Perfektes Heimdebüt: Artem Kravets Foto: Pressefoto Baumann

Scheu im Leben, schlagkräftig im Strafraum: Mit seinem Siegtreffer gegen den Hamburger SV dämpft VfB-Neuzugang Artem Kravets die Zweifel an seinen Qualitäten.

Stuttgart - Das war ein echter Kravets. Wie der neue Mann mit einer sparsamen Bewegung seines Kopfes andeutete, dass er nichts sagen mochte, wie er den Blick nach rechts an die weiße Wand heftete und die Journalisten beim Gang aus der Kabine links liegen ließ, das konnte nur Artem Kravets sein. Zum besseren Verständnis: Er macht das nicht aus Boshaftigkeit oder mangelndem Respekt. Er macht das, weil er ist, wie er ist: schüchtern, scheu und schweigsam im Leben. Zum Glück aber auch schlagkräftig im Strafraum.

Weil Letzteres für einen Stürmer nie ein Nachteil ist, war Artem Kravets (26) der gefeierte Mann beim 2:1 gegen den Hamburger SV. Ein Treffer beim Heimdebüt, der Siegtreffer zumal, das machte dann selbst Artem Kravets gesprächig – für seine Verhältnisse. „Das ist ein gutes Gefühl“, sagte er tags darauf beim Training. Damit war aus seiner Sicht eigentlich schon alles gesagt.

Artem Kravets, die Leihgabe von Dynamo Kiew, lässt statt Worten lieber Tore sprechen. Schließlich haben sie ihn beim VfB ja nicht als Thomas Gottschalk angestellt, sondern als den Mann, der die gegnerischen Abwehrreihen aufmischt – und bestenfalls die eigenen Kollegen mit dem eingebauten Vorwärtsdrang aufweckt. Timo Werner müsste also einen leichten Anflug von Panik verspüren, wenn er diese Woche wieder Extraschichten zur Beseitigung seines allzu großen Streufaktors beim Torschuss schiebt. Am Samstag verballerte er Chance um Chance. Kravets dagegen kam rein, prüfte HSV-Keeper Rene Adler beim ersten Versuch und köpfte den zweiten ins Tor. Dann ballte er die Fäuste und riss die Arme hoch: „Schaut her, so geht das!“

Robin Dutt freut sich für Kravets: „Ich hätte es auch Timo Werner gegönnt“

Es war auch eine Geste an all jene, die schon Zweifel an Kravets’ Qualitäten umgetrieben hatten. „Als er kam, hat er sich schwergetan. Da hieß es schon, er sei ein Fehleinkauf“, sagte Daniel Didavi. Umso größer war bei ihm die Erleichterung am Samstag: „Für Artem freut es mich riesig.“ Wenn es nach Robin Dutt gegangen wäre, „hätte auch unser Zeugwart das Tor machen können“. So freute auch er sich mit Kravets, „aber ich hätte es auch Timo gegönnt“, sagte der Sportvorstand.

Artem Kravets sagte auch noch etwas. Im Sommer endet sein Leihvertrag, dann hat der VfB eine Kaufoption. „Ich möchte gern länger in Stuttgart bleiben“, erklärte er noch. Im Grunde ist es ganz einfach: Seine Chancen steigen mit jedem weiteren Tor.