Für kurze Zeit stand ein Clubwechsel im Raum, doch jetzt bleibt Holger Badstuber beim VfB. Foto: Baumann

Erst gibt der Stuttgarter Manager Michael Reschke die Freigabe für einen Wechsel – 48 Stunden später folgt dann die Kehrtwende. In der Beziehung des Holger Badstuber zum VfB läuft es nicht rund.

Stuttgart - Dass auf der Showbühne Fußball-Bundesliga das Tempo auch abseits des grünen Rasens stetig zunimmt, ist ja keine allzu neue Erkenntnis. Aber die Geschwindigkeit, in der die Liaison des Holger Badstuber zu seinem vermeintlichen Herzensclub VfB Stuttgart ihre Purzelbäume schlägt, die ist schon beachtlich.

Da ist am Sonntagmittag also der Manager Michael Reschke, der in aller Seelenruhe Fahrt aus einer von ihm selbst angeheizten Thematik nimmt, die ja längst auch einen guten Schuss Dramatik beinhaltet. „Dass beide Seiten mit dem letzten halben Jahr nicht zufrieden waren, ist ja offenkundig“, sagt Reschke zur Personalie Badstuber – fügt dann aber hinzu: „Holger hat sich dazu entschieden, das Thema VfB weiter voll anzugehen. Alles wird auf null gestellt. Wir sehen das ganz pragmatisch. Wichtig ist die Leistung auf dem Platz. Dass Holger Gas gibt – und zu alter Stärke zurückfindet.“

Eine Vorrunde mit einigen Patzern

Soweit die aktuell gültige Erklärung des Stuttgarter Sportvorstands vom Sonntag, die damit den (vorläufigen?) Schlusspunkt unter den Beziehungsstatus zwischen dem Verein und seinem gleichermaßen ehrgeizigen wie verletzungsanfälligen Innenverteidiger setzt. Nach einem Prozess allerdings, der als Eiertanz ganz trefflich umschrieben ist. Denn noch zwei Tage zuvor, am Freitag, da hatte sich Michael Reschke ganz anders angehört: Da hatte er den blonden Badstuber, der auf eine reichlich durchwachsene Vorrunde mit lediglich sieben Einsätzen, mit einer Wadenverletzung und einigen groben Patzern zurückblicken darf, zum Ausklang des Trainingslagers in La Manga noch ins öffentliche Schaufenster gestellt. Als heißen Kandidaten für einen Clubwechsel.

„Sollten Holger und sein Berater in der aktuellen Transferzeit auf uns zukommen, werden wir Gesprächsbereitschaft zeigen“, sagte Michael Reschke der „Bild“-Zeitung. „Ich habe den Eindruck, dass sich Holger durchaus noch mal eine neue Herausforderung oder sogar ein Abenteuer vorstellen kann.“ Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass für Badstuber mehrere Anfragen vorgelegen haben, eine davon soll vom US-Club Chicago Fire stammen, wo im November auch Bastian Schweinsteiger, ein Kumpel aus alten Zeiten beim FC Bayern München, seinen Vertrag verlängert hat.

Kehrtwende um 180 Grad

Nun aber die komplette Kehrtwende innerhalb von 48 Stunden, die einiges über das komplizierte Verhältnis zwischen dem VfB und seinem hadernden 29-jährigen Innenverteidiger aussagt. Schließlich hatten beide Parteien im vergangenen Sommer schon einmal einen beachtlichen Zickzackkurs gefahren.

Damals blickten beide Seiten noch auf ein äußerst erfolgreiches Premierenjahr des Holger Badstuber in Stuttgart zurück. 2017 mit einer Krankenakte so dick wie eine Häuserwand nach Stuttgart angereist, hatte sich der WM-Dritte von 2010 unweit des Wasens nicht nur gesundheitlich stabilisiert. Badstuber, zunächst mit einem stark leistungsbezogenen Einjahresvertrag ausgestattet, absolvierte 27 Partien, führte aufgrund seiner Erfahrung die Abwehr um den aufstrebenden Youngster Benjamin Pavard – und empfahl sich so für weitere Aufgaben.

Seine Zukunft sah Badstuber im Sommer allerdings zunächst nicht in Stuttgart. An Lazio Rom zeigte er Interesse, welches aber erkaltete, als die Römer am letzten Spieltag der Serie A aus den Champions-League-Plätzen fielen. So entwickelte sich eine Hängepartie, zu der auch Michael Reschke sein Teil beitrug. Offiziell hieß es im Sommer, man gehe fest davon aus, dass Pavard in Stuttgart bleibe – und nicht bereits im Juli 2018 zum FC Bayern wechsle. Hinter den Kulissen hielt man es aber für sehr wahrscheinlich, dass es den jungen Franzosen gleich nach München zieht.

Auch vor diesem Hintergrund wurde Badstuber also letztlich mit einem Dreijahresvertrag zu deutlich erhöhten Bezügen ausgestattet, zählte plötzlich mit 2,5 Millionen Euro Jahresgehalt zu den Spitzenverdienern beim VfB. Als Pavard blieb, gab es trotz nun fünf Innenverteidigern eine Lösung: Also wurde Marcin Kaminski nach Düsseldorf verliehen. Doch während der Pole bei der Fortuna sehr stabile Leistungen zeigte, schwächelte Badstuber beim VfB, patzte zum Auftakt im Pokal in Rostock sowie in der Liga in Mainz schwer.

Aktuell sind unter Trainer Markus Weinzierl in der Innenverteidigung Marc Oliver Kempf und Timo Baumgartl als Stammpärchen gesetzt. Benjamin Pavard wird bald zurück erwartet, dann ist auch eine Dreierkette beim VfB denkbar, wo perspektivisch der junge Antonis Aidonis ebenfalls eine Option ist, obwohl der körperlich robuste 17-Jährige in La Manga noch einige Schwächen offenbarte.

Ozan Kabak soll ein Kandidat sein

Wird Badstuber, der im Trainingslager sehr engagiert zu Werke ging, also überhaupt gebraucht? Diese Frage drängt sich auch vor dem Hintergrund auf, dass dem VfB ein sehr ernsthaftes Interesse an dem 18 Jahre jungen Innenverteidiger Ozan Kabak von Galatasaray Istanbul nachgesagt wird, der im nächsten Sommer nach Stuttgart kommen könnte. Elf Millionen Euro soll Reschke, der Mitte Dezember in Istanbul vor Ort war, für Kabak geboten haben. Auch für Markus Weinzierl schien Badstuber nicht unersetzlich. „Das würden wir dann diskutieren. Da ist ja nicht nur meine Meinung entscheidend“, sagte der Trainer, angesprochen auf einen möglichen Wechsel des Abwehrmanns. Aber das war ja letzte Woche.