VfB-Manager Robin Dutt Foto: dpa

In jüngster Vergangenheit ist es dem VfB Stuttgart kaum noch gelungen, sich planvoll zu verbessern. Wie der Sportchef Robin Dutt den Verein nun für die Zukunft aufstellen will, um bessere Transfers zu tätigen.

Stuttgart - Günther Schäfer ist ein kommunikativer Typ. Er hat ja auch viel zu erzählen nach 373 Bundesligaeinsätze (331 davon für den VfB Stuttgart). Und so gibt es keinen Bundesligaclub, über den der 53-jährige Ex-Verteidiger keine Anekdote aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz zum Besten geben kann. In seinen populärwissenschaftlich angelegten Geschichtsseminaren berichtet Schäfer dann gerne, wie es früher war. Da er jedoch kein Mann von gestern ist, sondern als Teambetreuer des VfB im Hier und Jetzt lebt, schlägt er stets die Brücke zur Gegenwart.

Früher also war es aber so, dass der VfB mit Schäfer zweimal deutscher Meister geworden ist: 1984 und 1992. Das Besondere dabei aus heutiger Sicht ist, dass ein Guido Buchwald auf die gleichen Erfolge in seiner sportlichen Vita verweisen kann und es eine ganze Reihe von Spielern gibt, die lange Zeit mit den beiden am Ball waren: die Försters, Allgöwers und Ohlichers.

Die damalige Mannschaft war aber nicht nur regional verankert, sondern über Jahre zusammengewachsen. Im modernen Fußball wachsen Mannschaften jedoch nicht mehr zusammen. Sie werden zusammengesucht, verfügen über eine beschränkte Haltbarkeit und entwickeln sich bestenfalls. In jüngster Vergangenheit ist es dem VfB aber kaum noch gelungen, sich planvoll zu verbessern. Weshalb sich der Manager Robin Dutt an die komplexe Aufgabe gemacht hat, den Verein für Bewegungsspiele von 1893 personell und strukturell neu aufzustellen, damit beim sogenannten Traditionsclub wieder etwas wachsen wann – die Zuversicht.

Mehr Erfahrung, mehr Energie, mehr Esprit

Dutts Ausgangsüberlegung ist dabei gewesen: Was ist zu tun, wenn nicht nur das Spiel, sondern auch das Geschäft immer dynamischer wird? Die erste Operation hat der Manager mit Blick auf die Kaderstruktur vollzogen. Er hat dem VfB mehr Erfahrung, mehr Energie, mehr Esprit zugeführt. In Person von Serey Dié, Kevin Großkreutz und auch Lukas Rupp. Sie alle haben dazu beigetragen, dass sich die Stuttgarter sportlich stabilisieren und sich die Nachwuchskräfte besser entfalten können.

An der zweiten Operation doktert Dutt noch herum, weil ja vieles mit vielem zusammenhängt und diese das Sport-Organigramm betrifft. Eine Art schnelle Eingreiftruppe im Scouting hat der Manager eingezogen, da er rasch gemerkt hat, dass er auf dem Transfermarkt schnell agieren und schnell entscheiden muss.

Genauer gesagt sind es gleich drei Beobachtertrupps, die mit jeweils eigenem Teamleiter den Sichtungsapparat bilden. Die eine Gruppe schaut nach Talenten (bis zu 19-jährigen), die anderen zwei teilen sich den Profibereich nach geografischen Gesichtspunkten auf. „Wir versuchen mit einer Mischung aus Bewährtem, gelebter Praxis und Experimentellem das Scouting zu verbessern“, sagt Dutt, der in diesem Zusammenhang gerne von Kadermanagement spricht. Denn die Teamleiter verfügen über Kompetenzen und Budgets.

Vernetzung ist das A und O

Eines von Dutts neuen Augenpaaren wird Peer Jaeckel sein, den der VfB-Manager aus seiner Zeit in Bremen kennt und von der Weser an den Neckar gelotst hat. Die beiden anderen Posten sind noch nicht endgültig vergeben. Wobei der eine intern und der andere extern besetzt werden soll. Gemäß dem Anforderungsprofil sollte der Mann von außen auch einen sportwissenschaftlichen Hintergrund aufweisen.

Gut vernetzt in der Branche müssen jedoch beide sein. So hofft der VfB, künftig nicht nur einen Weg zu beschreiten, um an passende Fußballer heranzukommen, sondern gleich mehrere. Über das klassische Beobachten, über Videoanalysen, über datenbasierte Auswertungen. „Es gibt aber auch eine Gefühlskaderplanung“, sagt Dutt. Denn bei aller Kopfarbeit mag er auf ein „Bauchgefühl“ bei Verpflichtungen nicht verzichten.

Es ist aber auch nicht so, dass es das alles beim VfB nicht schon gegeben hätte. Nur: Bisher mussten sich die Scouts mit ihren Informationen bis zur obersten Ebene durchschlängeln, um ihre Vorschläge zu unterbreiten. Nun soll das alles zielgerichteter, durchlässiger, effektiver gestaltet werden. „Die Kunst ist es ja, die vielen Überlegungen wieder in eine Konzeption münden zu lassen“, sagt Dutt.

Eine gemeinsame Spielidee

Durch eine gute Kommunikation soll das gewährleistet werden, aber ebenso durch einen guten Teamgeist unter den operativen Kräften und einer gemeinsamen Spielidee, die das Ganze ummantelt. Jeder Scout, ob hauptamtlicher oder freier Mitarbeiter, soll wissen, was für Spielertypen in Stuttgart gefragt sind.

Die Vorgaben dazu kommen von einem neuen runden Tisch, den Dutt etabliert. Besetzt mit den vier sportlichen Köpfen: dem Sportvorstand Robin Dutt, dem Cheftrainer Jürgen Kramny, dem Nachwuchsleiter Alexander Schmidt und Joachim Cast, dem Manager Sportorganisation. Letzterem sind die drei Kaderplaner formal unterstellt, ihre Empfehlungen sollen aber die komplette Runde bereichern.

Den finalen Impuls für einen Transfer gibt in diesem Konstrukt dann nicht unbedingt Dutt, auch wenn er letztlich nach außen die Verantwortung trägt. Nach innen will er Verantwortlichkeiten schaffen und eine Vertrauenskultur aufbauen, die auch „den Mut zu Fehlentscheidungen“ beinhaltet. Denn dass es weiterhin nicht nur Volltreffer auf dem Spielermarkt geben kann, ist allen Beteiligten klar. Theoretisch.

Die finanziellen Mittel sind beschränkt

Praktisch erweist sich die Situation für den VfB als recht kompliziert, da auch gut gescoutete Spieler häufig Geld kosten. Deshalb sehen sich die Stuttgarter mit ihren beschränkten finanziellen Mitteln damit konfrontiert, dass sie Transfererlöse brauchen, um handeln zu können.

Doch nach den Vorstellungen der Fans – und die sind in diesen sensiblen Zeiten der geplanten Ausgliederung nicht zu verachten – dürfen sie in Stuttgart das Eigengewächs Timo Werner auf gar keinen Fall verkaufen. Am besten soll auch Filip Kostic gehalten werden. Allerdings verfügt der Serbe über eine Ausstiegsklausel, die weit mehr als 30 Millionen Euro bringen kann. Eine Summe, mit der sich auf dem Personalsektor viel anfangen ließe – und Günther Schäfer hätte dann wieder Neues zu erzählen.

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