Der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (Mitte) mit den Meisterhelden des VfB von 2007 beim Empfang im Rathaus. Foto: baumann

Meister und Vize-Pokalsieger im Jahr 2007: Es gab erfolglosere Jahre für den VfB. Der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster erinnert sich an die Höhen und Tiefen und wagt einen Blick in die Zukunft.

Stuttgart - Die Saison 2006/07 war eine besondere Spielzeit für den VfB Stuttgart. Das Team holte unter dem damaligen Trainer Armin Veh sensationell die Deutsche Meisterschaft und stand im Pokalfinale.

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Während die Schwaben am 19. Mai 2007 die Meisterschale in den Himmel reckten, mussten sie sich eine Woche später in Berlin dem 1. FC Nürnberg im DFB-Pokalfinale mit 2:3 geschlagen geben – die Stuttgarter hatten die historische Chance auf das Double um Haaresbreite verpasst.

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Tags darauf wurden die VfB-Profis mit ihrem Trainer vom damaligen Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster auf dem Marktplatz empfangen und durften sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen.

Zehn Jahre danach erinnert sich Schuster im Interview an die Meistersaison des VfB Stuttgart und den Empfang am Rathaus nach dem verlorenen Pokalfinale. Außerdem wagt er einen Blick in die Zukunft des Vereins.

Herr Schuster, wie haben Sie die Wochen vor dem Meistertitel des VfB erlebt?
„Wir waren ungemein gespannt in den letzten Spielen, ob es für den VfB reicht. Einige Wochen vorher hatten wir schon begonnen, nachzudenken, was wir im Falle einer Meisterschaft machen. Im Jahr davor gab es ja das DFB-Sommermärchen und diese tollen Fußball-Feste auf dem Schlossplatz. Und da wollten wir natürlich auch, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger bei einer Meisterschaft des VfB mitfeiern. Deshalb war klar: Unser Marktplatz ist dafür zu klein, also gehen wir auf den Schlossplatz und verbinden das dann mit einem Korso. Es war klar, dass wir einige Wochen vorher beginnen mussten zu planen, und das sowohl mit dem VfB als auch mit der Polizei. Und dann kam tatsächlich diese unglaubliche Chance, die der VfB mit dem Sieg gegen Cottbus letztendlich ergriff“.

Zuerst enorme Anspannung, dann ausgelassene Freude

Ihre Erinnerungen an den 2:1-Sieg im letzten Spiel?
„Wir haben natürlich alle gebibbert und gehofft, dass es reicht. Die Anspannung war enorm, vor allem als der VfB in Rückstand geriet und zwischenzeitlich Schalke auf dem 1. Platz lag. Natürlich hatte ich die riesigen Vorbereitungen, die schon gelaufen waren, im Hinterkopf, und hab dann gedacht: ‚Mein Gott, das wäre jetzt schade, wenn wir nicht feiern könnten’. Aber als es der VfB dann gepackt hat, sind wir uns allen in den Armen gelegen und haben uns wahnsinnig gefreut, denn solche Momente erleben wir nicht jedes Jahr.“
Und an die Meisterfeier?
„Wir haben nach dem Schlusspfiff natürlich erst im Stadion gefeiert, aber dann war klar, es gibt diesen Riesen-Korso mit einer bestimmten zeitlichen Taktung. Und deshalb waren wir dann rechtzeitig am Schloss, um die Meister zu begrüßen. Aber das hat ja bekanntlich gedauert, weil der Korso zu einem gigantischen Erfolg wurde. Die VfB-Profis sind gar nicht vorangekommen mit ihren Fahrzeugen, was ich gut verstehen kann. Es war ein riesengroßes Straßenfest entlang des Korsos. Und dann haben wir halt länger gewartet, bis am Schlossplatz die Feier losging. Gestört hat das niemanden – ganz im Gegenteil – wir haben uns alle gefreut, dass diese Anteilnahme von jung und alt, mit und ohne deutschen Pass, aus allen sozialen Schichten so groß war. Ich kann nur hoffen, dass wir solche wunderschönen Gemeinschaftserlebnisse immer wieder haben können – und ich denke, wir haben einmal mehr bewiesen: Wir Stuttgarter können feiern, feiern gerne, sind dabei auch weltoffen. Kurzum: Das Wetter hat mitgemacht, es war ein ganz besonderes Erlebnis, an das ich mich noch gerne erinnere, als Bürger dieser Stadt aber nicht zuletzt auch als Oberbürgermeister, ich war unheimlich stolz.“

