VfB-Stürmer Artem Kravets Foto: Bongarts

Seit den Zeiten von Mario Gomez und Cacau klemmt’s im Sturm. Und jetzt verlässt mit Daniel Didavi auch noch der beste Torschütze den Verein. Was heißt das für die restlichen fünf Spiele – und vor allem: für die kommende Saison?

Stuttgart - Die Statistikabteilung des VfB Stuttgart ist stets bemüht, im Vorfeld nur mutmachende Fakten zu liefern. So weisen die Kollegen vor der richtungweisenden Partie beim FC Augsburg (15.30 Uhr/Sky) darauf hin, dass der VfB mit seinen 24 Toren nach Borussia Mönchengladbach (25) die zweitbeste Offensive der Rückrunde stellt. Zudem vergeht kaum ein Spiel, vor dem die gegnerischen Trainer nicht wechselweise von der „brutalen“ (Schalkes André Breitenreiter) oder der „Wahnsinns-“ (Hamburgs Bruno Labbaddia) Offensivqualität des VfB schwärmen.

Was den Schluss nahelegt, den Gegnern des Tabellen-Zwölften der Fußball-Bundesliga blase Woche für Woche ein Orkan um die Ohren. Was so aber nicht stimmt. Richtig ist, dass die Roten zumindest phasenweise in der Lage sind, die gegnerischen Abwehrreihen gehörig durcheinanderzuwirbeln. Das ist aber vor allem den beiden offensiven Mittelfeldspielern Daniel Didavi und Filip Kostic zu verdanken. Die beiden glänzen in dieser Saison bisher nicht nur als Vorlagengeber (Kostic 7/Didavi 3), sondern auch als Torschützen. Didavi traf bereits elfmal, Kostic war fünfmal erfolgreich. Damit hat er nur einen Treffer weniger auf dem Konto als der nominell beste VfB-Stürmer: Timo Werner.

Was eigentlich kein Problem wäre. Schließlich ist es wurscht, wer die Tore schießt. Nur: Didavi verlässt den VfB bekanntlich, auch bei Filip Kostic stehen die Zeichen unverändert auf Abschied. Womit wir wieder beim Sturm wären und der Frage, wer in der kommenden Saison bitte schön für die Roten ins Schwarze treffen soll?

Kravets Zukunft beim VfB? Fraglich

Timo Werner hat in dieser Saison vieles unter Beweis gestellt, nur eines nicht: dass er über einen angeborenen Torinstinkt verfügt. Sechs Treffer in 28 Einsätzen sind eine mäßige Bilanz für einen Stürmer. In Relation zur Zahl seiner vergebenen Großchancen (16) wirkt sie nicht besser. Beim 1:3 gegen den FC Bayern wich Werner vom Zentrum auf rechts außen aus. „Da hat er gezeigt, dass er auf dem Flügel spielen kann, da hatte er richtig gute Aktionen“, sagt Trainer Jürgen Kramny. Vielleicht ist das ja eine Option für die Zukunft.

Dazu bedürfte es aber einer adäquaten Ergänzung; sprich: eines echten Stoßstürmers, der die Vorlagen auch verwertet. Aktuell kommt Artem Kravets diese Aufgabe zu. Der in der Winterpause ausgeliehene Ukrainer hat aber immer noch mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen. Außer seinem Siegtor gegen den Hamburger SV war nicht viel, mit der Tempohärte und dem Spielrhythmus in der Liga kommt Kravets nicht klar. Gegen die Bayern stolperte der 26-Jährige arg unbeholfen über den Platz, was auch die Verantwortlichen beim VfB zweifeln lässt, ob Kravets’ Qualitäten für die Bundesliga ausreichen. „Er braucht Sicherheit“, wirbt Kramny um Geduld. „Augsburg wird vielleicht ein Spiel für ihn werden, in dem er seine Stärken ausspielen kann.“ Eine Entscheidung, ob der Club die Kaufoption (vier Millionen Euro) zieht, fällt erst nach Saisonende. Im Moment erscheint dies fraglich.

Gute Stürmer sind rar

Bleiben Daniel Ginczek (drei Saisontore), Martin Harnik (2), Jan Kliment (1) und Borys Tashchy (0). Ginczek wäre der gewünschte Vollstrecker, doch wird der 25-Jährige nach seinem Kreuzbandriss wohl erst zur Rückrunde 2016/17 wieder voll angreifen können. Harniks Zukunft auf dem Wasen ist offen, Kliment und Tashchy wird auch kommende Saison noch keine tragende Rolle zugetraut, Jérôme Kiesewetter noch weniger.

Sportchef Robin Dutt und sein neu formiertes Team aus Kaderplanern stehen deshalb vor der kniffligen Aufgabe, einen neuen Torjäger zu finden. Es gibt einfachere Unterfangen, wie ein Blick in die jüngere VfB-Vergangenheit zeigt: Mohammed Abdellaoue, Shinji Okazaki, Julian Schieber, Federico Macheda, Pawel Pogrebnjak, Ciprian Marica, Tunay Torun, Ewerthon – seit der Meisterschaft 2007 wurde kein Stürmer beim VfB mehr glücklich. Und umgekehrt. Wenn man so will, war Mario Gomez der letzte echte Ballermann im Trikot mit dem Brustring – seinen Sturmpartner Cacau nicht zu vergessen. Doch das ist lange her.

Gute Stürmer sind eben rar – in Deutschland, aber nicht nur da. Bei der Suche wird viel davon abhängen, wie viel ein möglicher Verkauf von Filip Kostic in die Kasse bringt und was der Verein zu reinvestieren bereit ist. Womöglich spült der Serbe über 30 Millionen Euro in die Kasse. Mit diesem Geld müsste sich doch ein Klassemann finden lassen. Doch Dutt spricht von einer „strategischen Kaderplanung“, wenn er die Perspektiven für kommende Saison aufzeigt. Heißt: Die Scouts des VfB suchen nicht gezielt nach einem Angreifer (oder nach einem offensiven Mittelfeldspieler oder nach einem Rechtsverteidiger), sondern primär nach guten und bezahlbaren Spielern, die möglichst flexibel einsetzbar sind.

Wenn ein echter Torjäger darunter ist, umso besser.

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