Hoch das Bein: der VfB-Verteidiger Andreas Beck (links) und der HSV-Angreifer Filip Kostic vollführen einen gewagten Tanz um den Ball. Foto: Getty

Der VfB Stuttgart verliert in Hamburg schon sein sechstes Auswärtsspiel in der laufenden Bundesligasaison. Doch das liegt nicht nur am Platzverweis für Dzenis Burnic.

Hamburg - Die Bilder gleichen sich. Hängende Köpfe, betretene Mienen und Frust unter den Spielern unmittelbar nach dem Abpfiff. Dann die aufmunternden Worte von Cheftrainer Hannes Wolf und seinem Assistenten Miguel Moreira noch auf dem Platz. Anschließend strafft sich die Mannschaft des VfB Stuttgart noch einmal, die Fußballer nehmen ein wenig das Kinn hoch und trotten zur Fankurve, um sich für die Unterstützung zu bedanken – mit leeren Händen.

Das war jetzt in Hamburg beim 1:3 so und davor schon in Berlin (0:2), auf Schalke (1:3), in Gladbach (0:2), Frankfurt (1:2) und auch Leipzig (0:1). Sechs Auswärtsspiele in dieser Bundesligasaison und sechs Auswärtsniederlagen. Wobei jedes Spiel natürlich seine eigene Geschichte erzählt. „Der HSV und zuvor Eintracht Frankfurt waren dabei die beiden Gegner, die vermeintlich auf Augenhöhe sind. Das macht die Niederlagen besonders ärgerlich“, sagt Wolf und will den Stolz auf die bisher erreichten 13 Punkte nicht verhehlen. Dennoch stellt sich in der Summe der Ereignisse und Ergebnisse die Frage, ob das nun eine reine Bilanz des Versagens ist, die sich für den VfB zu einem Auswärtskomplex auswachsen könnte, oder ob reichlich Pech und einzelne Pannen zu der Pleitenserie geführt haben.

Das Spiel in Hamburg ist schwer zu bewerten

Nimmt man die Begegnung beim HSV zum Maßstab, ist man schnell beim Kern einer Antwort: Die 13. Minute läuft, als der fassungslose Dzenis Burnic nach zwei Fouls mit Gelb-Rot vom Rasen muss. „Das hat unser Spielkonzept auf den Kopf gestellt“, sagt Dennis Aogo. Der Ersatzkapitän betont aber auch, dass sich die Auswärtsmisere „zwar scheiße für alle Beteiligten anfühlt, aber ich glaube nicht, dass das ein Spiel war, das normal zu bewerten ist.“

Zu viel ist innerhalb kürzester Zeit passiert. Oder wie es Manager Michael Reschke ausdrückt: „Bitterer kann eine Partie nicht beginnen.“ Erst vergibt der Stürmer Daniel Ginczek eine Riesenchance (3.), danach fliegt das Mittelfeldtalent Dzenis Burnic nach einer Fehlentscheidung vom Platz und schließlich patzt der ansonsten starke Torhüter Ron-Robert Zieler beim an sich harmlosen Freistoß von Aaron Hunt (20.).

„Das war Ron-Robert Zielers erster Fehler, seit er hier ist. Da gibt es keinen Vorwurf“, sagt Wolf . Auch nicht an die Adresse des 19-jährigen Burnic. „Das ist schon so eine Riesenstrafe für ihn. Wir haben verloren, und er verpasst nun gesperrt das Spiel gegen seinen Stammverein Borussia Dortmund“, sagt der Trainer. Auch für Wolf wird die Begegnung mit der eigenen Vergangenheit etwas Besonderes werden. Doch erst in zehn Tagen nach der Länderspielpause. Wesentlicher ist für den Coach jetzt der Umgang mit der erneuten Niederlage. Denn sie zeigt, wie schmal der Grat ist, auf dem sich sein Team bewegt. Es muss nahezu alles passen. Die Stuttgarter benötigen in ihrem Spiel schon ein gehöriges Maß an Ordnung, Konsequenz und Aggressivität auf der einen Seite, aber ebenso an spielerischen Lösungen und starker Tagesform auf der anderen, um zu gewinnen.

Trainer Wolf sieht „krasses Programm bis Weihnachten“

In einer achtzigminütigen Unterzahl erschien der VfB jedoch – wie eine Woche zuvor der SC Freiburg in Stuttgart – fast ohne echte Siegchance. Selbst wenn ihm durch einen kurzen Kraftakt nach der Pause und dem Handelfmeter von Ginczek der Ausgleich gelang (55.). Allerdings währte die Hoffnung auf den ersten Punkt in der Fremde nur kurz, da selbst der mäßige HSV die Mittel fand, um die VfB-Abwehr noch zweimal aufzureißen. Schließlich begleitet die Stuttgarter auf ihren Reisen eine Konstante: die Fehlerhaftigkeit.

Diese in der Defensive weiter zu reduzieren, ist die große Aufgabe in dieser Saison. Ohne dabei die Offensive zu vernachlässigen. Vor allem mit Blick auf das „krasse Programm bis Weihnachten“, wie Wolf findet. Auch da gelten zunächst nur Hannover 96 und Werder Bremen als Gegner auf Augenhöhe. Doch die Bilder von Hamburg sollen sich nicht noch einmal wiederholen.