Sawitzki im VfB-Tor: Er hat alles im Griff. Foto: Baumann

An diesem Donnerstag feiert Torwartlegende Günter Sawitzki seinen 80. Geburtstag. Der Mann mit der Mütze ist ein Stück VfB-Geschichte.

Stuttgart - Es war Mitte der sechziger Jahre. Vater zeigte auf den Rasen und sagte mit Ehrfurcht in der Stimme: „Das ist der Günter Sawitzki. Und der, mein Junge, lässt nie einen rein.“

Es muss wohl so gewesen sein. Denn wann immer der Bub im Dettinger Lauterstadion, einem von Brennnesseln begrenzten Bolzplatz mit Sägemehl-Linien und Bohnenstangen-Toren aus Großmutters Garten, zwischen den Pfosten stand, rief er stolz wie Oskar: „Ich bin der Sawi.“ Was die kräftigen Kerle vom FC Guckenrain nur mäßig beeindruckt hat. Weshalb der Torwart notgedrungen das Fach wechselte und eine Karriere als Double von Uwe Seeler anstrebte.

Die Bewunderung für den Mann mit der Mütze ist ihm aber immer geblieben. Günter Sawitzki. Einer der besten Torhüter, die der VfB Stuttgart bis heute hatte. Furchtlos zupackend im Strafraum, mit tollen Reflexen auf der Linie und kompromisslos im Duell Mann gegen Mann – was ihm nicht nur Anerkennung eintrug: Als er noch in der Oberliga West für den SV Sodingen kickte, stand plötzlich eine Frau dicht hinter seinem Tor. Im Staubmantel, den Regenschirm drohend zur Waffe erhoben. „Wenn du noch einmal so meinen Mann umhaust“, brüllte sie, „dann ziehe ich dir eine über.“

Mehrfach Kopf und Kragen riskiert

Das war 1955. Ein Jahr später holte ihn der legendäre Trainer Georg „Schorsch“ Wurzer an den Neckar. Und schon 1958 hielt der Mann aus dem Ruhrpott den deutschen Fußball-Pokal in den Händen. Gemeinsam mit VfB-Größen wie Robert Schlienz, Rolf Blessing, Rolf Geiger, Erwin Waldner oder Lothar Weise. Der VfB Stuttgart wusste, wem er nach dem Krimi gegen die favorisierte Fortuna Düsseldorf zu danken hatte. Am Ende siegte die Elf mit dem Brustring 4:3 nach Verlängerung. Und Günter Sawitzki, der Ritter der Lüfte, hatte mehrfach Kopf und Kragen riskiert.

Jetzt sitzt er kerngesund und kerzengerade am Esstisch seiner Heumadener Wohnung, stöbert in einem Berg aus Alben und startet im Kopf seines Zuhörers einen wunderbaren Film. „Och ja, mein 80. Geburtstag“, sagt er und blinzelt verlegen hinter seiner silberfarbenen Brille, „da ist nichts Großes geplant.“ Es ist wie früher. Günter Sawitzki macht wenig Aufhebens um seine Person. Auf seine Art ist er immer ein Torwart geblieben. „Und der“, sagt er, „ist dann am besten, wenn man nicht viel über ihn spricht.“

Vielleicht war es diese Zurückhaltung, die ihn zwar zum Nationalspieler machte, aber nie zum Stammtorhüter in der Elf von Sepp Herberger. Wenigstens gönnte ihm der „Chef“ zehn Länderspiele.

Immer Teilzeitprofi geblieben

Beim VfB dagegen war er unumstritten die Nummer eins. Obwohl er immer Teilzeitprofi blieb. Morgens ging der gelernte Maschinenschlosser zur Arbeit bei Hahn & Kolb, am Nachmittag ins Training auf dem Cannstatter Wasen. „Ich war immer der Letzte, der aus der Kabine kam“, sagt Günter Sawitziki, und Erika – seit 56 Jahren seine Frau – seufzt: „Das waren lange Tage. Ich habe ihn selten gesehen.“ Dafür verdiente ihr Günter gutes Geld. 3200 Mark gab es monatlich vom VfB. Von der Bundesliga-Gründung 1963 bis 1968 führte er die Mannschaft als Kapitän aufs Feld. Gerd Heinze löste ihn bei den Profis ab. Danach hütete Sawitzki noch bis 1971 das Tor der VfB-Amateure. „Als mich die Zuschauer einen alten Seckel schimpften“, sagt er und lacht schallend, „habe ich lieber aufgehört.“

Nach 330 Spielen, mit 38 Jahren.

Dem VfB ist er trotzdem treu geblieben. Bei jedem Heimspiel sitzt er auf der Haupttribüne, Block 14. Und wenn Sven Ulreich fliegt, ist er mit vollem Herzen dabei.