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Jetzt wird's brenzlig: Nach dem 1:1 gegen Schlusslicht Hertha BSC rutscht der VfB Stuttgart auf einen Abstiegsplatz. Aber irgendwie hat es noch keiner begriffen.

Vielleicht wird Markus Babbel irgendwann einmal ein ganz großer Trainer. Vielleicht verleiht ihm die Gesellschaft für bayerische Bierruhe im Nachhinein die Ehrenmitgliedschaft. Und womöglich wird auch noch alles gut. Aber das Haltbarkeitsdatum weiß-roter Geduld und Zuversicht ist nach dem dürren 1:1 gegen Hertha BSC endgültig überschritten. Der VfB Stuttgart steht auf Rang 16 der Tabelle. Das erinnert an die finstersten Zeiten vor neun Jahren, als die Roten in der Saison 2000/2001 mit Felix Magath bis zum vorletzten Spieltag ums Überleben kämpften und erst ein magischer Schuss von Krassimir Balakov ins Tor von Schalke 04 von aller Angst befreite.

Doch derlei apokalyptische Gedanken mag im Tempel der Beschwichtiger, Verzögerer und Zauderer noch keiner hegen. Stattdessen fehlte nach dem Gewürge gegen die Hertha nicht viel, und die Verantwortlichen für die Misere hätten besorgte Nachfragen damit beschieden, dass Rang 16 immerhin noch zur Relegation gegen den Dritten der zweiten Liga berechtigte. Dort steht zurzeit der FC St. Pauli, was nach heutigem Stand ein ziemlich schwerer Brocken wäre. Denn die aktuelle Stuttgarter Teilzeit-Mannschaft mit ihrem Teilzeit-Trainer hätte im Ernstfall kaum eine Chance.

Eine Halbzeit lang, bilanzierte Markus Babbel wie immer von alldem unbeeindruckt, habe seine Mannschaft gut gespielt. "Leider haben wir wieder einmal unsere Torchancen nicht genützt." Man müsse jetzt nur weiter hart arbeiten, vor allem am Torabschluss. Und: "Wir brauchen eben Geduld."

Dumm ist nur, dass eine Partie 90 Minuten dauert und die Gleichung für die zweite Halbzeit lautete: VfB = 9 x Angst + Kuzmanovic + Lehmann. Das reichte gerade mal fürs Unentschieden gegen eine Hertha, die sich mit lausigen vier Punkten und ersatzgeschwächt dem Gipfel der Enttäuschten stellte. Denn nach dem Treffer des zur Pause eingewechselten Adrian Ramos (49.) handelte der VfB ohne Plan, ohne Konzept und so unsicher wie ein Kleinkind mit Messer und Gabel.

Unterm Strich bleibt also die besorgniserregende Erkenntnis, dass der VfB Stuttgart mit seinem zeitweise anwesenden Teamchef nur noch zeitweise so Fußball spielt, wie man es von einer Bundesliga-Mannschaft mit höchsten Ansprüchen erwarten kann. Gegen die Hertha aus Berlin waren es kühn gerechnet 45 Minuten, in denen Alexander Hleb selbstredend bereits nach 30 Minuten "schwere Beine" verspürte. Das ist selbst dem Babbel-Freund Horst Heldt zu wenig, weshalb er nach dem Spiel so mürrisch blickte, als hätten sie ihm von seinem Porsche den Spoiler geklaut. "Es ist nicht befriedigend, was wir hier abliefern. Wir hätten gewinnen müssen. Wir sollten endlich einmal anfangen zu punkten", knurrte der Manager, der Fragen nach der aufkommenden Diskussion um den Trainer unentschlossener als bisher beantwortete: "Ich denke nicht, dass es die gibt."

Was ihn so grämte, war der x-te Versuch des Trainerteams, Lunte an einen Böller zu legen, der partout nicht explodiert. Und auf die Frage, was jetzt noch zünden könne, antwortet selbst der Teamchef mit hochgezogenen Achseln und der Standardauskunft: "Harte Arbeit." Vor allem von den erfahrenen Spielern erhofft sich Markus Babbel die entscheidenden Impulse auf dem Weg aus der Krise. "Sie müssen vorangehen." Die Antwort darauf, welche Mittel er noch wählen kann, um diese Hoffnung einzulösen, bleibt er schuldig. Jetzt spricht er vom "Zuckerl" in der Champions League. Doch sollte sich der VfB auch noch an den kommenden Gegnern (Glasgow Rangers, Bayer Leverkusen) verschlucken, müssen die Bosse auf dem Cannstatter Wasen ihre Haltung überdenken.

Rang 16 ist Grund genug.