Das verlorene Pokalfinale war ein leichter Knick

Am 26. Mai war dann das Pokalfinale, in dem der VfB an Nürnberg scheiterte.
„Wir sind alle nach Berlin geflogen mit dem klaren Ziel: Es gibt das Double, es gibt diese historische Chance – und dann wurde die Partie knapp verloren. Aber verloren ist halt verloren. Die Stimmung ist schlagartig runtergegangen“.
Was bedeutete diese Schlappe für den Empfang der Mannschaft im Rathaus tags darauf?
„Wir hatten auf dem Marktplatz eine große Feier vorbereitet, um den VfB am Sonntag zu empfangen. Und passend zur Niederlage wurde an diesem Tag auch noch das Wetter schlecht, sodass sich auf dem Marktplatz relativ wenige Fans eingefunden hatten. Ich hatte auch den Eindruck, dass bei den Spielern die Luft raus war. Trotzdem war es ein schönes Fest und ich denke auch Vize-Pokalsieger zu sein ist eine herausragende sportliche Leistung, aber ich muss gestehen: Irgendwo hatten wir eine andere Erwartung und wir waren dann doch nicht Sieger, also insoweit war diese Feier schön und bunt und lustig, aber nicht so, wie wir es uns erwünscht hatten.“

Stadt Stuttgart profitierte von der Meisterschaft

Am Ende überstrahlte der Meistertitel dann die vertane Chance auf das Double. Welchen Stellenwert hatte die Deutsche Meisterschaft des VfB für die Stadt?
„Fußball hat eine ganz dominante Stellung im Sport, von daher ist Meister zu sein etwas, was man marketingmäßig für eine Stadt hervorragend einsetzen kann. Es passt zu uns, es passt zu unserer exportorientierten, leistungsfähigen Wirtschaft und Gesellschaft und es hat einen hohen Sympathiewert. Und deshalb muss ich gestehen, beneide ich immer die Bayern mit dem FC Bayern München, die auf diese Art weltweit eine Riesenwerbung bekommen, weil sie eben international unterwegs sind. Aber wir waren ja auch einige Male mit dem VfB international unterwegs. Und ich muss sagen: Diese Meisterschaft hat uns sehr geholfen, ein Stuttgart-Bild zu vermitteln, das so ist, wie man es sich als OB wünscht, nämlich eine Stadt, in der die Menschen freundlich sind, in der sie gerne feiern, in der alle – ob jung oder alt – zusammen etwas erleben und gestalten“.
Nach der Meisterschaft ging es dann mit den Schwaben stetig bergab, was mit dem zweiten Abstieg in der Vereinsgschichte endete. Nun befindet sich das Team wieder im Aufwind, mit Trainer Hannes Wolf gelang die sofortige Rückkher in die Bundesliga. Wie geht es Ihrer Meinung nach nun mit dem VfB Stuttgart weiter?
„Ich vergleiche die Region Stuttgart mit der Region München. Die Region Stuttgart ist einwohnermäßig größer und mindestens genaus wirtschaftlich leistungsfähig, aber was den Sport angeht, ist München uns im Fußball weit voraus. Ich denke aber, dass der VfB von diesem Umfeld - von der Einwohnerzahl, von der Wirtschaftskraft, von den Möglichkeiten – eigentlich das gleiche Potential hat. Dies gilt es zu nutzen. Deshalb hoffe ich sehr, dass es dem VfB gelingt, sich in den nächsten Jahren in der Bundesliga ganz oben zu platzieren – und damit natürlich auch wieder ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten hat, um gute Spieler zu kaufen. Dafür müssen wir die Daumen drücken und auch hoffen, dass die neue Führung des VfB die richtigen Weichen stellt.“