In Schieflage: Der VfB mit Simon Terodde sucht noch sein Gleichgewicht Foto: Baumann

Das Motto des Pokalduells mit Viertligist Energie Cottbus: Gerade noch mal gut gegangen. Doch für den VfB Stuttgart ist auch klar: Um in der Bundesliga zu bestehen, braucht es eine gewaltige Steigerung – und Lösungen für die eine oder andere Problemzone.

Cottbus - Der VfB Stuttgart siegt im DFB-Pokal beim Viertligisten Energie Cottbus mit 4:3 im Elfmeterschießen, weil der Gegner einen Strafstoß an den Pfosten und einen daneben setzt. Aus eigener Kraft lief dagegen kurz vor dem Ligaauftakt bei Hertha BSC am Samstag (15.30 Uhr) nicht viel zusammen beim Aufsteiger. Denn es gibt etliche Problemzonen.

Die Defizite in der Abwehr

Am Ende lässt Hannes Wolf bei Dzenis Burnic mildernde Umstände gelten: „Er kann diese Position besetzen. Allerdings hat er in der Vorbereitung nur auf der Sechs gespielt“, sagt der VfB-Cheftrainer über den 19-jährigen Leihspieler von Borussia Dortmund, der in seinem Stuttgarter Pflichtspiel-Debüt als linker Verteidiger ran musste. Schließlich waren durch den Ausfall von Timo Baumgartl (Schwindelgefühle nach einer Gehirnerschütterung) endgültig tiefe Risse in der Personaldecke der VfB-Verteidigung zu Tage getreten. Sehr zum Leidwesen von Burnic, der das 0:1 mit einem haarsträubenden Querpass im eigenen Strafraum verschuldete. Danach war dessen Selbstvertrauen komplett weg.

Bestimmt hätte Wolf den blonden Linksfuß irgendwann erlöst. Aber das ging nicht, denn bei den Stuttgartern saß bereits mit Anpfiff der Pokalpartie an der Lausitz gar kein gelernter Abwehrspieler mehr auf der Bank. „Bis zum Spiel in Berlin wird sich personell noch einiges tun. Das wird auch sonst eine ganz andere Konstellation“, macht sich Wolf bis zum Bundesliga-Auftakt in Berlin auch selbst ein bisschen Mut.

Tatsächlich hält er mit Baumgartl, Dennis Aogo, Holger Badstuber und Ailton noch vier Abwehrrecken in der Hinterhand, die in Cottbus fehlten. Doch während bei den drei Letztgenannten unklar ist, ob sie schon ausreichend Match-Fitness mitbringen, stellt sich obendrein die Frage, ob die Qualität der VfB-Abwehr in Summe überhaupt reicht. „Zwei Planstellen sind noch zu besetzen“, sagt Hannes Wolf über die Personalpolitik des Clubs. Und auch Michael Reschke, der neue Sportvorstand, sieht noch Handlungsbedarf. „Das Spiel spricht für sich“, sagte er am Montag zur Partie in Cottbus, „es wäre schon hilfreich, wenn uns der ein oder andere sinnvolle Coup gelingen würde.“ Ein Rechtsverteidiger wird auf jeden Fall noch gesucht.

Der umstrittene Kapitän

Diese warmen Worte werden Christian Gentner auch nicht allzu sehr trösten. „Wir haben weiter den maximalen Respekt vor ihm. Er ist eine Persönlichkeit, die ganz wichtig ist für die Mannschaft“, sagt Wolf über seinen Leitwolf, der jetzt meist nur noch aus der Ferne über die Herde wachen darf. Denn der Trainer sagt auch: „Dass Gente der Kapitän ist, muss nicht heißen, dass er immer von Beginn an spielt.“

Das birgt Unruhepotenzial. Denn erstmals seit langer Zeit besitzt der VfB nun einen Spielführer, der seinen Stammplatz vorerst nur auf der Reservebank hat, wenn alles normal läuft. Auch in Cottbus wäre das so gewesen, hätte Timo Baumgartl gespielt. Nur weil der Abwehrspieler passen musste, rückte Gentner wenige Stunden vor seinem 32. Geburtstag in die Startelf. Die erste Hälfte, als beim VfB die große Konfusion ausbrach, ging denn auch komplett am deutschen Meister von 2007 und 2009 vorbei. „Schön war es nicht“, sagte Gentner, „wir wissen, dass wir uns noch viel erarbeiten müssen.“ Das gilt auch für den Spielführer selbst, bei dem die Zukunft zeigen wird, ob er sich klaglos in die Rolle des Edelreservisten fügt.

Das Risiko mit den Jungen

Die Szene in der 49. Minute machte aus VfB-Sicht richtig Spaß. Da gab es einen Josip Brekalo zu bestaunen, der vom linken Flügel aus unwiderstehlich nach innen zog, mehrere Gegenspieler umkurvte und dann den Ball elegant ins rechte untere Eck des Energie-Tores zum 1:2 schlenzte. „Der Josip hat eine klasse zweite Halbzeit gespielt“, sagte Hannes Wolf: „Aber ich erwarte auch von ihm künftig vom Anpfiff weg eine andere Haltung zum Spiel.“

Tatsächlich lief das Geschehen im Stadion an der Freundschaft viel zu oft an Brekalo und den vielen anderen jungen VfB-Akteuren vorbei. So zeigte sich bereits gegen einen Viertligisten, dass die mutige Devise des geschassten Managers Jan Schindelmeiser, fast ausschließlich auf junge, entwicklungsfähige Spieler zu setzen, Risiken birgt. Da war etwa Ebenezer Ofori, der als alleiniger Sechser im 4-1-4-1-System mehrfach orientierungslos wirkte. Aber auch Brekalo, Chadrac Akolo, Takuma Asano, Berkay Özcan oder Anastasios Donis, die sich zu sehr in Einzelaktionen verloren, anstatt den Goalgetter Simon Terodde zu bedienen oder zu kombinieren, müssen noch deutlich an Wettkampfhärte zulegen. Vermutlich bekommen sie aber auch noch Hilfe in Form von erfahrenen Mitspielern. Als „talentiert und gut“ beschreibt Sportchef Reschke den aktuellen VfB-Kader und macht deutlich, dass er ein wenig Routine schon noch vertragen kann: „Ich hoffe, dass wir noch den einen oder anderen Spieler mit Erfahrung für uns gewinnen können.“

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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