Herr der Lüfte: Toni Sunjic (li., mit Hertha-Stürmer Vedad Ibisevic) Foto: Getty

Bayern, Dortmund, Wolfsburg: Bisher kennt Toni Sunjic die Topclubs der Liga nur vom Hörensagen. Bald spielt er mit dem VfB Stuttgart gegen sie, und darauf freut er sich. Neben Siegen hat er ein weiteres Ziel: „Ich will hier eine Führungsfigur werden.“

Stuttgart - Was die Innenverteidigung des VfB betrifft, gelten Fernando Meira und Marcelo Bordon bis heute als Traumduo. Der Portugiese und der Brasilianer hielten kurz nach der Jahrtausendwende die Abwehr zusammen. Wie gesagt, die beiden sind unerreicht. Aber das muss ja nicht ewig so bleiben.

Wenn es nach dem VfB geht, heißt das Paar der Zukunft Timo Baumgartl und Toni Sunjic. Wobei – mehr als ein Wunschtraum ist das bisher nicht. Beide zeigen, jeder für sich, gute Ansätze. Jetzt müssen sie nur noch schnell zusammenfinden. Oder, wie Sunjic sagt: „Wir müssen auf dem Platz eine gemeinsame Sprache sprechen.“ Dann, wenn Baumgartl wieder fit ist. Und wenn Sunjic sich eingelebt hat. Nach fünf Jahren ging die Liaison mit seiner Freundin in die Brüche, deshalb lebt er allein in Stuttgart. „Ich will schnell Deutsch lernen“, sagt der Bosnier auf Englisch, gibt eine erste Kostprobe („Rechts, links, schneller“) und lobt seinen künftigen Nebenmann Baumgartl: „Ich habe zwei, drei Spiele mit ihm gesehen. Er hat großes Potenzial.“

Darauf setzt auch Alexander Zorniger. Und auf die Erfahrung, die Sunjic (26) mitbringt. „Aufgrund seiner Vita sehen wir in ihm Entwicklungspotenzial dahingehend, dass er eine Defensive führen kann“, sagt der Trainer, „und wir erhoffen uns, dass er uns durch seine Größe in der Luft stabilisieren kann.“ Sein Debüt im Spiel bei Hertha BSC war vielversprechend. Hinten hatte Sunjic die Lufthoheit, und vorne köpfte er im ersten Spiel gleich sein erstes Tor. Sunjic reicht das nicht: Der 1,93-m-Riese will weiter wachsen. „Ich will mich hier entwickeln.“ Zum Wohle aller: „Wenn die Defensive gut steht, tun sich auch die Offensivspieler leichter.“

Sunjic freut sich auf die tolle Atmosphäre in den Bundesliga-Stadien

Spätestens gegen Clubs wie den FC Bayern, Borussia Dortmund und den VfL Wolfsburg kommt es zur Nagelprobe. Große Namen? Sunjic freut sich darauf: „Daran kann man wachsen.“ Die großen Gegner reizen ihn – und die großen Stadien. „In Russland“, erzählt er, „spielst du manchmal vor 5000 Zuschauen. Das ist wie bei einem Freundschaftsspiel. In Deutschland dagegen hast du eine richtig tolle Atmosphäre. Ich spiele gerne vor vielen Zuschauern.“ Aber erst mal muss er die neuen Kollegen kennenlernen.

Bitte, sie stehen ihm bereits mit Rat und Tat zur Seite. „Die Mannschaft hat mich gewarnt, ich solle nicht so schnell Auto fahren, weil es in Stuttgart so viele Blitzer gibt“, sagt der Neuzugang, der für eine Ablöse von drei Millionen Euro vom russischen Erstligisten Kuban Krasnodar nach Stuttgart kam und beim VfB einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat. Das ist neu für ihn, wie auch das Handyverbot, das in der VfB-Kabine gilt. In Russland hatten die Spieler Zimmer auf dem Clubgelände und konnten bis kurz vor Trainingsbeginn tun und lassen, was sie wollten. „Ich hänge ohnehin zu häufig am Handy, deshalb ist das Verbot gut für mich“, sagt Sunjic. Wie er generell findet: „Disziplin ist eine gute Sache.“

Auf dem Platz ohnehin. Dazu wartet Toni Sunjic mit Athletik, Mentalität und Erfahrung auf. 2014 war er WM-Teilnehmer mit Bosnien, jetzt spielt er um die EM-Teilnahme 2016. „Bosnien ist nicht gut gestartet, aber wir haben noch alle Chancen“, sagt er. Das trifft auch auf den VfB zu. Was daraus wird, hat auch er jetzt in der Hand.