Sorgenvolle Miene bei Bruno Labbadia: Nach dem schwachen Auftritt seiner Mannschaft in Rijeka steht der VfB-Trainer gehörig unter Druck. Foto: dpa

Das Erreichen der Gruppenphase der Europa League ist in akuter Gefahr, in der Bundesliga ist der VfB noch ohne Punkte. Jetzt steht das Team von Bruno Labbadia unter Zugzwang. In Augsburg muss der VfB erfolgreich sein, sonst könnte es eng werden für den Trainer.

Stuttgart - Es sind Sprechchöre, die jedem Trainer wehtun. „Bruno raus“, hallte es am Donnerstagabend durch das Stadion Kantrida im kroatischen Rijeka. Es war nicht das erste Mal, dass die Treuesten unter den Fans des VfB ihrem Ärger über den ungeliebten Trainer lautstark Luft machten. Nach dem peinlichen 1:2 (0:0) gegen HNK Rijeka im Play-off-Hinspiel zur Europa League waren die Schmähgesänge ebenso zu hören wie wenige Tage zuvor beim 0:1 im Bundesliga-Heimspiel gegen Leverkusen. Bruno Labbadia nimmt die schlechte Stimmung gegen seine Person sicherlich wahr, zumindest nach außen aber demonstrierte er Gelassenheit. „Wenn die Ergebnisse nicht da sind, ist bei einem Traditionsverein mehr los als woanders“, sagte er. Das sei ganz normal.

Normal ist es anscheinend mittlerweile auch, dass der Trainer versucht, offensichtlich schwache Auftritte schönzureden. „Ich könnte jetzt ein Tonband von letzter Woche auflegen“, sagte er am Freitag und lobte dann die vielen Chancen, die sein Team herausgespielt hat. Das Ergebnis, sagte er, sei zu wenig für das, was seine Mannschaft gezeigt habe. „Es ist unser Manko, dass wir zu viele Chancen brauchen“, erklärte er weiter. Und dass man wieder „sehr, sehr viel gut gemacht“ habe. So hatte es der Trainer auch bei den Bundesliga-Niederlagen gegen Mainz (2:3) und Leverkusen (0:1) analysiert. „Wir stecken in einer Ergebniskrise. Aber die Ansätze, die wir gezeigt haben, machen Hoffnung, dass die Erfolge bald kommen“, sagte Labbadia nun. Und manch neutraler Beobachter fragte sich, welche Partien der Trainer des VfB denn da gesehen hatte.

Klar ist: Der Erfolg muss jetzt kommen. Sofort. Denn schon eine Niederlage in Augsburg könnte fatale Folgen für den Coach haben. Die Bundesliga-Partie an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky) wird zum Schicksalsspiel. „Die Vorzeichen sind klar“, erhöhte Sportdirektor Fredi Bobic am Freitag den Druck: „Wir müssen punkten.“

Noch steht der VfB-Sportdirektor hinter seinem Trainer. Den Kredit bei einem Großteil der Fans hat Bruno Labbadia aber längst verspielt. Und man kann den Unmut der Anhänger in einigen Punkten durchaus verstehen. Dem VfB mangelt es derzeit an vielem. Ein Konzept, eine Spielidee sind nicht zu erkennen. Es fehlt an Ordnung, an Tempo und Entschlossenheit. Zudem sorgt die Personalpolitik des Trainers in schöner Regelmäßigkeit für Kopfschütteln.

Maxim mit ein paar Kilos zu viel

Bislang schickte der Coach in allen sechs Pflichtspielen eine andere Formation aufs Feld. Am Donnerstag überraschte er mit dem notorisch schwächelnden Linksverteidiger Cristian Molinaro in der Startelf. Der vielgelobte Neuzugang Konstantin Rausch saß auf der Bank. Die Erklärung Labbadias folgte: „Moli hat sehr gut trainiert.“ Nun musste der Coach aber eingestehen, dass er mit der Leistung des Italieners, der bis vor kurzem noch als Abgang gehandelt wurde, nicht einverstanden war. Rausch wiederum habe „gewisse Anpassungsprobleme“, was ganz normal sei. „Bei Hannover hat er eine Position weiter vorne gespielt, er hat noch einige Defizite“, erklärte der Trainer. Ob diese ebenso groß sind wie die von Molinaro, könnte sich am Sonntag zeigen – sollte Labbadia dem Neuzugang eine Chance geben.

Ähnlich verhält es sich mit Alexandru Maxim: Der Mittelfeldregisseur war mit ein paar Kilo zu viel aus dem Sommerurlaub gekommen. So weit, so schlecht. Doch bis heute hat ihm Bruno Labbadia diese Disziplinlosigkeit anscheinend nicht verziehen. Obwohl der Rumäne, wann immer er in dieser Saison eingewechselt wurde, für Wirbel sorgte, stand er bislang nur im Pokalspiel gegen BFC Dynamo (2:0) in der Startelf. „Er zieht einen Rattenschwanz hinter sich her“, sagte Labbadia. Maxim sei noch nicht in der Verfassung, „wie wir es uns wünschen“. Dabei hatte der Rumäne gegen Rijeka, eingewechselt in der 69. Minute, Riesenchancen. „Mit Glück macht er zwei, drei Tore“, sagte auch der Coach. Klar ist: Gegen Augsburg braucht der VfB kreative Momente. Momente, wie sie Maxim liefern könnte.

Noch Chance, das Ruder herumzureißen

Es gibt einige, die dem Team die Wende in Augsburg nicht zutrauen. Dafür wird bereits über mögliche Nachfolger spekuliert. Einen Kandidaten könnte der VfB in seinen eigenen Reihen finden. U-17-Trainer Thomas Schneider (40) bringt alle Voraussetzungen mit. 2010 hat der eloquente Ex-VfB-Profi als Zweitbester seines Jahrgangs den DFB-Trainerlehrgang bestanden, er ist beliebt bei den Fans, und Fredi Bobic hält große Stücke auf ihn. Den Trainerschein besitzt auch Tayfun Korkut (39), im Jahr 2011 A-Junioren-Coach in Cannstatt. Der gebürtige Stuttgarter war Co-Trainer des am Dienstag entlassenen türkischen Nationaltrainers Abdullah Avci und könnte bald auf der Suche nach einem neuen Job sein.

Noch aber haben Labbadia und sein Team die Chance, das Ruder herumzureißen. Mit einem Erfolg in Augsburg. Und mit einem Sieg im Heimspiel gegen HNK Rijeka am kommenden Donnerstag (20.30 Uhr/Sport 1). Dank des späten Treffers von Vedad Ibisevic würde dem VfB schon ein 1:0 zum Einzug in die Gruppenphase reichen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden“, sagte Labbadia und blickte ziemlich entschlossen drein. Mit solch einer Entschlossenheit muss seine Mannschaft am Sonntag auch in Augsburg agieren. Sonst wird es für den Coach richtig ungemütlich.