Georg Niedermeier, Martin Harnik, Serdar Tasci, Maza und Andre Weis nach der Niederlage gegen den FC Bayern Foto: dapd

Nur ein Sieg in sechs Spielen. Das wirft beim VfB einige Fragen auf. Wir liefern mögliche Antworten.

Stuttgart - Autsch, das tat weh! Plötzlich lag Ermin Bicakcic am Montag im Training flach auf dem Rasen, hielt sich den Fuß und krümmte sich vor Schmerzen. Sekunden später war er wieder auf den Beinen, trainierte weiter, doch als die Einheit zehn Minuten später beendet war, knöpfte er sich seinen Widersacher vor. Noch auf dem Platz kam es zu einem heftigen, lautstarken Wortgefecht zwischen Bicakcic und – Cristian Molinaro.

Schon wieder Molinaro!?

Nur Stunden zuvor, beim 1:2 gegen den FC Bayern, hatte der Italiener für zwei Attacken gegen Arjen Robben die Gelbe und die Gelb-Rote Karte gesehen. Den Rest der Partie hatte er in den Katakomben vorm Fernseher verfolgt. Beim Schlusspfiff war er blitzschnell und wortlos verschwunden.

Erst am Montag fand er wieder Worte. „Das erste Foul war unnötig, dafür geht Gelb in Ordnung, aber beim zweiten ist Robben zu theatralisch gefallen. Ich war nach zwei Fouls in 30 Minuten schon weg, das ist nicht in Ordnung“, sagte er zur konsequenten Linie von Schiedsrichter Manuel Gräfe. Das kann man, muss man aber nicht so sehen – so ungestüm, wie Molinaro angestürmt kam. Jedenfalls erwies er den Kollegen einen Bärendienst, auch mit Blick auf seine Sperre für das nächste Spiel beim VfL Wolfsburg. „Es tut mir leid für die Mannschaft“, sagte er.

Bruno Labbadia, so viel ist sicher, hat jetzt ein zusätzliches und nicht gerade kleines Problem. Der Trainer, mit überzeugenden Außenverteidigern ohnehin nicht reich gesegnet, muss am Samstag bei den Wölfen seine Abwehr neu ordnen. Labbadia weiß: Geht es gegen den VfL Wolfsburg und womöglich im Achtelfinale des DFB-Pokals am Mittwoch nächster Woche (20.30 Uhr) gegen den Hamburger SV schief, droht das große Winterloch. Und so stellen sich vor dem Endspurt viele Fragen.

Versinkt der VfB im Mittelmaß?

Versinkt der VfB im Mittelmaß?

Platz sieben in der Tabelle ist passabel. Der Rückstand auf Rang sechs, der zur Teilnahme an der Europa-Liga berechtigt, ist mit vier Punkten überschaubar. Allerdings hat die Mannschaft aus den letzten sieben Spielen nur sechs Zähler geholt, das ist ein miserabler Wert, der die Stimmung nachhaltig trübt. „Wir haben mindestens fünf, sechs Punkte liegen lassen“, sagt Bruno Labbadia. Mit einem Sieg gegen Mainz kann der 1. FC Köln an diesem Dienstag am VfB vorbeiziehen.

Gerät der VfB in Abstiegsgefahr?

Gerät der VfB in Abstiegsgefahr?

Auf den Relegationsplatz sind es sieben, auf den ersten Abstiegsrang acht Punkte Abstand. Das ist noch komfortabel. Zumal in dieser Saison einige Vereine deutlich schwächer sind als die Roten. Bedrohlich kann es werden, wenn der VfB 2012 nicht die Kurve bekommt und nicht an die Punktausbeute zu Beginn der Hinrunde anknüpft.

Wie kommt der VfB aus dem Stimmungstief?

Wie kommt der VfB aus dem Stimmungstief?

