Gespräche mit potenziellen Geldgebern: VfB-Chef Bernd Wahler Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart braucht dringend eine Verstärkung in der Innenverteidigung. Das Geld ist aber knapp. Deshalb klopft die Vereinsführung nun Modelle zur Finanzierung von Neuzugängen ab.

Stuttgart - Wer in diesen Tagen einen direkten Draht zu den Strategen des VfB sucht, blitzt in aller Regel ab. „Die Herren sind außer Haus“, heißt es dann. Das gilt für Präsident Bernd Wahler ebenso wie für Finanzchef Ulrich Ruf. Beide sind unterwegs in einer Mission, die nach der 0:4-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg dringlicher denn je ist. Denn die Partie hat erneut gezeigt, dass sich der VfB in der Winterpause mit einem Innenverteidiger verstärken muss, am besten vom Format eines Fernando Meira. Der erfahrene Portugiese hat einst beim VfB den jungen Serdar Tasci geführt und zum Klasseverteidiger großgezogen.

Einen solchen Turm in der Abwehr benötigt nun Antonio Rüdiger. Allein ist der Jung-Nationalspieler mit der Führungsrolle noch überfordert. Auch er könnte von einem gestandenen Nebenmann profitieren, der ihm Halt bietet. So ein Mann kostet Geld, viel Geld – mit allen Nebengeräuschen kaum weniger als zehn Millionen Euro. Der VfB hat dieses Geld aber nicht. Was nun?

Die Kasse ist so gut wie leer, die herkömmlichen Quellen sind ausgeschöpft, und die Zuwendungen von Sponsoren sind vor dieser Saison schon um zehn Prozent gestiegen. Deshalb schwärmen Bernd Wahler und Ulrich Ruf in diesen Tagen verstärkt aus, um nach neuen Wegen und/oder neuen Partnern zu suchen. „Der VfB kann in der kommenden Transferperiode sicher nicht ohne Einschränkungen in den Kader investieren“, sagt Bernd Wahler, „klar ist aber auch, dass wir intensiv die finanziellen Rahmenbedingungen prüfen, wie wir die Mannschaft kurz- und mittelfristig verstärken können.“

Einfachste Lösung: Spielerverkäufe

Lösungen bieten sich einige an, die naheliegendste und zunächst einfachste sind Spielerverkäufe. Allerdings: Viele Profis hat der VfB zurzeit nicht, die eine satte Ablöse versprechen. Timo Werner ist einer der Kandidaten, Vedad Ibisevic ein anderer. Der Profitabelste ist Antonio Rüdiger.

Der VfB arbeitet zurzeit daran, den Vertrag des Innenverteidigers vorzeitig bis 2017 zu verlängern. Das schließt einen späteren Verkauf nicht aus, zumal dann angesichts der verlängerten Laufzeit ein höherer Erlös möglich ist. Das, so ist zu hören, wollen die VfB-Strategen aber so lange wie möglich hinauszögern. Erst gilt es, das Potenzial des Jung-Nationalspielers zu steigern – bis auf weiteres zum eigenen Nutzen. Das gilt auch für Timo Werner. Vedad Ibisevic steht nach Roter Karte, Sperre, Formtief mit schwacher Torquote und Verletzungen schon längere Zeit nicht mehr im Schaufenster der Bundesliga – seit Juni 2013 ist sein Marktwert nach Berechnungen des Internet-Portals Transfermarkt.de von zehn auf sieben Millionen Euro gesunken. Ob die ein Abnehmer tatsächlich zu zahlen bereit wäre, ist offen.

Abgabe von Rechten (Transfers, Fernsehen) gegen Darlehen?

Die geplante Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung kommt frühestens im nächsten Frühjahr. So viel Zeit hat der VfB aber nicht, um die aktuellen Nöte zu lindern. Er braucht früher frisches Geld – zum Beispiel in Form eines Darlehens, das ein Investor dem Verein im Vorgriff auf die Ausgliederung gibt. Nur: Was passiert, wenn diese dann am Veto der Mitglieder scheitert? Denkbar ist auch das bisher Undenkbare – dass der VfB einen Teil seiner Rechte (Transfers, Fernsehen) gegen ein Darlehen abgibt. Das hat er bisher partout vermieden. Jetzt könnte ihn die Not dazu zwingen.

Wie belastet die wirtschaftliche Lage des Vereins ist, machen die Zahlen der beiden vergangenen Geschäftsjahre deutlich. Für 2012 vermeldete Finanzchef Ruf ein Minus von 9,7 Millionen Euro. Für 2013 lag der Fehlbetrag bei 3,1 Millionen Euro, die Verschuldung stieg von 2,8 auf 5,1 Millionen Euro, das Vereinsvermögen sank von 11,8 auf 8,7 Millionen Euro. Und seither hat sich der wirtschaftliche Negativtrend verschärft.

Im Sommer hat der VfB auf dem Transfermarkt rund sieben Millionen Euro mehr ausgegeben, als er eingenommen hat. Weil die Mannschaft wieder nicht in der Europa League spielt, fehlen weitere drei Millionen Euro. Auch im DFB-Pokal sind nach dem Erstrunden-Aus keine weiteren Einnahmen möglich. Zudem belasten die Abschreibungen der Abfindungen für Ex-Präsident Gerd Mäuser (geschätzt 800 000 Euro), die Trainer Bruno Labbadia (mindestens 500 000 Euro), Eddy Sözer und Thomas Schneider (geschätzt 500 000 Euro) sowie für Ex-Sportdirektor Fredi Bobic (geschätzt 500 000 Euro) die ohnehin marode Vereinskasse.

Dies alles summiert sich zu Zwängen, die Wahler und Ruf nun lockern müssen. „Der genaue sportliche und wirtschaftliche Rahmen wird derzeit erarbeitet und festgelegt“, sagt Wahler, „dementsprechend können und wollen wir auf dem Transfermarkt agieren, um die sportliche Substanz zu erhöhen.“