Holger Badstuber (li.) möchte sich nicht mit Mittelmaß zufrieden geben, Mario Gomez will unbedingt zur WM Foto: Baumann

In der Rückrunde spielen viele Profis des VfB Stuttgart auch ein Stück weit für sich – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ein Überblick.

Stuttgart - Fußball ist ein Mannschaftssport, klar. Der wohl größte Vorwurf, den man dem kickenden Personal machen kann, lautet: Jeder spielt nur für sich selbst. Dann wird’s schwierig. Schließlich sollte der Erfolg der Mannschaft über allem stehen. Worin sich der VfB nicht von anderen unterscheidet. Auf dem Wasen sind die Ziele für die Rückrunde klar formuliert: Der stolze Club möchte nicht schon wieder absteigen. Das ist das alle verbindende Element. Was nicht bedeutet, dass jeder Spieler nicht immer auch (ein bisschen) für sich selbst spielt. In der Rückrunde, die am Samstag mit dem Spiel gegen Hertha BSC beginnt, gilt das für einige ganz besonders.

Ziel WM 2018 in Russland

Mario Gomez sprach es am deutlichsten aus: „Ich habe den großen Ehrgeiz, zur WM zu fahren“, sagte der 32-Jährige. Beim VfB rechnet er sich dafür bessere Chancen aus als in Wolfsburg. Das Spiel wird hier mehr auf ihn zugeschnitten sein als beim VfL. Beim VfB scheinen feste Einsatzzeiten programmiert. Um auf den WM-Zug noch aufzuspringen und seinen vermutlich schärfsten Konkurrenten Sandro Wagner auszustechen, braucht Gomez aber nicht nur Spiele. Sondern auch Tore. Die er im Zweifel selber machen muss statt abzuspielen. Ein bisschen Egoismus darf erlaubt sein – bei Stürmern sowieso.

Mit nach Russland möchte auch Emiliano Insua. Bei dem Argentinier verhält es sich wie bei Mario Gomez. Als 29-Jährigem bietet sich ihm womöglich die letzte Chance. „Ich kann meine Freude kaum in Worte fassen“, jubilierte Insua, als er im November erstmals nach sechs Jahren wieder für die Albiceleste nominiert wurde. Sein landsmannschaftliches Bekenntnis verdeutlichte den Stellenwert des Nationalteams: „Ich liebe Dich, Argentinien!“

Da Linksverteidiger nicht nur in Deutschland, sondern fast überall auf der Welt rar sind, hat Insua gute Karten. Dennoch gilt auch für ihn: Regelmäßige Einsatzzeiten sind Pflicht. Weshalb es ihm auch nicht gefallen haben dürfte, als ihm Hannes Wolf zum Ende der Hinrunde eine kleine Denkpause verpasste. Insua springt gerne nur so hoch, wie er muss – weshalb sich die Verantwortlichen beim VfB sehr wohl überlegen, ob sie den im Sommer auslaufenden Vertrag mit ihm verlängern.

Wie Insua mischte auch Benjamin Pavard zum Ende des Länderspieljahres plötzlich im Konzert der Großen mit. Frankreichs Nationaltrainer Didier Dechamps beförderte den Junioren- zum A-Nationalspieler. Ein gutes Timing, ein halbes Jahr vor dem großen Schaulaufen der besten Kicker der Welt. Für Pavard ginge damit früh ein Kindheitstraum in Erfüllung, den er in der Rückrunde mit guten Leistungen nicht platzen lassen möchte.

Ascacibar und Kaminski hoffen

Der 21-Jährige ist unter Wolf gesetzt – gleiches gilt für Santiago Ascacibar. Dem Blondschopf werden sich in der Rückrunde sicher noch viele Gelegenheiten bieten, Nationaltrainer Jorge Sampaoli von seinen Künsten zu überzeugen. „Ich werde alles versuchen“, sagt der Kapitän der argentinischen U 21, „Emilianos Beispiel zeigt, dass die Trainer uns hier auf dem Radar haben.“ Zumal die Auswahl des zweimaligen Weltmeisters gerade keine Blütezeit erlebt und auf Ascacibars Position im defensiven Mittelfeld kein Überangebot herrscht.

