Kam im Sommer für neun Millionen Euro aus Burnley zum VfB: Ameen Al-Dakhil Foto: Baumann

Ameen Al-Dakhil sieht sich nach langer Verletzungspause selbst bei 95 Prozent. Nun kann er es kaum erwarten, bei seinem neuen Club endlich loszulegen.

Neuzugang Ameen Al-Dakhil kam mit der Bürde einer langwierigen Muskelverletzung nach Stuttgart. Vor dem Aufeinandertreffen mit dem VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr) meldet sich der Abwehrspieler nahezu fit. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der 22-Jährige über seinen Fitnesszustand, seine erste Zeit in Stuttgart und seine durchaus bewegte Vergangenheit.

 

Ameen Al-Dakhil, Ihr Name geht noch etwas schwer über die Lippen. Welche Bedeutung hat er in Ihrer arabischen Heimat?

Das lässt sich schwer eins zu eins übersetzen. Am ehesten vielleicht mit der Vertrauenswürdige.

Gilt das auch auf dem Fußballplatz?

(lacht) Ich hoffe doch.

Wie war die erste Zeit in Stuttgart?

Mir fällt nur Gutes ein. Mir gefällt die Stadt, auch vom VfB und meinen Mannschaftskollegen wurde ich super aufgenommen. Zur Eingewöhnung sind meine Eltern und mein Bruder mitgekommen, meine beiden Schwestern sind in Belgien geblieben. Jetzt gehe ich mit meiner Frau auf Wohnungssuche.

Was macht Ihre Muskelverletzung, sind Sie komplett wiederhergestellt?

Fast. Ich würde sagen: zu 95 Prozent. Ich kann inzwischen das komplette Mannschaftstraining bestreiten. Für das Wolfsburg-Spiel wird es noch nicht ganz reichen. Ich hoffe, eine Woche später gegen Hoffenheim eine Option für den Kader sein und vielleicht sogar meine ersten Minuten absolvieren zu können.

Sie konnten seit Februar kein Spiel mehr bestreiten. Warum war die Verletzung so langwierig?

Ein Faserriss im Oberschenkel hat mich zunächst acht Wochen außer Gefecht gesetzt. Nach meiner Rückkehr brach die Verletzung leider erneut auf, sodass ich weitere vier Monate pausieren musste. Eine schwierige Zeit, die nun glücklicherweise ein Ende findet.

Sie wurden nach den Abgängen von Hiroki Ito und Waldemar Anton sehnlichst als Verstärkung für die Defensive erwartet. Jetzt hat sich Anthony Rouault zurückgemeldet, auch Anrie Chase konnte sich in den Vordergrund spielen. Sie müssen sich wohl erst mit der Rolle des Herausforderers begnügen.

Was vollkommen in Ordnung ist. Ich bin neu hier, war lange verletzt. Ich schaue nicht auf die anderen, sondern nur auf mich und versuche im Training mein Bestes zu geben. Dann hoffe ich den Trainer von meinen Qualitäten zu überzeugen.

Wie würden Sie Ihren Spielstil charakterisieren?

Ich mag das schnelle Spiel aus England. Und ich mag es, den Ball zu haben. Außerdem aggressiv in die Zweikämpfe zu gehen. Meine größte Stärke ist vielleicht das frühzeitige Vorausahnen von Spielsituationen. In der Jugend war ich Stürmer, das war dahingehend eine gute Schule.

Es ist unüblich, während einer Verletzungspause den Verein zu wechseln. Wie ist der VfB auf Sie aufmerksam geworden – und wie kam der Transfer letztlich zustande?

Das kommt in diesem Geschäft tatsächlich nicht so häufig vor. Der VfB und ich standen schon länger in Kontakt, trotz der Verletzung. Sie haben sich vergewissert, dass es letztlich „nur“ eine Muskelverletzung ist und bald ausheilt. Ich bin froh, dass wir zueinandergefunden haben.

Unüblich ist auch ein Wechsel aus der Premier League in die Bundesliga. Eigentlich will doch jeder nach England – wo der beste Fußball gespielt und das meiste Geld verdient wird.

Das mag im Allgemeinen stimmen, trifft aber zumindest in meinem Fall nicht zu. Die Premier League mag die größte und bekannteste Liga der Welt sein. Der Abstand zur Bundesliga ist aber nicht so groß.

Welche Unterschiede gibt es?

In der Bundesliga agieren die Mannschaften einen Tick taktischer. In England gibt es nahezu keine Pausen. Da geht es permanent links, rechts, vor, zurück. Wenn du einen Fehler machst, wird er sofort bestraft. Der Fußball dort ist schon anders.

In Burnley wurden Sie vom jetzigen Bayern-Coach Vincent Kompany trainiert. Ihr Nationalcoach in Belgien heißt Domenico Tedesco, den man auch noch aus Stuttgart kennt. Welchen Einfluss hatten respektive haben die beiden auf Sie?

Vincent Kompany hat mich entscheidend weiterentwickelt, als ich von St. Truiden in Belgien nach England gewechselt bin. Vor allem im Spiel mit Ball. Er legt Wert auf aktiven Fußball, auf Ballbesitz. Im belgischen Nationalteam ist es ähnlich. Und auch Sebastian Hoeneß ist ja alles andere als ein Trainer, der möchte, dass wir hinten drinstehen und lange Bälle schlagen. Sein Fokus auf eigene Dominanz ist insofern nicht neu für mich.

Sie sind im Alter von fünf Jahren aus dem Bürgerkrieg des Irak mit Ihrer Familie nach Belgien geflüchtet. Wie haben Sie es geschafft, sich unter schwierigen Umständen zum Fußballprofi hochzukämpfen?

Im Irak war an Fußball nicht zu denken. In Belgien habe ich viel mit Freunden gespielt, bis irgendwann ein Trainer aufmerksam wurde und meinte: Hey, du hast Talent. Dann ging alles seinen Weg. Aber glauben Sie mir: Bis hier hin war es nicht immer einfach.