Timo Baumgartl hat sich als Abwehrchef etabliert. Foto: Pressefoto Baumann

Der VfB Stuttgart hat 2017 noch kein Gegentor hinnehmen müssen. Mit dem SV Sandhausen kommt am Sonntag der starke Tabellensechste – die Begegnung wird zum Stresstest für die Defensive der Schwaben.

Stuttgart - Timo Baumgartl wäre gerne ein großer Basketballspieler. Der blonde Schlaks des VfB Stuttgart kann sich, sobald er einen Basketballkorb sieht, in eine Scheinwelt voller Dribblings und Dunkings katapultieren. In diesen Träumen zwischen LeBron James und Dirk Nowitzki wird es bei Baumgartls Selbstanfeuerungen manchmal so laut, dass Hannes Wolf ihn zur Räson rufen und auf den Boden der Fußballtatsachen zurückholen muss.

Trotz dieser fast kindlichen Anflüge auf Nebenplätzen hat der Trainer in dem 20-jährigen Profi aber denjenigen erkannt, der die VfB-Abwehr kann, und vielleicht sogar schon bald das ganze Spiel in seinem Innersten zusammenhält. Also genau in jener Problemzone, wo in den vergangenen Jahren die größte Baustelle der Stadt nach Stuttgart 21 auszumachen war. Aus diesem Grund hat Wolf den jungen Baumgartl in den Mannschaftsrat berufen – und mit diesem Aufstieg zum Juniorchef ist ein Leistungssprung einhergegangen.

Zahl der Gegentore nicht überzubewerten

Mit neuer Wachsamkeit spielt Baumgartl und geht dabei mit einer Köperspannung und Körpersprache in die Zweikämpfe, die im Gegensatz zu seiner manchmal lässigen Basketball-Attitüde steht. „Diese guten Leistungen sollten aber kein Ruhekissen für ihn sein“, sagt der Manager Jan Schindelmeiser über das Talent, das seine Nebenleute dirigiert, mitgerissen und somit großen Anteil an einer kleinen Überraschung hat: Zweimal hat der VfB in der Rückrunde gespielt und zweimal hieß es hinten zu null. Nimmt man nun die fünf Testpartien im neuen Jahr dazu, sind die Stuttgarter 2017 noch ohne Gegentor.

„Die Zahl allein ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit, weil man ja auch durch Glück oder starke Torhüterparaden kein Gegentor kassieren kann“, sagt der Trainer Hannes Wolf. Die Zahl ist aber auch deshalb nicht überzubewerten, weil der eine Zweitligagegner sich schon die ganze Saison über angriffsschwach zeigt (FC St. Pauli) und der andere mit einer Sturmflaute ins Schwabenland reiste (Fortuna Düsseldorf). Dennoch lässt die Null nach 21 Gegentoren in der Hinrunde Verbesserungen in der Defensive erkennen. „Wir haben zuletzt nicht perfekt, aber gut verteidigt“, sagt Wolf. Sein Kriterium: Die Gegner kamen in der gefährlichsten Zone nicht mehr zu klaren Abschlüssen.

Doch nun kommt an diesem Sonntag (13.30 Uhr) der SV Sandhausen, eine Mannschaft voller Selbstvertrauen, nachdem sie sich in die Verfolgergruppe geschlichen und vor dem wahren Tabellenführer an der Spitze der Rückrundentabelle steht. „30 Punkte sind schon ein Wort“, sagt Wolf über die Gäste mit dem starken Abwehrblock.

Eine Abwehr für die Zukunft

Doch das Team des Trainers Kenan Kocak hat sich seine Siege nicht nur ermauert, wie der VfB-Coach weiß. Weshalb die Begegnung zum Stresstest für die Defensive der Schwaben wird. Verhältnismäßig viel Geld haben sie ja noch einmal in ihr Sicherheitskonzept gesteckt: 2,5 Millionen Euro (plus Nachschlag bei Aufstieg) für den Innenverteidiger Jérôme Onguéné sind an den FC Sochaux fällig. Und für Benjamin Pavard (OSC Lille) fließen insgesamt 3,8 Millionen Euro nach Frankreich.

Dort gibt es offensichtlich einen Markt voller Verteidiger mit gehörigem Potenzial, aus dem der VfB gerne seine Abwehr der Zukunft ableiten würde: Baumgartl mit Pavard im Zentrum oder eben Baumgartl mit Onguéné im Zentrum. Einmal mehr Eleganz, einmal mehr Robustheit. Allerdings sieht die Gegenwart gerade so aus, dass Baumgartl mit Marcin Kaminski in der Abwehrmitte spielt – ein solider Mann aus Posen, der auch deshalb aufläuft, weil sich Pavard zum Pechvogel entwickelt.

Onguéné ist ein Kandidat für den Kader

Erst zwickte den 20-Jährigen ein Muskel vor dem letzten Test gegen Luzern – und schon war sein Platz in der Startelf besetzt. Nun hat er sich im Training verletzt, weshalb sich für Onguéné die Tür zum Kader für das Sandhausen-Spiel öffnet. „Jérôme ist offen und neugierig“, sagt Wolf über den Neuzugang, „allerdings muss er noch in unsere Abläufe hineinfinden.“

Eine Frage der Zeit sei das, sagen sie beim VfB, der nach dem Abgang von Toni Sunjic nicht das Risiko eingehen wollte, nur mit drei Innenverteidigern in das Aufstiegsrennen zu gehen. Nun definiert Schindelmeiser die Rolle des 19-Jährigen als „Herausforderer“. Onguéné soll Druck auf die anderen ausüben, und wenn man den U-19-Europameister richtig einschätzt, dann wird er sich nicht klein machen beim VfB. Denn auch er will wie Baumgartl ein Großer werden – im Fußball.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

lade Widget...

Tabelle

lade Widget...
Komplette Tabelle