Nach dem knapp abgewendeten Abstieg im Sommer hatte mancher Konkurrent die Roten nicht als ernsthaften Rivalen um die vorderen Plätze auf der Rechnung. Das änderte sich nach einigen Spielen. „Die Gegner stellen sich seither viel besser auf uns ein“, sagt Labbadia. Gegen tiefstehende Teams tut sich der VfB meist ungemein schwer. „Um mit einem guten Gefühl ins neue Jahr gehen zu können, müssen wir gegen Wolfsburg punkten, am besten dreifach“, sagt Kapitän Cacau. Ein Sieg im Pokal gegen den HSV ist im Grunde noch wichtiger, sonst sinkt die Stimmung im Umfeld weiter.

Verliert Cacau seinen Stammplatz?

Verliert Cacau seinen Stammplatz?

Gegen den FC Bayern stand erstmals in dieser Saison Julian Schieber – ein Stoßstürmer – in der Startelf. Auswärts, in Wolfsburg, bevorzugt Trainer Labbadia wohl eher einen Konterstürmer – das spricht für Cacau. Mittelfristig muss der deutsche Nationalspieler aber um seinen Stammplatz mehr kämpfen als bisher. Vor allem, wenn der lange verletzte Schieber körperlich fit ist.

Wer spielt für den gesperrten Molinaro?

Wer spielt für den gesperrten Molinaro?

Gegen die Bayern übernahm Timo Gebhart die linke Abwehrseite. „Das hat er gut gemacht“, sagt Labbadia, „er konnte sich ganz auf die Defensive konzentrieren. Doch die Frage ist: Spielt er auch so stark, wenn der offensive Part dazukommt?“ Lieber würde der Trainer Arthur Boka auf dessen gewohnte linke Seite ziehen und rechts nach einer Notlösung suchen. Da die etatmäßigen Rechtsverteidiger Khalid Boulahrouz, Stefano Celozzi und Steffen Lang vom VfB II verletzt sind, könnte er Georg Niedermeier in die Innenverteidigung stellen und Serdar Tasci nach rechts ziehen. Dagegen spricht, dass sich Tasci innen festgespielt hat und gut mit Maza harmoniert. „Ich will auch nicht zwei Positionen neu besetzen“, sagt Labbadia. Deshalb muss auch William Kvist nicht befürchten, dass sich der Coach an seine Phase als rechter Verteidiger beim FC Kopenhagen erinnert. „Ich habe das mal ein halbes Jahr gespielt, aber das muss wirklich nicht sein“, sagt der zentrale Mittelfeldspieler. Bleibt eine überraschende Variante mit Antonio Rüdiger (18): Der gebürtige Berliner, der vergangenen Winter von Borussia Dortmund gekommen war und eigentlich Innenverteidiger ist, hat am Samstag beim 1:1 des VfB II in Wehen Wiesbaden rechts gespielt. Vergangene Woche hatte er bei den Profis trainiert. „Er war schon gegen Bayern eine Option für links oder rechts, aber dann wollte ich ihn nicht gegen Robben oder Franck Ribery reinwerfen“, sagt Labbadia. Gegen Wolfsburg kann sich das ändern.

Wo muss sich der VfB verstärken?

Wo muss sich der VfB verstärken?

Im Angriff besteht großer Bedarf. Julian Schieber benötigt noch einige Wochen Anlaufzeit. Pawel Pogrebnjak hat kaum eine seiner Chancen genutzt, will jedoch wohl nicht vor Vertragsende gehen. Dann aber fehlt dem VfB das Geld für einen schlagkräftigen Stürmer, zumal der Markt im Winter erfahrungsgemäß nicht viel hergibt.

Auf der rechten Abwehrseite ist Celozzi keine zuverlässige Alternative für Boulahrouz, der verletzungsanfällig ist. Links stehen zwei Fragezeichen hinter Arthur Boka. Der Ivorer spielt Anfang 2012 beim Afrika-Cup und verpasst die Vorbereitung mit dem VfB auf die Rückrunde. Außerdem wird sein Vertrag (bis zum Sommer) wohl nicht verlängert. Gut möglich, dass der VfB für links und/oder rechts nach jungen und preiswerten Alternativen fahndet, die auch eine mittelfristige Perspektive versprechen.