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Die sportliche Lage ist brenzlig, die Aufgabe ist anspruchsvoll und deshalb riskant. Denn Antonio Rüdiger und Timo Baumgartl sind jung und unerfahren. Doch auf die beiden Innenverteidiger des VfB Stuttgart ist Verlass.

Stuttgart - Seinen Auftritt vor den Medien erledigt Timo Baumgartl (19) wie seinen Job auf dem Rasen: seelenruhig und souverän. Nach dem 2:0 gegen den FSV Mainz 05 am vergangenen Samstag ließ der junge Verteidiger die Partie noch einmal vor seinem geistigen Auge ablaufen, dann sagte er in gesetzten Worten: „Jedes Spiel hilft mir, reifer zu werden. Ich bin froh, dass der Trainer mir immer wieder die Chance dazu gibt.“

Immer häufiger setzt Huub Stevens auf die Dienste des Maichingers, 15-mal in dieser Saison schon. Baumgartl spielte an der Seite von Daniel Schwaab und von Georg Niedermeier. Schön und gut, doch gegen Mainz lief er zusammen mit Antonio Rüdiger (22) auf, zum fünften Mal in der laufenden Spielzeit. Da lohnt sich genaueres Hinschauen. Denn gemeinsam gilt die Bubi-Abwehr als das Duo der Zukunft beim VfB.

Dazu aber müsste der VfB in der Bundesliga bleiben, andernfalls dürfte sich zumindest Jungnationalspieler Rüdiger anderweitig orientieren. Was die aktuelle Situation der beiden Youngster verschärft. Sie müssen sofort funktionieren, um den Abstieg abzuwenden. Am besten so wie gegen Mainz: ohne Gegentor. „Das“, sagt Karlheinz Förster, „spricht neben anderen Faktoren für ihre Qualität.“

Der Ex-VfB-Profi war einst selbst ein Weltklasseverteidiger. Er weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: „In der Bundesliga gibt es nicht viele Innenverteidiger-Paare, die sehr gut funktionieren. Deshalb haben Rüdiger und Baumgartl als Duo eine Zukunft.“ Und schon jetzt eine große Perspektive.

Auch deshalb, weil sie grundverschieden sind und sich schier ideal ergänzen. Rüdiger hat zwei Jahre mehr Profierfahrung, er zehrt von der Wucht seines Körpers, von seiner Aggressivität und seiner Motivation. „Toni bringt eine hohe Präsenz auf den Platz“, lobt Sportvorstand Robin Dutt.

Baumgartl ist mit 1,90 Metern so groß wie Rüdiger, aber von weit filigranerer Gestalt. Sein Spiel zeichnet neben der Unaufgeregtheit eine gewisse Eleganz aus. Baumgartl verfällt nie in Hektik, was auch an seinem Stellungsspiel liegt, das für sein Alter schon sehr ausgeprägt ist.

„Beide haben das Potenzial, richtig gute Bundesliga-Spieler zu werden“, sagt Karlheinz Förster, „und beiden traue ich zu, dass sie sich in der Nationalmannschaft etablieren.“ Auch da ist Antonio Rüdiger einen Schritt voraus. Nach der WM 2014 hat Bundestrainer Joachim Löw einige Male auf den gebürtigen Berliner gesetzt – und ihm ebenfalls glänzende Perspektiven bescheinigt.

Es ist alles andere als ein Zufall, dass Löw und Förster unabhängig voneinander den Namen Jérôme Boateng erwähnen, wenn sie über Rüdiger und Baumgartl reden. Der Name des Weltmeisters dient beiden als Schutzschild für die leise Kritik, die sie an Rüdiger und Baumgartl üben. Denn an den Fehlern des VfB-Duos kommen sie nicht vorbei. Allerdings dient Löw und Förster der Name Boateng als Lob und Ansporn nach dem Motto: In jungen Jahren hat Boateng auch Fehler gemacht – und schaut her, was aus ihm geworden ist! „Früher hatten viele Leute Zweifel an Boateng, heute ist er nicht mehr wegzudenken, weder beim FC Bayern noch in der Nationalelf“, sagt Förster.

Eine ähnliche Entwicklung ist Rüdiger und Baumgartl auch zuzutrauen. Dafür spricht auch ihr Stehvermögen in der aktuellen sportlichen Schieflage des VfB. Förster hatte früher den erfahrenen Dragan Holcer an seiner Seite, an dem er sich orientieren und aufrichten konnte. Die beiden Youngster müssen sich selbst stützen – was ebenfalls schon prima klappt.

„Toni ist der Chef“, sagt Timo Baumgartl. „Timo ist mein Junge“, sagt Rüdiger.

Wie es weitergeht mit den beiden? „Am Ende“, sagt Karlheinz Förster, „steht der Wille, sich verbessern zu wollen.“ So gesehen muss ihm weder beim einen noch beim anderen bange sein.