Endlich Stammspieler beim VfB Stuttgart: Khalid Boulahrouz. Foto: Pressefoto Baumann

Khalid Boularouz über die mögliche Rettung, das Vertrauen des VfB Stuttgart und sein Ansehen. 

Stuttgart - Lange Zeit spielte er keine Rolle im Team des VfB Stuttgart. Unter Bruno Labbadia hat sich der Niederländer gesteigert - und denkt gar nicht daran, den Verein nach dieser Saison zu verlassen.

Herr Boulahrouz, freuen Sie sich auf Samstag, 17.20 Uhr?
Ich kann leider nicht in die Zukunft schauen. Aber hoffentlich können wir uns dann alle freuen.

Was macht Sie zuversichtlich, dass der Kampf gegen den Abstieg dann gewonnen ist?
Seit Bruno Labbadia da ist, haben wir sehr hart gearbeitet. Wenn man sieht, wo wir herkamen und wo wir jetzt sind, dann war diese Arbeit entscheidend. Das dürfen wir auf keinen Fall mehr aus der Hand geben. Aber wir sind eben noch nicht bei 100 Prozent.

Was für ein Spiel erwarten Sie?
Ein schwieriges. Hannover spielt um die Champions League, sie sind sehr konterstark, das ist gefährlich. Selbst wenn man das Gefühl hat, dass man überlegen ist, können sie jederzeit ein Tor machen. Wir müssen aufpassen, aber wir wollen unbedingt gewinnen.

Erleben Sie derzeit dennoch die schwierigste Saison Ihrer Karriere?
Gegen den Abstieg zu spielen ist nicht schön, das geht an die Nerven. Dazu kommen die Störfeuer von außen. Auf einmal wissen es alle Leute besser, jeder will was sagen. Das verstehe ich, viele haben Angst, dass es nicht gut ausgeht.

Woraus haben Sie in den vergangenen Monaten Kraft geschöpft?
Kraft muss man nicht aus anderen Sachen holen, Kraft hole ich aus der Liebe für den Fußball. Fußball ist mein Hobby. Sollte ich eines Tages aufwachen und denken: Ich muss zur Arbeit, dann werde ich aufhören.

Sie hatten, wie viele Ihrer Kollegen, in dieser Saison mit Verletzungen zu kämpfen. Man hat das Gefühl, Sie kamen erst jetzt richtig in Schwung.
Es hat seine Zeit gebraucht, bis ich richtig fit war, aber danach konnte ich loslegen.

Sind Sie jetzt bei 100 Prozent?
Erst nach sieben, acht Spielen habe ich das Gefühl bekommen, jetzt kann ich 90 Minuten Vollgas geben. Das ist normal, wenn man lange Zeit nicht spielt - sei es, weil einen der Trainer nicht aufstellt oder man verletzt ist. Es fehlt die Spielpraxis. Einen Zweikampf in der 89. Minute kannst du nicht im Training simulieren, ebenso wenig wie das Gefühl für die Mitspieler. So wie wir jetzt harmonieren, gibt es jedem von uns ein gutes Gefühl.

"Ein Verein muss einen Spieler aufbauen und ihn starkreden"

Sie fühlen sich als Innenverteidiger also nun auch auf der rechten Abwehrseite wohl, obwohl das nie Ihre Lieblingsposition war?
Ja, auch weil ich jetzt das Vertrauen des Trainers habe. Ich bekomme von ihm Freiheiten auf der rechten Seite, ich kann auch offensiv arbeiten. Das gefällt mir einfach. Im Fußball ist Fitness das eine, aber das Vertrauen eines Coaches ist auch wichtig

Das haben Sie in der Hinrunde vermisst?
Ich hatte das Gefühl, mancher Trainer war mit etwas anderem beschäftigt und wollte mich nicht spielen lassen. Aber das ist jetzt egal.

Welchen Anteil hat Bruno Labbadia daran, dass der Ligaverbleib zum Greifen nah ist?
Einen sehr großen. Er wusste, was es gebraucht hat, um uns auf den richtigen Weg zu bekommen. Unsere Fitness war nicht gut, er hat uns in eine bessere Verfassung gebracht. Und wir haben schnell gemerkt, dass wir Erfolg haben, wenn wir seine Anweisungen umsetzen. Wir vertrauen ihm absolut. Dass fußballerisch noch nicht alles top ist, ist normal. Unser Augenmerk liegt darauf, Punkte zu sammeln. Aber es macht Hoffnung für die Zukunft.

Eine Zukunft mit Khalid Boulahrouz? Es war immer wieder zu lesen, dass der VfB Ihnen bei einem möglichen Transfer keine Steine in den Weg legen würde. Beschäftigen Sie sich mit solchen Spekulationen?
Nein. Ich weiß ja, wer so etwas geschrieben hat. Deshalb ist es mir egal. Ich habe einen Vertrag mit dem VfB und der Verein hat einen Vertrag mit mir unterschrieben. Wir haben das beiderseitig bei vollem Verstand getan, das müssen wir akzeptieren. Und wissen Sie was?

Was?
Ich habe mich immer für den Verein eingesetzt, auch wenn es oft anders geschrieben wurde. Es ist leicht, schlecht über Spieler zu schreiben, die keine gute Lobby haben, die nicht spielen und gutes Geld verdienen. Manche suchen immer einen Schuldigen. Mir wurde es hier teilweise von außen sehr schwergemacht. Das lasse ich mir aber nicht mehr gefallen.

Spüren Sie die Rückendeckung vom Verein?
Ja. Ein Verein muss einen Spieler aufbauen und ihn starkreden - zumindest nach außen. Intern darf man sich natürlich kritisieren. Klar ist doch: Wir brauchen einander alle. Auch als ich kein Stammspieler war, wenn ich eingewechselt wurde, wurde ich gebraucht.

Sie werden also definitiv auch im kommenden Jahr das VfB-Trikot tragen?
Definitiv. Ich fühle mich hier sehr wohl. Natürlich hat es mich frustriert, als ich nicht gespielt habe. Ich bin ja hierhergekommen, um Fußball zu spielen, und nicht, um die Stadt anzuschauen und Fotos zu machen.

Wenn es heute nicht klappt, könnte es in München zum Showdown kommen.
Das wollen wir vermeiden. Wir wollen es uns einfacher machen und geben deshalb alles, damit am Samstag alles klar ist. Wir wollen Hannover schlagen und uns gut von unseren Fans verabschieden, ihnen etwas zurückgeben. Das haben sie verdient. Sie haben uns, auch auswärts, immer super unterstützt. Das hat uns unglaublich geholfen. Nach einem Sieg mit den Fans zu feiern macht Gänsehaut - deshalb spielt man doch Fußball.