Würde es eine Auswahl mit den unterschätztesten Kickern der Bundesliga geben, Marcin Kaminski hätte gute Chancen auf einen Stammplatz. Ob auf oder neben dem Platz – der 25-Jährige fällt abgesehen von seiner Körpergröße nur selten auf. Was für einen Abwehrspieler durchaus als Auszeichnung gesehen werden darf. Wegen seines schnörkellosen Spiels ist Kaminski bei Wolf hoch angesehen, so verhält es sich auch bei Polens Nationalcoach Adam Nawalka. Während sich für Kaminski in Stuttgart fast immer ein Plätzchen in der Startelf findet, bietet sich ihm bei den Polen zumindest ein festes auf der Bank. Auch dort kann eine WM ein lohnenswertes Ziel sein.

Bliebe Ron-Robert Zieler. Der Torhüter hat sich durch starke Leistungen zurück ins Blickfeld von Joachim Löw gespielt. Zieler wäre liebend gerne bei der WM dabei, ist aber Realist: „Ich bin sicher nicht der Topfavorit auf die Nummer drei.“ Sollte sich jedoch einer der vor ihm rangierenden Marc-André ter Stegen, Bernd Leno oder Kevin Trapp verletzen oder eine Formkrise zur Unzeit leisten und Manuel Neuer nicht rechtzeitig fit werden, könnte Zielers Stunde schlagen. Weshalb der Keeper in der Rückrunde weiter überzeugen will.

Ziel Champions League

2010 begann der Aufstieg des Holger Badstuber. Ohne ein Länderspiel berief Löw den damals 21-Jährigen in den WM-Kader für Südafrika. Acht Jahre später weiß Löw noch immer um die Qualitäten des mit 68 Prozent gewonnener Zweikämpfe besten deutschen Innenverteidigers der Hinrunde. Dass er ihn mit nach Russland nimmt, gilt angesichts der Konkurrenz dennoch als unwahrscheinlich. Badstuber hat die WM noch nicht abgehakt, mehr noch hat er aber seine Zukunft als Vereinsfußballer im Blick. Und die sieht er nicht im steten Kampf gegen den Abstieg. „Ich habe Ansprüche an mich. Das kann ich nicht abstellen. Ich spüre, dass die Entwicklung bei mir da ist, ich mein Potenzial wieder ausschöpfen kann“, sagt der 28-Jährige. Anders formuliert: Badstuber würde nach Ablauf seines Vertrags im Sommer gerne bei einem Club mit höheren Ansprüchen anheuern, als sie der VfB hat. Unruhe sollte deshalb aber keine ausbrechen. Dafür ist Badstuber zu sehr Profi. Und zu gut, als dass Wolf ihn auf die Bank setzen würde – eine stabile Fitness vorausgesetzt.

Ziel Club-Empfehlung

Dzenis Burnic sollte beim VfB eigentlich reifen und die Spielzeit bekommen, die ihm Borussia Dortmund nicht bieten konnte. Doch aus der angedachten Win-Win-Lösung wurde nichts. Burnics Leihe endet im Sommer. Mit ein paar Einsätzen in der Rückrunde will sich der 19-Jährige beim BVB in Erinnerung rufen. Was mit ihm dann in Dortmund wird, steht auf einem anderen Blatt.

Ähnlich verhält es sich bei Takuma Asano und Arsenal London. Weiterentwickeln konnte sich der Japaner beim VfB nicht. Das kommende halbe Jahr bietet Asano die letzte Chance zu zeigen, dass er die Fähigkeiten für die Premier League besitzt.

Während Jens Grahl als drittem Torhüter mit auslaufendem Vertrag die Hände weitgehend gebunden sind, möchte der von Sporting Lissabon ausgeliehene Carlos Mané nur wieder verletzungsfrei Fußballspielen. Würde Mané sein Ziel erreichen – er wäre wohl der glücklichste von allen.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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