Leidenschaft in Rot und Weiß: Die VfB-Fans strömen zu den Spielen ins Stadion. Foto: Baumann

Die Liebe der Fans zum VfB ist trotz des Abstiegs ungebrochen. Zu den Heimspielen rennt das Publikum den Stuttgartern die Bude ein. „Diese unglaubliche Unterstützung ist eine Verpflichtung für uns alle“, sagt der VfB-Trainer Hannes Wolf.

Stuttgart - Der Schiedsrichter Patrick Ittrich rief die Profis aus Stuttgart und Bielefeld gerade aus ihren Kabinen in den Spielertunnel der Mercedes-Benz-Arena – da ging kurz vor dem Anpfiff der Zweitliga-Partie zwischen dem VfB und der Arminia ein sintflutartiger Eisregen über dem Platz nieder. Das war aber kein größeres Problem. Die Profis warteten ja im Trockenen – und auch ihr Publikum unter dem beigen Membran-Dach der Arena hatte die Plätze bereits größtenteils eingenommen.

Fein säuberlich hingen sie also über der Reling zwischen Ober- und Unterrang der Cannstatter Kurve, die rot-weißen Fahnen und Flaggen der Fanclubs wie der „CVJM Buaben“, der „Invasion Straubenhardt“, der „VfB-Highländer“ oder der „Red Hots 96“. Auch das „Krabbenbrötchenpublikum", wie der Fanforscher Gunter A. Pilz die Vips in den Stadion-Logen nennt, war geschlossen und vollzählig auf der Haupttribüne versammelt.

„Es ist erstaunlich – und fast schon ein wenig unwirklich“, sagt der VfB-Trainer Hannes Wolf über den Umstand, der in und um den Verein für Bewegungsspiele fast alle verblüfft. Da sind die Stuttgarter nach einer sportlich desaströsen Saison erstmals seit 40 Jahren wieder in die zweite Fußball-Bundesliga abgestiegen – und die Fans rennen ihnen zu den Rhythmen, die die Cannstatter Kurve vorgibt, dennoch die Bude ein. „Diese unglaubliche Unterstützung ist sehr beeindruckend für mich – und eine Verpflichtung für uns alle“, ergänzt Wolf, „denn es ist unser Auftrag, dass die Menschen zufrieden nach Hause gehen.“

Der Zuspruch der Zuschauer hat fast Erstliga-Niveau

55 160 Fans waren allein am Sonntag an einem tristen November-Mittag in die VfB-Arena gepilgert – zu einem Spiel gegen den Tabellenvorletzten aus Ostwestfalen, der zuvor von elf Partien lediglich eine gewonnen hatte. Damit liegt der VfB in Sachen Publikumsinteresse fast auf Vorjahresniveau, als die Gegner in Liga eins aber noch FC Bayern, BVB oder Schalke 04 hießen. Und trotzdem war schon das eine berauschende Erkenntnis: Denn 50 031 Fans kamen in der Abstiegssaison im Schnitt zu den Spielen des VfB, was Platz zwölf in Europa bedeutete. Doch sie sahen in der ganzen Spielzeit nur sechs Heimsiege.

„Bei dem Willen, gleich wieder aufzusteigen, wollen die Fans ihrem Club jetzt den Rücken stärken“, nennt Gunter A. Pilz einen der Gründe, warum der Run auf die Tickets beim VfB auch im Unterhaus des deutschen Profi-Fußballs nicht abreißt. 49 568 Karten hat der Club in den sechs Heimspielen der laufenden Zweitliga-Saison bisher durchschnittlich abgesetzt – das ist mit weitem Abstand Ligaspitze. Nur der andere Absteiger, der Traditionsclub Hannover 96 (Zuschauerschnitt 37 900), kann da einigermaßen mithalten. Bereits der Dritte aus Kaiserslautern darf mit 26 687 Fans im Schnitt fast nur halb so viele Leute begrüßen.

„Unsere Fans sind einfach sensationell. Sie sind durchaus ein Faktor, um eine erfolgreiche Saison zu spielen, denn sie beflügeln und motivieren uns“, sagt der VfB-Profi Florian Klein, der vor seiner Zeit als Nationalspieler Österreichs bei LASK Linz durchaus vor kleineren Kulissen aufgespielt hat.

Beim VfB werden derweil Erinnerungen an die Saison 1976/77 wach, als der Club mit seinem 100-Tore-Sturm im zweiten Jahr zweite Liga wieder in die Bundesliga aufstieg. Auch damals kamen regelmäßig 55 000 Besucher ins Neckarstadion, allerdings nur zu den Spitzenspielen der damaligen Staffel Süd gegen 1860 München, Homburg, Offenbach oder Nürnberg. Die waren für die Fans sportlich interessant.

Im Stadion sitzen auch viele „Event-Fans“

Heute ist die Gemengelage eine grundsätzlich andere. In Zeiten, in denen der VfB die Hälfte seiner Einnahmen aus dem Kartenverkauf über die Logen und Business-Seats generiert, muss auch das Drumherum stimmen. Der Anteil der so genannten Event-Fans wächst ständig, denen eher an der Atmosphäre, „dem Sehen und Gesehen werden“ (Fanforscher Gunter A. Pilz) gelegen ist als am Ergebnis.

Dass die VfB-Profis ihr euphorisches Publikum aber weiter als zwölften Mann benötigen, wurde auch beim Sieg über Bielefeld (3:1) klar, als die Partie nach dem 1:1 der Gäste hätte kippen können.

„Die Zuschauer haben uns getragen“, resümiert der Trainer Wolf – und nimmt seine Spieler in die Pflicht: „Wir wollen die Fans künftig nicht nur mit dem Ergebnis, sondern mit unserem Fußball begeistern.“

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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