Punkte hat der VfB Stuttgart schon viele gesammelt, Karten dafür umso weniger. Wie sich der Zusammenhang zwischen Erfolg und Fair Play erklären lässt.
Es war die 34. Minute im Spiel bei Union Berlin, als es nach einem hart geführten Zweikampf zur Rudelbildung kam. Die Folge: zwei Gelbe Karten, eine davon für VfB-Verteidiger Anthony Rouault.
Eine Szene mit Seltenheitswert. In diesem Spiel, aber auch in der gesamten Saison. Nach acht Spieltagen hat der VfB Stuttgart nur neun Verwarnungen kassiert und dazu noch keinen einzigen Platzverweis. Weshalb die Mannschaft von Sebastian Hoeneß vor dem Aufeinandertreffen mit der TSG Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr) nicht nur in der Bundesliga-Tabelle weit oben rangiert. Sie führt auch die Fair-Play-Tabelle an. Kein Team hat weniger Karten kassiert als der VfB.
„Das war mir so gar nicht bewusst“, gab sich Hoeneß am Donnerstag überrascht. Eine schlüssige Erklärung für die Kehrtwende zur Vorsaison, als der Fast-Absteiger die Fair-Play-Wertung als 13. abschloss, hat Hoeneß nicht parat. „Es gab vor der Saison jedenfalls kein Briefing, weniger Foul zu spielen.“
Wer erfolgreich spielt, muss weniger foulen
Weshalb es nur einen Schluss geben kann: Die Zahl der wenigen Karten korreliert mit der Anzahl der vielen Punkte. Wer erfolgreich spielt, muss weniger foulen. Und vor allem: hat weniger Grund zu meckern. Keine einzige der bisherigen Verwarnungen resultierte aus dem Disput eines Spielers mit dem Schiedsrichter, sondern war jeweils einer unzulässigen Attacke beziehungsweise einem taktischen Foul geschuldet.
Als spielstarke Mannschaft läuft bisher meist der Gegner dem Tabellenzweiten hinterher. In puncto Passgenauigkeit sind nur Bayer Leverkusen und Bayern München den Stuttgartern überlegen, weshalb es auch nicht überrascht, dass Serhou Guirassy und Kollegen zu den am meisten gefoulten Mannschaften der Liga zählen.
„Wenn du einen Lauf hast, begehst du weniger Fehler“, stellte Hoeneß den Bezug zwischen Foul- und Spielwertung her. Fehler münden schließlich nicht selten in ein Foul. 71 begangene Fouls in acht Spielen sind Tiefstwert in der Liga. Am anderen Ende rangiert das sportliche Schlusslicht Mainz 05 mit 109 geahndeten Aktionen.
Nur einer kassiert Gelb wegen Meckerns: ausgerechnet der Trainer
Der Tabellenletzte hat im Saisonverlauf auch die meisten Zweikämpfe aller 18 Mannschaften bestritten. Logisch, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt. Wer mehr direkte Duelle bestreitet, läuft Gefahr, öfters den Gegner statt den Ball zu treffen. Der VfB bietet das Kontrastprogramm: als Mannschaft, die sich gar nicht erst in viele Zweikämpfe verwickeln und stattdessen Ball und Gegner laufen lässt. Bei der Anzahl der bestrittenen direkten Duelle liegt das Hoeneß-Team im Mittelfeld der Liga.
Aber natürlich ist all das, wie die sportliche Tabelle auch, nach acht Spieltagen nur die berühmte Momentaufnahme. Nur ein Platzverweis, und der VfB würde im Fair-Play-Ranking gehörig einbüßen. Wie schnell man die Kontrolle verlieren kann, bewies ausgerechnet Sebastian Hoeneß. Der Trainer kassierte beim Spiel in Berlin als bislang Einziger in dieser Saison eine Gelbe Karte wegen Meckerns.