Gibt der Mannschaft mit seiner Souveränität Stabilität: VfB-Trainer Huub Stevens Foto: dpa

Die Art von Huub Stevens kommt beim VfB an. Gelingt der Klassenverbleib, soll der Trainer mindestens eine Saison dranhängen. 2015 könnten Thomas Tuchel, Ralf Rangnick oder Robin Dutt kommen.

Der Liga-Endspurt ist Nervenkitzel pur.   Gut, wer da als Chef   Souveränität und dennoch Lockerheit  ausstrahlt. So wie Huub Stevens. Die Art des Trainers kommt beim VfB an. Bei der Vereinsführung, und  vor allem  in der Mannschaft.

Stuttgart - Als der 2:0-Sieg gegen den SC Freiburg unter Dach und Fach war, wusste jeder etwas beizutragen zum inoffiziellen Wettbewerb „Mein schlimmstes Erlebnis“. Bernd Wahler etwa, dem Präsidenten, fiel gleich die Szene ein, als Gotoku Sakai den Ball zu kurz nach hinten köpfte und Sven Ulreich Kopf und Kragen riskieren musste, um den 1:1-Ausgleich zu verhindern. „Da dachte ich, mein Herz bleibt stehen“, gestand Wahler. Mit Fredi Bobic, dem Sportdirektor, fuhren die Gefühle auf der Tribüne Karussell: „Der Kampf gegen den Abstieg ist der Wahnsinn pur. Man hat das Knistern gespürt.“ Timo Werner (18) stöhnte: „Meine erste Bundesliga-Saison und gleich Überlebenskampf, das ist vielleicht eine Erfahrung!“ Auch Martin Harnik war bedient: „Auf dem Platz habe ich ein paarmal die Hände vors Gesicht geschlagen, weil wir den Gegner zu Torchancen eingeladen haben. Das alles ist eine Ausnahmesituation, das belastet schon.“ Spurlos geht das an keinem vorbei. Der eine kann es nur besser verbergen als der andere.

Und dann gibt es noch Huub Stevens, der zunächst für zehn Spiele engagiert wurde, von denen fünf bereits gespielt sind. Wie es danach weitergeht, ob mit Stevens oder ohne ihn, ist offen. Steigt der VfB ab, macht Stevens wohl den Abflug. Bleibt der VfB erstklassig, könnte eine Verlängerung daraus werden, weil der eine oder andere Trainerkandidat nicht auf die Schnelle verfügbar ist. Kandidaten mit Stuttgarter Hintergrund und einer Jugend-forscht-Mentalität. Thomas Tuchel (40/FSV Mainz 05/Vertrag bis 2015) etwa. Oder Ralf Rangnick (55/RB Salzburg, RB Leipzig/bis 2015). Oder Robin Dutt (49/Werder Bremen/bis 2016).

Huub Stevens (60) punktet jedenfalls nicht nur mit dem VfB, sondern auch in eigener Sache. Sein Arbeitsstil und sein Auftreten kommen in der Vereinsführung, aber auch in der Mannschaft an. „Er ist sehr professionell und sehr auf seine Aufgabe fokussiert, trotzdem hat er auch mal einen lockeren Spruch auf den Lippen“, sagt Bernd Wahler über den Niederländer, „Huub Stevens strahlt eine natürliche Autorität aus.“

Stevens, keine Frage, hat schon so ziemlich alles erlebt im Fußball – große Erfolge und noch größere Bewährungsproben. Er steht, so hat es zumindest den Anschein, über den Dingen. „Das war ein kleiner Schritt, nicht mehr“, sagte er nach dem 2:0 gegen den SC Freiburg emotionslos, „als ich anfing, hatten wir zehn Endspiele, jetzt sind es noch fünf.“ Den Rest konnte sich jeder denken: Lasst mich nur machen, ich hab’ die Sache im Griff.

Der Mann versteht sich auf vertrauensbildende Maßnahmen. Am Sonntag im Training schlenderte er zwischen den Stammspielern und den Reservisten umher, hatte für jeden ein Wort übrig, einen Scherz, eine aufmunternde Geste, und im Gesicht trug er ein Dauerlächeln. Das kennen die VfB-Profis nicht von jedem seiner Vorgänger, auch nicht nach Siegen. Stevens gibt ihnen das Gefühl: Du bist wichtig, du bist mein Mann. Auch wenn er, wie Karim Haggui, wieder nur Bankdrücker war. Stevens hat auch mit ihm gesprochen und seine Entscheidung erklärt, auf Daniel Schwaab in der Innenverteidigung zu setzen. „Der Trainer kümmert sich um jeden, ob alt oder jung“, sagt Werner.

Kommunikation ist ganz wichtig für Huub Stevens. Schlagender Beweis ist die Sitzordnung auf der Bank. Normalerweise sitzt der Chef ganz außen, dann folgen, gemäß der Hierarchie, seine Assistenten. Stevens dagegen hat sich den zweiten Sitz reserviert, umrahmt von seinen Co-Trainern Ton Lokhoff und Armin Reutershahn. So sind sie im ständigen Austausch. Der Mannschaft hat er feste Regeln vorgegeben. Bei ihm weiß jeder, woran er ist. Das kommt an. „Stevens ist ein Vollprofi in jeder Situation“, sagt Präsident Wahler, „er macht sich in der Kabine gleich daran, das aktuelle Spiel zu analysieren. Gleichzeitig lenkt er die Gedanken schon aufs nächste Spiel.“

Das gibt der Mannschaft Halt. „Der Trainer hat großen Anteil daran, dass wir wieder eine Einheit sind, dass jeder für den anderen kämpft und jeder weiß, worum es geht“, sagt Daniel Didavi (24), der zurzeit wie Carlos Gruezo (18) am meisten von Stevens’ Fürsorge und Zutrauen profitiert. Aber auch erfahrenere Spieler wie Martin Harnik (26) sind von Stevens überzeugt: „Seine Souveränität tut der ganzen Mannschaft gut“, sagt der Österreicher, „ich glaube, dass wir es mit ihm packen und in der Bundesliga bleiben.“

Dann ist vieles möglich. Immer mehr auch die Variante, dass Stevens vorerst bleibt.