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Das 2:0 gegen die Glasgow Rangers in der Champions League hilft dem VfB Stuttgart nur bedingt – in der Liga müssen Punkte her.

Glasgow - Über die Worte, die Erwin Staudt am späten Dienstagabend im Ibrox Park losgeworden ist, haben sich seine Zuhörer schon ziemlich gewundert. "Wir haben nie eine Trainerdiskussion gehabt", hatte der Präsident der Roten in ein Radiomikrofon gesagt und hinzugefügt: "Wir haben vollstes Vertrauen in das Team." Die Krisensitzung des VfB-Vorstands mit dem Trainerteam nach dem blamablen Pokal-Aus beim Zweitligisten Greuther Fürth (0:1) - nach der Teamchef Markus Babbel noch eine letzte Chance bekam - schien das Oberhaupt der Roten glatt verdrängt zu haben.

Nun gut, kann man sagen, in der Euphorie nach einem 2:0-Auswärtssieg in der Champions League gegen die Rangers kann so etwas schon mal passieren. Glaubwürdiger wird Staudts Aussage dadurch aber nicht unbedingt. Denn was wäre gewesen, hätte der VfB an diesem Dienstagabend im regnerischen Schottland das getan, was er in den vergangenen zwei Monaten immer getan hat - nicht gewonnen? Oder noch schlimmer, wieder verloren? Dann wäre die Diskussion, die es laut Erwin Staudt ja eigentlich gar nie gegeben hat, wieder von vorne losgegangen. Ob Markus Babbel im Falle einer Niederlage gegen den schottischen Meister und dem damit verbundenen Aus in der Champions League an diesem Sonntag im Bundesligaspiel bei Bayer Leverkusen noch auf der Trainerbank der Roten gesessen hätte, darf bezweifelt werden.

Nun aber haben die Roten in Glasgow gewonnen und waren nach dem Sieg erst einmal in Feierlaune. "Wir hatten so auf den Befreiungsschlag gehofft. Es fühlt sich super an, dass wir gewonnen haben", sagte Markus Babbel. "Ein unglaublich wichtiges Er-folgserlebnis für unser Selbstvertrauen", meinte Manager Horst Heldt. Das 2:0 gegen die Rangers war der erste Sieg seit dem 3:0 gegen Frankfurt am 26. September. Die Roten sind im Zwischenhoch, der Erfolg hat ihnen ein wenig vom so schmerzlich vermissten Selbstvertrauen zurückgegeben. Sie überwintern in einem internationalen Wettbewerb. Mindestens in der Europa-Liga. Mit einem Heimsieg gegen Unirea Urziceni am 9. Dezember hätte der VfB sogar das Achtelfinale der Champions League erreicht. Alles eitel Sonnenschein also? Mitnichten. Die eigentlichen Probleme hat das 2:0 (1:0) im Ibrox Park nicht gelöst. In der Bundesliga ist der VfB weiter 16., kämpft auf dem Relegationsplatz gegen den Abstieg und wartet seit sechs Spielen auf einen Sieg.

Das ist Babbel bewusst, der sagt: "Es ist nach wie vor sehr schwierig, und am Sonntag treffen wir auf Leverkusen - die derzeit wohl spielstärkste Mannschaft." Und gegen die Werkself dürfte es schwerer werden als gegen die Schotten, die am Dienstagabend weit von ihrer Topform entfernt waren (Alexander Hleb: "Das war nicht das Glasgow, das ich kenne.") Deshalb tat Horst Heldt gut daran, zwischen all dem Jubel einige mahnende Worte loszuwerden. Gemäß dem Motto: Zufrieden darf man sein, selbstzufrieden nicht. "Durch diesen Sieg wird es in der Liga für uns nicht einfacher", sagte er: "Zum Ausruhen besteht kein Anlass. Wir treffen jetzt auf Leverkusen, das wird eine noch größere Herausforderung. Wir sind krasser Außenseiter und müssen trotzdem versuchen, auch dort etwas zu holen."

Denn sonst steht der VfB am Sonntagabend wieder dort, wo er vor dem Sieg in Glasgow stand. Ganz weit unten. In der Tabelle und mental. Das frisch gewonnene Selbstvertrauen wäre bei einem erneuten Negativerlebnis schnell wieder weg.

Ob das 2:0 in Glasgow also tatsächlich der ersehnte Befreiungsschlag war, das wird sich erst am Sonntag zeigen. Im Spiel gegen den Tabellenführer. Beim nächsten Schritt im Kampf gegen den Abstieg.