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Der VfB-Spielmacher und die neue Rollenverteilung im Mittelfeld des VfB Stuttgart.  

Stuttgart - Nichts wie weg hier. Runter vom Trainingsplatz, der in diesen Tagen einem Brutofen gleicht, rein in die kühle Kabine - und dann schnurstracks ab ins kalte Becken. Die Plätze im Eiswasser sind bei den Profis des VfB Stuttgart zurzeit heiß begehrt. Womöglich will Tamas Hajnal nur dem größten Gedränge entgehen, wahrscheinlich aber hat es einen anderen Grund, dass er trotz der hohen Temperaturen als einer der Letzten Zuflucht im kühlen Clubheim sucht: Es gibt viel zu tun beim VfB. Und da zählt jede Minute auf dem Trainingsplatz. "Unsere Organisation auf dem Platz stimmt, unser Defensivverhalten ist auch gut, das ist die Basis", sagt Tamas Hajnal (30), "allerdings muss unsere Abstimmung im Spiel nach vorn besser werden, wir müssen uns gegenseitig noch mehr unterstützen."

Nach drei Spielen in der Bundesliga bieten die Roten ein diffuses Bild: Der erste Auftritt (3:0 gegen Schalke) war prima, der zweite (1:1 in Mönchengladbach) durchwachsen, der dritte (0:1 gegen Leverkusen) ernüchternd. Ein Sieg, ein Unentschieden, eine Niederlage - und Hajnals Leistung war ein Spiegelbild dieser Ausbeute: Wenn es bei dem Spielmacher nicht läuft, stottert das Spiel nach vorn. Gegen Leverkusen holte Trainer Bruno Labbadia den kleinen Ungarn schon nach 60 Minuten vom Platz, was Hajnal jedoch nicht als Misstrauensvotum gegen seine Person wertet: "Ich habe in der Vorbereitung gut gearbeitet und denke nicht, dass ich etwas anderes mache als in der vergangenen Rückrunde."

Da begeisterte der damalige Neuzugang als Ideengeber, da hatte er Zug zum Tor, hat den Mitspielern Räume eröffnet und das Spiel belebt - eine Frischzellenkur für die darbenden Roten. Von dieser Form scheint er nun ein gutes Stück entfernt. "Im Pokal gegen Wehen und gegen Schalke habe ich jeweils zwei Tore eingeleitet", sagt er zwar. Andererseits räumt er ein: "In den letzten beiden Spielen konnte ich meine Aufgaben nicht so gut lösen, das muss besser werden."

Diese Selbstkritik ehrt ihn, allerdings ist Hajnal ja nicht der Alleinunterhalter im Offensivspiel, und das erschwert die Sache natürlich ungemein. Vergangene Saison bildeten Christian Träsch und Zdravko Kuzmanovic die Doppel-Sechs hinter Hajnal. Träsch interpretierte seine Rolle eher offensiv, Kuzmanovic defensiv. Jetzt hat William Kvist den Platz von Träsch eingenommen, doch anders als der Neu-Wolfsburger fühlt sich der Däne zuvorderst für die Absicherung nach hinten zuständig. Deshalb muss Kuzmanovic umdenken und sich nun häufiger nach vorn orientieren. "Das sind zwei Änderungen auf zwei zentralen Positionen. Träsch hat viele Lücken gerissen, das müssen wir jetzt anders kompensieren", sagt Hajnal. Und das fordert seine Zeit, wie auch Bruno Labbadia und Co-Trainer Eddy Sözer wissen.

Nach dem Training am Dienstag holten sie die drei Mittelfeldspieler zu sich, diskutierten fast 20 Minuten mit ihnen und suchten nach Lösungen. "Kuz" dürfte schon im Spiel bei Hertha BSC am Freitag (20.30 Uhr) etwas aufgerückter agieren. "Wir müssen uns im Spiel mehr bewegen, dadurch schaffen wir uns gegenseitig mehr Räume und haben mehr Optionen, um eine gegnerische Abwehr zu knacken", sagt Hajnal. Aufsteiger Berlin soll es zu spüren bekommen: "Hertha hat sich gut mit jungen und hungrigen Spielern verstärkt. Und sie wollen bestimmt unbedingt ihren ersten Heimsieg landen. Das wird eine große Aufgabe."

Eine schweißtreibende obendrein. Doch für den möglichen Sieg lohnt sich jede Anstrengung. Und wenn es klappt, ist der Sprung ins Eiswasser gleich nochmal so erfrischend.