Julian Nagelsmann plant mit mehreren VfB-Profis. Foto: imago/ActionPictures

Julian Nagelsmann äußert sich zum Ausgang des Pokers um Nick Woltemade – und blickt auf die Saison, in der mehrere Stuttgarter wichtige Rollen im DFB-Team einnehmen können.

Transfers, Ablösen, Verträge – mit diesen Themen hat Julian Nagelsmann qua Amt eher wenig zu tun, Zu- und Abgänge wie im Vereinsfußball sind auf Nationalelf-Ebene bekanntlich nicht an der Tagesordnung. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgt der deutsche Bundestrainer das Geschehen auf dem Transfermarkt dennoch, schließlich ist es auch für die DFB-Elf alles andere als irrelevant, wie es für die Nationalspieler in ihrem Club so läuft. Und so war Nagelsmann auch über den Poker schlechthin in diesem Sommer im Bilde: den um VfB-Stürmer Nick Woltemade. „Wir haben schon darüber gesprochen“, bestätigte er zuletzt am Rande des Supercups zwischen den Stuttgartern und dem FC Bayern einen Austausch mit dem Spieler: „Weil ich das Interesse habe, dass Nick spielt.“

 

Aus dieser Warte kann der Nationalcoach gut mit dem Schlussstrich leben, den der VfB am vergangenen Wochenende unter einen möglichen Wechsel des Stürmers zum FC Bayern in diesem Sommer gezogen hat. Zwar kalkuliere man in München mit ein paar Spielen mehr als in Stuttgart, so Ex-Bayern-Coach Nagelsmann mit Blick darauf, dass der Rekordmeister oft bis zum Ende in allen Wettbewerben mitmischt und entsprechend viele Einsatzminuten zu vergeben sind.

Offener Konkurrenzkampf zwischen Mittelstädt und Raum

Aber für den Bundestrainer steht angesichts der großen Konkurrenz in München auch fest: „Die Wahrscheinlichkeit auf mehr Spielzeit beim VfB ist ein bisschen höher.“ Hier könne die kommende Saison in Stuttgart Woltemade helfen, die gezeigten Leistungen zu bestätigten und sich weiterzuentwickeln: „Nick ist erst ein Jahr hier, hat eine gute Rückrunde gespielt. Die Hinrunde war nicht so stabil. Ich bin immer dafür, dahin zu gehen, wo man viel Spielzeit und Rhythmus bekommt. Für mich ist es nicht so relevant, bei welchem Club.“

Wobei das ja nicht ganz stimmt: Ein ambitionierter Erstligist ist natürlich auch für einen Bundestrainer die bessere Adresse für seine Nationalspieler als ein Abstiegskandidat oder ein Zweitligist. Dass Nagelsmann den VfB-Verbleib Woltemades begrüßt, zeugt daher auch vom gewachsenen Stellenwert des Vereins. Der VfB und seine Spieler stehen oft im Fokus des Bundestrainers, der immer wieder Stuttgarter nominiert.

VfB-Profi Angelo Stiller könnte mit Joshua Kimmich das Duo im zentralen Mittelfeld bilden. Foto: imago/Revierfoto

Inzwischen aber geht es nicht mehr nur um Kaderplätze: Mehrere VfB-Spieler haben realistische Chancen, um die Positionen in der Anfangsformation der deutschen Nationalmannschaft mitzuspielen. In einer wichtigen Saison, an deren Ende im Fall einer erfolgreichen Qualifikation die Weltmeisterschaft steht. Zum Kreis der Startelf-Kandidaten zählt dabei zuvorderst wenig überraschend Woltemade, der sich im vergangenen halben Jahr in den Fokus gespielt hat und den Konkurrenzkampf im deutschen Sturm mit Niclas Füllkrug (West Ham United) oder Jonathan Burkardt (Eintracht Frankfurt) nicht fürchten muss – auch, wenn in Person des zuletzt verletzten Kai Havertz (FC Arsenal) nochmals ein prominenter Akteur zurückkehrt.

Auch etwas weiter hinten könnte ein VfB-Profi im Zentrum eine wichtige Rolle einnehmen: Der Bundestrainer liebäugelt offen mit einem Mittelfeld-Duo aus Bayerns Joshua Kimmich und dem Stuttgarter Angelo Stiller, auch hier geht es ihm um den Mix aus Qualität und Spielpraxis. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch“, sagt Nagelsmann, „dass Joshua und Angelo viel spielen auf dieser Position im Verein. Und da müssen wir schon ein Pärchen bilden, das auf Sicht viel spielt im Club. Wir hatten da schon viel Rotation drin zuletzt.“ Unlängst hatte der Bundestrainer deshalb angekündigt, Kapitän Kimmich wieder von der Außenverteidiger-Position ins Mittelfeld zu ziehen. Und auch Stiller kann sich dieses Tandem gut vorstellen: „Wir sind zwei spielstarke Spieler, die den Ball haben wollen und sich nicht zu schade sind, defensiv zu laufen. Das kann gut werden, aber das muss dann der Bundestrainer entscheiden.“

Kader-Nominierung in der kommenden Woche

Eng wird die Entscheidung in jedem Fall links hinten, wo der Konkurrenzkampf zwischen dem Stuttgarter Maximilian Mittelstädt und David Raum von RB Leipzig komplett offen ist. In den vier jüngsten Länderspielen standen beide je zweimal in der Anfangsformation, viel wird von dem Saisonverlauf und den Trainingseindrücken vor Ort beim Nationalteam abhängen.

Und dann ist da ja noch die Position zwischen den Pfosten. Einerseits nimmt VfB-Torhüter Alexander Nübel auf dem Papier derzeit die Rolle der Nummer drei ein, andererseits kann sich noch einiges tun: Die Rückkehr von Stammkeeper Marc-André ter Stegen nach dessen Rücken-Operation ist offen, ebenso seine Perspektive beim FC Barcelona. Und ob Hoffenheims Oliver Baumann seinen von Nagelsmann attestierten leichten Vorsprung gegenüber Nübel hält, muss die Saison erst noch zeigen. Schließlich spielt Nübel mit dem VfB international, während die TSG auf eine durchwachsene Saison zurückblickt.

Kandidaten für einen Kaderplatz in der Offensive sind zudem Deniz Undav sowie die beiden Außenspieler Chris Führich und Jamie Leweling, die zuletzt aber für das Final Four in der Nations League nicht mehr nominiert worden waren. Sie könnten mit einer starken Saison beim VfB noch auf den DFB-Zug aufspringen, wobei ein erster Fingerzeig schon am kommenden Mittwoch zu erwarten ist. Dann gibt Nagelsmann seinen Kader für die Partien in der WM-Qualifikation gegen die Slowakei (4. September) und Nordirland (7. September) bekannt. Und prognostizieren lässt sich dabei schon jetzt: Es werden Stuttgarter dabei sein.