Trainieren für eine erfolgreiche Saison: VfB-Torhüter Sven Ulreich Foto: Baumann

Er hat mit dem VfB Stuttgart bislang mehr Tiefen als Höhen erlebt, dennoch ist Sven Ulreich sicher, dass die Roten unter Armin Veh wieder vorankommen: „Ich habe ein gutes Gefühl.“ Der 26-jährige Torhüter weiß aber auch: „Es gibt leider keine Garantien.“

- Herr Ulreich, wir hoffen, Sie haben das WM-Achtelfinale der deutschen Mannschaft gegen Algerien ausführlich studiert.
Ich habe es natürlich gesehen. Was Manuel Neuer da geleistet hat, war klasse, oft aber auch hart an der Grenze. Aber wieso hätte ich das genauer studieren sollen?
Nun, Armin Veh hat angekündigt, dass der VfB künftig mit mehr Risikobereitschaft spielen wird. Seine Worte: „Wir werden ab und zu eine gute Torwartleistung brauchen.“ Bereit für die Duelle mit den Stürmern der Bundesliga?
(Lacht) Klar, ich werde wie immer versuchen, der Mannschaft zu helfen. Und es ist doch für einen Torhüter auch schön, wenn er sich auszeichnen kann.
Armin Veh will vieles anders machen, Sie aber, da hat er sich schnell festgelegt, bleiben die Nummer eins. Überrascht?
Überhaupt nicht.

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Aber ein neuer Trainer ruft ja auch gern mal den offenen Konkurrenzkampf der Torhüter aus.
Sicher, das hätte Armin Veh machen können. Aber ich denke, dass ich mir meinen Nummer-eins-Status nicht nur durch eine gute Saison erarbeitet habe, sondern über vier Jahre hinweg. Ich bin durch meine konstanten Leistungen der letzten Jahre heute ein gestandener Bundesligatorhüter.
Vor einigen Jahren hat der Trainer das noch anders gesehen. Armin Veh stellte Sie als 19-Jährigen erst ins VfB-Tor, dann nahm er Sie wieder raus – samt öffentlicher Kritik. Wie sauer waren Sie damals auf ihn?
Sauer eigentlich nicht.
Wirklich nicht?
Nein. Aber natürlich war ich sehr enttäuscht. Selbst als sehr junger Torhüter hofft man ja, dass man nach den ersten Einsätzen auch im Kasten bleibt. Armin Veh hat damals anders entschieden. Und im Nachhinein muss ich ihm dafür sogar dankbar sein.
Das müssen Sie erklären.
Diese Entscheidung hat damals dafür gesorgt, dass ich meinen Traum, Bundesligatorhüter zu werden, noch intensiver und konsequenter verfolgt habe. Ich habe damals noch mal eine Schippe draufgelegt – das hat sich dann auf lange Sicht ausgezahlt.
Also hat Armin Veh trotz der negativen Entscheidung vor sechs Jahren einen Anteil an Ihrer Entwicklung?
Das kann man so sagen, ja.
Was zeichnet den Armin Veh von heute aus?
So, wie ich ihn bis jetzt kennengelernt habe, ist er sehr klar und geradlinig. Das hat nicht jeder Trainer, und es tut uns mit Blick auf die unsteten vergangenen Monate und Jahre sehr gut.
Ist das der einzige Anhaltspunkt für eine bessere Saison, als es die vergangene war?
Es ist im Vorfeld immer sehr schwer zu sagen, wie eine Saison tatsächlich verlaufen wird. Ich habe derzeit ein gutes Gefühl, hatte vor der vergangenen Spielzeit aber auch kein schlechtes. Es gibt leider keine Garantien.
Woraus ziehen Sie den Glauben an eine gute Bundesligarunde?
Im Training sieht man schon an einigen Dingen, dass wir einfach anders Fußball spielen wollen. Es klappt zwar noch nicht alles, in manchen Phasen aber spielen wir zum Beispiel schon ein sehr gutes Pressing. Außerdem glaube ich daran, dass wir aus den vergangenen Monaten unsere Lehren gezogen haben.
Das hört sich schön an, allerdings war das schon nach der Saison 2010/11 das Ansinnen. Viel besser wurde es danach nicht.
Nun bin ich mir aber sicher, dass wirklich jeder Stein umgedreht worden ist, um die ganze Situation ehrlich und schonungslos zu analysieren. Und ein paar Dinge sind ja auch nach außen sichtbar schon passiert.
Allerdings gilt auch: Das Gerüst dieser Mannschaft ist nun schon zweimal in akute Abstiegsgefahr geraten. Fehlt es also nicht doch an Qualität im Kader?
Natürlich ist es immer positiv, wenn man von außen qualitativ gute Spieler dazuholen kann – und ich finde, dass das bis jetzt auch gelungen ist. Was aber auch für unseren Kader spricht: Viele Spieler haben gerade zum Ende der vergangenen Saison eine gewisse Klasse bewiesen – und sie sind noch sehr jung. Ich sehe in unserer Mannschaft noch viel Entwicklungspotenzial und bin sicher, dass uns das über kurz oder lang wieder einige Schritte nach vorne bringt.
Je schneller, desto besser: Am Sonntag steht bereits die Generalprobe für den Pflichtspielauftakt an. Es geht gegen Hull City, nächsten Samstag im Pokal gegen Bochum. Reicht die Zeit?
Ich denke, ja. Wir haben in der Vorbereitung gut und intensiv gearbeitet. Jetzt steht wieder eine normale Trainingswoche an, von daher bin ich zuversichtlich, dass die nötige Spritzigkeit da sein wird. Und dann sollten wir bereit sein für das Pokalspiel in Bochum.
Noch einmal zurück zur Weltmeisterschaft in Brasilien: Haben Sie aus den Auftritten der Torhüter Erkenntnisse für Ihre Arbeit ziehen können?
Eigentlich gab es da wenig Neues oder besonders Beeindruckendes. Manuel Neuer war mit Abstand der beste Torhüter der WM, seine Ruhe und Souveränität sind richtig klasse. Ich konnte nur staunen, wie er die Spiele angegangen ist, völlig zu Recht ist er zum besten Keeper der WM gewählt worden. Ich bin sicher, er wird über Jahre Welttorhüter bleiben.
Und sonst?
Hatte ich nicht den Eindruck, als müsste ich mich da vor irgendeinem anderen Torhüter verstecken.
Was können Sie von Manuel Neuer noch lernen?
Natürlich beobachte ich seine Spiele und schaue, wie er was macht. Letztendlich hat aber jeder sein ganz persönliches Torwartspiel, und es bringt nichts, einen anderen kopieren zu wollen. Von daher gilt: Ich habe großen Respekt vor Manuel Neuers Leistungen, werde aber weiter meinen eigenen Weg gehen.
Der Sie in diesem Sommer in den Hafen der Ehe geführt hat. Ein schönes Erlebnis?
Auf jeden Fall.
Mit Auswirkungen auf Ihre sportliche Laufbahn?
(Lacht) Da würde ich sagen: Eher nicht. Ich habe meine jetzige Frau ja vorher schon gekannt. Von daher hat sich durch die Hochzeit nicht viel verändert.