Geschlagener Keeper: Fabian Bredlow macht beim Gegentor zum 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach keine gute Figur. Foto: Baumann

VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo steht zu seiner Entscheidung, Ersatztorwart Fabian Bredlow im Pokal aufzustellen – auch wenn dieser wie in der Vorsaison spielentscheidend patzt.

Stuttgart - Für Sven Ulreich muss es wie eine Demütigung geklungen haben. „Leider“, antwortete der Torschütze des Fünftligisten FC Nöttingen, ein gewisser Niklas Hecht-Zirpel, auf die Bemerkung, mit seinem Treffer in der ersten Pokalrunde 2015 ja „nur“ Ersatztorhüter Ulreich und nicht Welttorhüter Manuel Neuer getunnelt zu haben. Es hätte dem Karrierehöhepunkt des Amateurkickers die Krone aufgesetzt – völlig losgelöst von der 1:3-Niederlage gegen den FC Bayern München.

 

Für den früheren VfB-Keeper, mittlerweile beim Hamburger SV zwischen den Pfosten, sollte das für ihn unglücklich verlaufene Pokalspiel eine einmalige Belohnung bleiben. Fortan machte Neuer nicht mehr mit bei den gut gemeinten Rochaden. Die Nummer eins im Tor bin ich – ganz gleich in welchem Wettbewerb, lautet Neuers Devise.

Die sich andernorts nur die wenigsten Stammkräfte zu eigen machen. Sie nehmen es klaglos hin, wenn ihre Stellvertreter im DFB-Pokal die Bühne überlassen bekommen. Bei den meisten Mannschaften der Bundesliga, und auch beim VfB Stuttgart. Bei der 1:2-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach saß Gregor Kobel auf der Bank, stattdessen durfte sich wieder Fabian Bredlow beweisen. Das Ende ist bekannt. 89 Minuten des Spiels zeigte der Stellvertreter eine ordentliche Leistung. Weil er aber in einer Szene gleich zweimal patzte, was die – gleichfalls mit Ersatzkeeper angetretenen – Gladbacher eiskalt ausnutzten, stand nicht nur der VfB, sondern vor allem auch Bredlow am Ende als Verlierer da.

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„Ich habe noch kurz überlegt, ob ich rankomme oder nicht, und gesehen, dass ich nicht rankomme. Ich will dann nach hinten laufen und rutsche aus“, beschrieb der 25-Jährige die spielentscheidende Szene. „Natürlich sehe ich aus wie ein Idiot.“ Weil er nach seinem Ausrutscher auch noch einen seltsam anmutenden und völlig wirkungslosen Hüpfsprung einlegte. „Da kann er besser auf dem Boden bleiben“, kritisierte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo. Er sah seinen Torhüter aber nur am Ende einer Fehlerkette. „Er hat nur eine Teilschuld.“

Weil Torhüter im Gegensatz zu Feldspielern meist durch wenige Aktionen für spielentscheidende Momente sorgen können, liegt ein anderer Fokus auf ihnen. So war es schon in der vergangenen Pokalsaison. Als der VfB im Achtelfinale an Bayer Leverkusen scheiterte (1:2), wurde ebenfalls viel über Bredlow geredet. Beim Stand von 0:0 faustete er sich den Ball nach einer Ecke ins eigene Tor – seine Mannschaft geriet auf die Verliererstraße.

„Hatte es verdient, auf dem Platz zu stehen“

Weshalb sich nach dem Spiel am Mittwochabend und dem neuerlichen Ausscheiden im Achtelfinale eine Diskussion über Sinn und Unsinn der routinemäßig gepflegten Torwart-Rochaden entspann. Matarazzo wollte sich das Wechselspielchen nicht ankreiden lassen und sprach seinem Ersatzkeeper ein grundsätzliches Lob aus: „Er hatte es verdient, auf dem Platz zu stehen.“ Doch was als Belohnung für gute Trainingsleistungen gedacht war, verkehrte sich für den 25-Jährigen trotz mildernder Umstände wegen fehlender Spielpraxis letztlich auch zur persönlichen Enttäuschung.

Die Frage nach dem künftigen Vorgehen erübrigte sich nach dem Ausscheiden, jene nach der Sinnhaftigkeit des Belohnungsprinzips vor einem wichtigen Spiel blieb unbeantwortet: Warum bietet ein Trainer in einem Pokal-Achtelfinale nicht seine beste Elf auf?

Eine triftige sportliche Begründung außer der Förderung des Teamgeistes kann es nicht geben. Dem im Sport viel beschworenen Leistungsgedanken widerspricht der Wechsel auf der Nummer-eins-Position zutiefst. In Abwehr, Mittelfeld und Angriff bekommt schließlich auch nicht die zweite Garde die Chance, sich zu beweisen. Der Rückschluss liegt nahe, dass der Pokal für viele Bundesliga-Clubs nicht denselben Stellenwert besitzt wie die Punktejagd in der Liga. Dabei hatte vor dem Achtelfinale Matarazzo selbst den Wettbewerb noch mit der Champions League verglichen. Sportdirektor Sven Mislintat träumte insgeheim schon von Berlin.

Jetzt ist der Stuttgarter Pokaltraum zerplatzt. Am Ende bleibt es freilich eine rein hypothetische Frage, ob der VfB Stuttgart mit Gregor Kobel im Tor das Spiel gewonnen hätte.

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