Schaulaufen unter den Augen des Führungspersonals: Im Trainingslager in Donaueschingen positionieren sich die VfB-Profis auch im Kampf um die Stammplätze. Klicken Sie sich durch die Trainingsbilder. Foto: Pressefoto Baumann

Die Vorbereitung auf die neue Saison gehört nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen von Fußballprofis, erst recht, wenn sie ins Trainingslager müssen. Doch es hilft nichts: Die VfB-Spieler arbeiten hoch konzentriert an Technik und Taktik. Und manchmal verlassen die Sieger des Tages huckepack den Platz.

Donaueschingen - Mitunter hilft selbst die beste Planung nichts. Alle Hütchen sind aufgestellt, die Spieler haben die Aufwärmübungen absolviert, das Trainerteam bespricht die letzten Details für die anstehende Übungseinheit. Doch schon ein paar Minuten später steht niemand mehr auf dem Platz – mit Ausnahme von ein paar Pfützen.

Ein Gewitter samt Wolkenbruch tobt über Donaueschingen, der Tross des VfB muss das Training abbrechen und die Flucht ins nahe gelegene Hotel ergreifen. „Da kannst du nichts machen“, seufzt Co-Trainer Eddy Sözer. Dabei ist so ein Unwetter in diesen Tagen so ziemlich das Einzige, was die Planungen des VfB durcheinanderbringen kann. Alles ist minuziös geplant. Doch worauf kommt es eigentlich an in einem Trainingslager? Auf was wird besonderen Wert gelegt, und wie sieht der Alltag der VfB-Profis aus? Ein Überblick.

Die Inhalte: Die konditionellen Grundlagen legte der VfB bereits in den ersten Wochen der Vorbereitung – nun geht es während der beiden täglichen Trainingseinheiten um den taktischen und spielerischen Feinschliff. „Wir müssen uns in verschiedenen Spielformen die Wettkampfhärte aneignen und uns Automatismen erarbeiten“, sagt Co-Trainer Eddy Sözer, „zudem geht es um die Schnellkraft – aber auch hier ist fast immer der Ball dabei.“ Die Zeiten, als in einem Trainingslager vor der Saison noch bis zum sprichwörtlichen Umfallen Kondition gebolzt wurde, sind lange vorbei. Auch als der VfB in den ersten Wochen der Vorbereitung die konditionellen Grundlagen legte, „waren Dauerläufe ohne Ball die Ausnahme“, bekräftigt Eddy Sözer.

Die Analysen: Wenn die VfB-Profis den Trainingsplatz in Donaueschingen betreten, ist ein Mann schon da. Er steht unauffällig am Rand, und vor ihm aufgebaut steht eine Kamera samt Stativ. Matthias Borst filmt alle Einheiten, das Trainerteam sichtet das Material nach dem Training im Besprechungsraum des Mannschaftshotels.

Bruno Labbadia und Eddy Sözer entscheiden dann, welche Sequenzen sie den Spielern in der nächsten Besprechung, die meist nach dem Abendessen stattfindet, zeigen sollen. „Da geht es um das richtige Verschieben in der Defensive, um das richtige Anlaufen des Gegners, wenn er in Ballbesitz ist – wir legen viel Wert auf die Visualisierung unserer Einheiten, die Jungs sollen sofort begreifen, was sie im nächsten Training besser machen können“, erläutert Eddy Sözer. „Wir machen die Besprechung mal mit dem kompletten Team, oft aber auch nach Mannschaftsteilen gegliedert.“

Die Wissenschaft: Vormittags um 7.45 Uhr stehen im Hotel Stabilisationsübungen an – zwischendurch müssen die Profis bluten. Teamarzt Heiko Striegel pikst in die Ohrläppchen und entnimmt ein paar Tröpfchen des roten Safts, der sofort analysiert wird. Wie fit ist der Spieler, wie hoch kann er in den beiden Einheiten des Tages belastet werden? Die Laktatwerte geben Auskunft. Wenn das Trainerteam mit den Ärzten später den Tagesablauf bespricht, herrscht Klarheit. Wissenschaft und Technik sind immer mit am Ball.

Manchmal sitzt Eddy Sözer am Spielfeldrand vor einem Laptop. Auf dem Platz wird ein Sender justiert, die Spieler sind verkabelt, damit der Puls erfasst werden kann. Sözer bekommt die Daten sofort auf den Laptop gespielt und kann reagieren, wenn die Belastung für einen Profi bei intensiven Übungen zu hoch ist. „Wir werten die Daten ständig aus“, sagt der Co-Trainer, „so können wir die Verletzungsgefahr verringern.“

Die Stimmung: Der VfB bleibt noch bis zum Sonntag im Trainingslager. Schon davor war die Arbeit hart und kräftezehrend, die Spieler haben bereits eine Intensiv-Trainingswoche auf dem Club-Gelände in den Beinen. Die Rivalität im Kader ist überdies groß, der Kampf um die Stammplätze wirkt psychisch und physisch belastend. Doch wie beugt das Trainerteam einem Lagerkoller vor? „Wir können nur die Werte und die Inhalte vorgeben, die uns wichtig sind“, sagt Eddy Sözer. „Pünktlichkeit und der gegenseitige Respekt spielen eine große Rolle. Wir müssen den Rahmen gestalten, den Jungs aber auch Freiräume geben und ihnen Eigenverantwortung übertragen.“ Im Klartext bedeutet dies, dass nicht der ganze Tag durchgeplant ist und zwischen den Einheiten Platz für individuelle Interessen bleibt. Der eine spielt dann Champions League auf der Playstation, die anderen duellieren sich an der Tischtennisplatte, manche ziehen sich auf ihr Zimmer zurück und gönnen sich ein Nickerchen.

Auch auf dem Platz muss das Trainerteam die Mannschaft bei Laune halten. „Wir horchen ständig hinein in die Truppe, müssen die emotionalen Zustände analysieren und ein Gefühl dafür entwickeln, was die Jungs gerade brauchen“, sagt Sözer. Um den Wettkampfgeist zu fördern und die Intensität zu erhöhen, steht häufig das Duell Jung gegen Alt auf dem Plan – die Verlierer müssen die Sieger huckepack vom Platz tragen.

Neulich war das Spiel derart hart und intensiv, dass die Trainer das Nachmittagstraining kurzerhand umplanten. Neben taktischen Abläufen stand Fußballtennis auf dem Programm – und damit vor allem der Spaß. Die spontane Belohnung für die Schufterei am Vormittag. „Auch das“, sagt Eddy Sözer, „muss in einem Trainingslager einfach mal sein.“