Sachlich geht Jos Luhukay seine neue Traineraufgabe in Stuttgart an. Foto: Pressefoto Baumann

Der neue VfB-Trainer Jos Luhukay muss auf die Schnelle eine Mannschaft formen, die nur ein Ziel kennt: den direkten Wiederaufstieg.

Stuttgart - Im Grunde hat Jos Luhukay keine Zeit. Er muss eine Mannschaft bauen. Und das muss nicht nur schnell gehen, sie muss auf Anhieb auch recht stabil sein und sofort funktionieren. Doch der 53-jährige Niederländer kennt das ja. Von Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC, wo er Traditionsvereinen wieder auf die Beine geholfen hat. Aber ganz anders als beim FC Augsburg, wo er erst ein Fundament gießen konnte. Am Ende stand jedoch in allen Fällen Luhukays vorzeigbares Werk: der Aufstieg in die Fußball-Bundesliga.

Nichts anderes ist der Auftrag jetzt in Stuttgart. Auf das Projekt Rückkehr in die oberste Klasse lässt sich alles Tun und Handeln beim VfB eine Saison lang reduzieren. „Es ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance, diesen Betriebsunfall Abstieg in die zweite Liga zu korrigieren“, sagt Luhukay. Dafür hat ihn der Verein schließlich verpflichtet, wie der Marketingvorstand Jochen Röttgermann bei der offiziellen Vorstellung am Mittwoch noch einmal betont hat. Dafür gilt Luhukay auch als einer der besten Trainerhandwerker auf dem Markt – und fristgerecht will er im nächsten Mai liefern.

Mit anderen öffentlichen Verlautbarungen würden sich der VfB und Luhukay auch unglaubwürdig machen. Doch der neue Trainer ist bestrebt, das verspielte Vertrauen in die Mannschaft bei den Fans wieder zurückzugewinnen. Deshalb hat er schon vor Wochen begonnen, sich intensiv mit den Stuttgartern zu beschäftigen.

Luhukay beobachtet den eigenen Nachwuchs

Spieldaten hat er ausgewertet, zwei Partien der U 17 beobachtet, mit Spielern gesprochen und den internationalen Transfermarkt im Auge behalten. Denn genau das sind die Kreise, die Luhukay ziehen will, wenn es darum geht, den Kader zu komplettieren: Erst schaut er, was es in den eigenen Reihen an Talenten gibt, danach blickt er auf Fußballdeutschland – und erst wenn da auch nichts Passendes dabei sein sollte, will er im Ausland nach neuem Personal suchen.

Im Idealfall stehen am Ende die Namen von 20 Feldspielern und drei Torhütern auf Luhukays Liste. „Ich will mit einem kleinen Kader arbeiten“, sagt der Trainer. Und er will nur mit Spielern arbeiten, die sich voll mit dem VfB identifizieren. Ansonsten sieht er das Leistungsklima und damit auch das große Ziel gefährdet.

Diese Ganz-oder-gar-nicht-Haltung ist für einige Wochen allerdings mit einem Aber versehen. Luhukay bezeichnet sich schließlich als Realist und nicht als Visionär. Er weiß nur zu gut, dass er zwar möglichst bis zum Saisonstart am 5. August eine erfolgreiche Elf hinstellen soll, aber das Transferfenster bleibt eben bis zum 31. August geöffnet – und jeder Spieler, der dem VfB ein schönes Sümmchen bringt, kann noch hindurchschlupfen.

Aus diesem Grund mag Luhukay noch nicht über einzelne Personen und Positionen reden. Klare Vorstellungen, wie sich Lücken schließen lassen, hat er dennoch und mit ein wenig Fantasie lässt sich schon das Grundgerüst einer Mannschaft erkennen: Mitch Langerak im Tor, Timo Baumgartl und Marcin Kaminski (Lech Posen) in der Innenverteidigung, ein Mittelfeld mit Christian Gentner, Lukas Rupp und Alexandru Maxim und in der Spitze der Zweitliga-Torschützenkönig Simon Terodde (VfL Bochum.).

Nur zu stark fixieren kann sich Luhukay nicht. Man kann sich ja noch lange nicht sicher sein, ob nicht doch wieder eine Baustelle in der Mercedesstraße aufgerissen wird. Zum Beispiel durch ein Angebot für Rupp aus England oder Baumgartl aus der Bundesliga. Wichtiger als öffentlich über Personal zu diskutieren, erscheint dem Chefcoach deshalb, erst einmal eine Botschaft an die Spieler zu senden: „Es wird entscheidend sein, die zweite Liga vom Kopf her möglichst schnell anzunehmen.“

Luhukay fordert deutsche Tugenden

Die guten alten deutschen Tugenden wie Einsatzbereitschaft, Laufstärke und Zweikampfhärte bringt der Trainer da gerne ins Spiel. Dazu Charakter und Leidenschaft. „In diesen Bereichen müssen wir zunächst ausgleichen, mit was uns die gegnerischen Mannschaften konfrontieren“, sagt Luhukay. Das spielerische Element kommt dann als letzte Substanz in den Betonmischer, um aus einer Verlierermannschaft ein Gewinnerteam zu formen.

Doch welche Art von Fußball herauskommt, lässt Luhukay offen. Als Pragmatiker wird er sich am vorhandenen Material ausrichten. Also: sachlich-nüchtern, wenn nötig und forsch-offensiv, wenn möglich. Denn nur der schnelle Erfolg wird Jos, dem Baumeister die Zeit bringen, die er braucht, um sein Werk in Stuttgart zu vollenden.

Geldstrafe

Der VfB muss für Verfehlungen seiner Fans eine Geldstrafe in Höhe von 15 000 Euro zahlen. Einmal geht es um Banner mit verunglimpfenden Inhalten beim Spiel in Frankfurt (6. Februar), und einmal um den Platzsturm in Stuttgart nach der Mainz-Partie (7. Mai).