und blickte sich um, als fürchte er, es könne ihm einer für diese Unartigkeit die Ohren lang ziehen. "Julian ist zu 100 Prozent Profi. Er hat nicht gejubelt, das zeigt den Respekt vor seiner Mannschaft", sagte Club-Kapitän Andreas Wolf. Mit "seiner" Mannschaft meinte er den VfB.
Mehr noch: Als Serdar Tasci, der einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte, nach einem Foul am Boden liegen blieb, redete Schieber beschwörend auf ihn ein: "Komm, Serdar, weiter, weiter!" Schieber litt mit den Roten. Als die Nürnberger Spieler am Ende mit ihren Fans feierten, fehlte Schieber: Er tröstete seine VfB-Kumpels.