VfB-Innenverteidiger Rüdiger, Coach Stevens, Sportvorstand Dutt (v.li.) Foto: dpa

Weil Huub Stevens im Februar nach der Niederlage in Hoffenheim wirkte, als wolle er den Bettel hinwerfen, verpflichtete VfB-Sportvorstand Robin Dutt Alexander Zorniger, der notfalls eingesprungen wäre. Zorniger bekam beim VfB einen Vertrag ab Saisonende. Deshalb muss der Retter jetzt gehen.

Stuttgart - Es ist ja nicht immer ganz einfach, der interessierten Öffentlichkeit zu erklären, was sie eigentlich nichts angeht. Weshalb Robin Dutt in den vergangenen Tagen ziemlich viel darüber sagte, wie toll er sich mit Huub Stevens verstanden hat, aber wenig darüber, warum der „Jahrhundert-Retter“ schon bald wieder sein Bäuchlein am Strand von Mallorca sonnt. Jedenfalls kramten Dutt und Präsident Bernd Wahler dem Vernehmen nach tief im Schatzkästlein der Empathie, als sie am Abend nach der Rettung beim Stuttgarter Edelitaliener „Da Capo“ dem Niederländer innig dafür dankten, den schlimmsten aller anzunehmenden Unfälle vermieden zu haben. Zum Abschied beschenkten sie den Trainer mit einem Grill für seinen Zweitwohnsitz auf der Urlaubsinsel. Rote Würste sollen ihn auch auf „Malle“ immer an den VfB Stuttgart erinnern.

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Nun soll Stevens zuletzt nicht den Eindruck gemacht haben, sich aus Gram über die Trennung demnächst schon in den Neckar zu stürzen. Wer ihm aber lauschte in den Tagen vor dem Paderborner Finale, der ging nicht mit dem sicheren Gefühl aus den Gesprächen, dass es den alten Kutscher nicht doch gejuckt hätte, noch einmal auf dem Bock Platz zu nehmen.

Allerdings war es nicht mehr als ein nettes Verwirrstück, mit dem Stevens und Dutt im letzten Akt ihres Schauspiels das Publikum unterhielten. Man trennt sich in der Öffentlichkeit eben am liebsten im besten Einvernehmen – selbst wenn der sensible Holländer das eine oder andere Mal ein bisschen quer im Stall gestanden haben soll. Schwamm drüber.

„Huub wird sich in den nächsten Tagen mit dem neuen Trainer zusammensetzen und gemeinsam mit ihm jeder Spieler noch einmal durchgehen“, lobt Dutt den Teamgeist des scheidenden Trainers.

Man kann diese Art der Harmonie als reine Heuchelei abtun oder aber als reifen Ausdruck von Professionalität. So oder so aber bleibt die Frage, was genau dazu geführt hat, dass schon Ende Februar unterschriftsreif vorlag, was jetzt erst offiziell bestätigt wurde: Ein Dreijahresvertrag für den künftigen Trainer Alexander Zorniger.

Alles spricht dafür, dass der neue Sportvorstand Robin Dutt in den Alarmmodus schaltete, als Stevens nach der unglücklichen 1:2-Niederlage bei 1899 Hoffenheim (14.Februar) auftrat wie Napoleon nach der Völkerschlacht von Leipzig. Geknickt, ratlos, scheinbar ohne Fortüne und mit den Kräften am Ende. „Haben Sie noch eine Idee?“, fragte er einen verdutzten Reporter nach der Pleite in der Nachspielzeit. Nach Informationen unserer Zeitung soll sich Stevens unmittelbar nach Spielende auch vor der Mannschaft ziemlich ratlos geäußert haben.

Weshalb sich Dutt wohl eilends auf die Suche nach einem Trainer machte, der in die Bresche springen konnte, falls Stevens in den nächsten Tagen oder Wochen den Veh machen sollte. Da traf es sich ganz gut, dass sich RB-Sportdirektor Ralf Rangnick mit Leipzigs Trainer Alexander Zorniger kurz zuvor darauf verständigt hatten, die gemeinsame Arbeit beim Zweitligisten zu beenden.

Denn „die persönliche Spielidee“ des gebürtigen Schwäbisch Gmünders deckt sich nach Einschätzung von Robin Dutt ziemlich exakt mit der „Spielkonzeption des VfB“. Stevens, soviel ist bekannt, kümmert sich eher wenig um derlei Schnittmengen. Der VfB-Sportvorstand fackelte nicht lange und nahm Zorniger drei Gelübde ab: Erstens: Er springt sofort ein, wenn Stevens den Bettel doch noch hinwirft. Zweitens: Er bleibt auch im Fall des Abstiegs. Und drittens: Auf Punkt eins oder zwei angesprochen streitet er bis zum Saisonende alles ab.

Zorniger bringt die Kiez-Legende Trulsen mit

Dutt informierte Stevens, der stimmte wohl eher zähneknirschend zu, wollte sich aber gegen Ende seiner Trainerlaufbahn keine Blöße mehr geben und raufte sich noch einmal zusammen.

Weshalb es schon zu diesem Zeitpunkt überflüssig war, sich Gedanken über eine Verpflichtung von Thomas Tuchel zu machen. Der „kleine Klopp“ wäre erst nach Ende der Saison aus seinem noch laufenden Vertrag bei Mainz 05 herausgekommen. Er war demnach keine Lösung für den Fall des Falles. Außerdem soll der frühere VfB-Jugendtrainer schon in Gesprächen vor der späteren Verpflichtung von Armin Veh Vorstellungen formuliert haben, die auf einige VfB-Häuptlingen wirkten wie der Plan einer feindliche Übernahme.

Jetzt ist also Zorniger eine wesentliche Stütze im Haus, das die Architekten vom Cannstatter Wasen von Grund auf zu renovieren gedenken. Seine Erfahrung mit der Bundesliga beschränkt sich allerdings auf sein kurzes Dasein als Co-Trainer unter dem damaligen VfB-Chefcoach Markus Babbel (2009). Weil der früherer Bayern-Profi aber öfter mal in Köln weilte, um den Fußball-Lehrer zu machen, übte sich den Erzählungen nach Zorniger immer mal wieder in der Chefrolle. Zum guten Betriebsklima soll das eher wenig beigetragen haben. In Leipzig beschreiben ihn die Beobachter zwar als „netten Kerl“, aber auch als extremen Ehrgeizling, der dazu neigt nur eine Meinung zu schätzen: die eigene. Er sei der ideale Mann, um eine junge Mannschaft zu entwickeln, aber ausbaufähig im Umgang mit Stars.

Der neue Chefcoach Alexander Zorniger bringt die Kiez-Legende André Trulsen (früher FC St. Pauli) als Co-Trainer mit. Der VfB stellt seinem neuen Coach als zweiten Assistenten den erfahrenen Armin Reutershahn zur Seite, schon Co-Trainer unter Armin Veh und Huub Stevens. Dazu Torwarttrainer Andreas Menger und Fitnesscoach Christos Papadopoulos. Als Mentalcoach neu im Team: der frühere Bundesliga-Torhüter und Psychologe Philipp Laux.