Exklusives Produkt: Die TV-Sender schütten pro Saison 557 Millionen Euro an die 18 Bundesligisten Foto: dpa

Wie der VfB Stuttgart und fünf andere Urgesteine der Fußball-Bundesliga um mehr Fernsehgeld kämpfen.

Stuttgart - Nur Veränderung schafft neue Tradition, sagt ein Sprichwort. Nun ist es in der Politik wie im Sport und wie im richtigen Leben: Diejenigen, die Neues wollen, stehen den Bewahrern meist unvereinbar gegenüber. Im aktuellen Fall sechs Clubs aus der Fußball-Bundesliga, im eigenen Selbstverständnis Traditionsvereine, welche die jahrzehntelang bestehenden Verhältnisse vor den Emporkömmlingen am Arm finanzstarker Konzerne gerne zementieren würden.

Im Einzelnen handelt es sich um den VfB Stuttgart, Werder Bremen, den Hamburger SV, den 1. FC Köln, Hertha BSC und Eintracht Frankfurt. Sie haben sich zu einem Bündnis namens „Team Marktwert“ zusammen geschlossen. Gemeinsam wollen sie bei den anstehenden Verhandlungen im April eine Neuverteilung der Fernsehgelder erreichen. Künftig, so die Idee, soll nicht mehr nur der sportliche Erfolg der Berechnung zu Grunde gelegt werden, sondern auch Faktoren wie Mitgliederzahlen, Fanzuspruch oder Social-Media-Relevanz. So, wie es auch in England, Spanien und Italien Usus ist. Bislang erfolgt die Verteilung der nationalen TV-Millionen nach einem Zwei-Säulen-Modell: Einem einheitlichem Sockelbetrag (65 Prozent) plus einer Summe (35 Prozent), die sich am sportlichen Erfolg bemisst. Genauer: Am sportlichen Erfolg in den vergangenen fünf Jahren.

Im Fall des VfB Stuttgart hat dies dazu geführt, nur noch auf Platz 13 der Fernsehgeld-Tabelle zu stehen. Etwas mehr als 27 Millionen Euro kassieren die Roten in dieser Saison dafür, dass Sky, ARD, ZDF, Sport 1 und bild.de Spiele live oder in Ausschnitten übertragen. Zum Vergleich: Branchenprimus Bayern München kassiert über 40 Millionen. Damit können die Verantwortlichen auf dem Wasen leben. Nicht so aber mit dem Umstand, dass Clubs wie Bayer Leverkusen, der VfL Wolfsburg oder 1899 Hoffenheim sich ein größeres Stück vom Kuchen abschneiden dürfen als der VfB. Schließlich sind sie, zum Zwecke der Liga-Vermarktung, weniger attraktiv als der fünffache deutsche Meister oder die anderen Traditionsvereine aus Hamburg oder Köln. Dazu genügt ein Blick auf die Einschaltquoten beim Bezahl-Sender Sky.

Wahlers Forderung

Die ganz großen Sprünge wären für den VfB bei einer Neuregelung zwar nicht drin, mit zwei Millionen mehr pro Jahr könnte man sich im roten Haus aber durchaus anfreunden. „Wer den Wert unseres gemeinsamen Produkts steigert, weil er viele Fans hat und für öffentliches Interesse sorgt, der sollte bei der Verteilung der Einnahmen auch entsprechend berücksichtigt werden“, fordert VfB-Präsident Bernd Wahler stellvertretend für seine Kollegen aus dem Traditionsbündnis. Eine Meinung, mit der sie bei Sky auf offene Ohren stoßen. Offiziell mag sich zwar niemand äußern, weil die Verteilung der TV-Gelder Sache des Ligavorstandes ist. Es liegt jedoch auf der Hand, dass auch der Abonnement-Sender ein Interesse daran hat, möglichst zahlkräftige Begegnungen zu übertragen. Und dazu zählt nun mal nicht Ingolstadt gegen Hoffenheim.

Die Deutsche Fußball Liga zeigt einerseits Verständnis für das Ansinnen der Liga-Urgesteine. Andererseits weist die DFL auf die schwierige Wertigkeit von Parametern wie dem Zuschauerzuspruch hin. Schließlich hingen die Einschaltquoten häufig von der Ansetzung ab, die sich wiederum nach vielen anderen Aspekten richtet. Auf jeden Fall geht man bei der DFL davon aus, dass es noch „ordentlich im Karton rappeln wird“.

Die „Traditionslosen“ reagieren gelassen

1899 Hoffenheim als einer der „Traditionslosen“ reagierte gelassen auf den Vorstoß. „Die Idee der sogenannten Traditionsclubs ist nicht neu“, sagte Geschäftsführer Frank Briel. „Wir werden dazu in den relevanten Gremien unsere Position vertreten“, kündigte er an. Der VfL Wolfsburg hatte bereits vor einem Jahr skeptisch reagiert. Manager Klaus Allofs bezeichnete die Bewertung der neuen Kriterien als problematisch.

Entfernt erinnert das Bemühen der Traditionalisten an den Länderfinanzausgleich. Auch dort versuchen sich seit einer gefühlten Ewigkeit die Großen (Baden-Württemberg, Bayern) an einer finanziellen Neuregelung zu ihren Gunsten. Bislang jedoch ohne Erfolg, weil sich im Widerstreit der Interessen einfach kein Kompromiss finden lässt. Also belässt man es lieber beim Alten.

Auch das Ansinnen des VfB und seiner Mitstreiter ist keineswegs neu. Diskutiert wird in schöner Regelmäßigkeit; neu ist der Zusammenschluss als Bündnis. Die sechs Clubs eint die Sorge, zu einem Bündnis der Abgehängten zu werden. Als der letzte TV-Vertrag abgeschlossen wurde, tummelte sich mit Bayer Leverkusen nur ein sogenannter Werkclub in der Bundesliga. Seither hat sich vieles verändert.

Und das Rad wird sich kaum zurückdrehen lassen. Mit RB Leipzig klopft schon der nächste Emporkömmling ans Tor zur Bundesliga. Für dessen Mäzen Dietrich Mateschitz ist Tradition relativ – und letztlich nicht mehr als eine Zahl. „In 500 Jahren, sagte der Red-Bull-Chef einmal, „sind diese Clubs 600 Jahre alt und wir 500.“