Die Japan-Tour des VfB Stuttgart geht zu Ende. Zeit für einen dezidierten Blick auf das große Ganze. Lässt sich die Reise als Erfolg verbuchen?
Wer bei der Japan-Reise des VfB Stuttgart wissen wollte, was, wo, wann und mit wem geplant ist, der musste sich an Christine Feulner halten. Die Fränkin war die Teamchefin der Agentur, die der VfB vor Ort in Osaka und Hiroshima gebucht hatte, damit der Laden läuft. Sind genügend Busse gebucht und stehen sie bereit? Wie viele Tickets für den Besuch bei den Baseballern der Hiroshima Toyo Carp braucht es? Ist der Kranz, dem man in Gedenken an die Opfer der Atombomben-Abwürfe am Mahnmal in Hiroshima niederlegen möchte, auch ganz sicher farblich an das VfB-Wappen angelehnt? Wie reist eigentlich Angelo Stiller nach und wer holt den Mittelfeldmann sonntags am Flughafen ab? Auf diese und noch Dutzende weitere Fragen hatte Feulner immer eine Antwort. Multilingual, versteht sich. Deutsch, Japanisch, Englisch, Fränkisch – egal, welche Sprache gefragt war, Feulner parlierte fließend.
Ähnliches galt für die VfB-Mitarbeiter Simon Gubisch und Jacky Cruz. Gubisch, der „Head of International Business“ beim VfB und Cruz, die seit kurzem die internationale Kommunikation leitet und strukturiert, waren bereits knapp 14 Tage vorher angereist, um alle getroffenen Vorkehrungen zu begutachten, doppelt zu checken, wie geplante Aktivitäten funktionieren können und welche Alternativen es gibt. Nichts, wirklich gar nichts wurde dem Zufall überlassen. Schließlich musste für einen 70-köpfigen VfB-Tross alles präpariert sein, dazu kam noch eine gut 30-köpfige Truppe an Betreuern, DFL-Delegierten, asiatischen Funktionären und einem Redakteur dieser Redaktion.
Straffe Zeitpläne
Da muss gut vorgearbeitet sein, sonst können die Rädchen nicht ineinandergreifen. Und so funktionierte am Ende alles wie am Schnürchen. Der Nukleus, um den sich alles drehte, die Mannschaft, konnte konzentriert und fokussiert arbeiten. Die Busabfahrten zum Training beispielsweise waren derart pünktlich, dass sich die Spieler ganz schön sputen mussten, wenn sie nicht plötzlich wie bestellt und nicht abgeholt in der Hotellobby stehen wollten. Nicht allen gelang es, die empfindliche Strafe landete beim Kassenwart in der Mannschaftskasse.
Der Grad der Organisation war bemerkenswert. Alles war minutiös geplant und nur so war es überhaupt möglich, ein solch straffes Programm aus Trainingsarbeit, Testspielen, Business-Meetings, Marketingterminen und publikumswirksamen Auftritten wie der Kranzniederlegung am Mahnmal des Atombomben-Abwurfs 1945 überhaupt absolvieren zu können. Geschlafen und gegessen werden musste ja auch noch.
„Am Ende sind wir Fußballer“
Jeder Tag war von 7 Uhr in der Früh bis 20 Uhr abends komplett durchgetaktet. Ein gewaltiger Spagat, der da geschafft werden musste. Der Trainer nahm es mit Fassung: „Wir wurden hier super empfangen. Das ist keine Marketingfloskel. Das Land und insbesondere die Menschen begegnen uns auf eine bemerkenswerte Art und Weise. Es macht einfach Spaß. Die Menschen machen es einem so leicht“, bilanzierte Trainer Sebastian Hoeneß, auch wenn er betonte, dass „wir am Ende Fußballer sind – und keine Vermarkter.“ So sieht es Hoeneß, dessen Team zum Abschluss der Reise bei einem 5:2-Testspielerfolg gegen Sanfrecce Hiroshima überzeugte.
Über einen nicht unwesentlichen Nebeneffekt durfte sich der Coach auf der Reise aber freuen: Denn viele der Aktivitäten seiner Mannschaft eigneten sich gut, um den Zusammenhalt in der Gruppe zu stärken. Schließlich gilt es ja auch, eine ganze Reihe an neuen Spielern in ein funktionierendes Team zu integrieren. Seine Mannschaft sei eine „Gruppe von guten Charakteren. Die professionell sind und wissen, wie sie auftreten müssen“, so Hoeneß, der sich in Sachen Mannschaftsgeist keinerlei Sorgen macht. „Da können wir einen Haken dran machen. Das war auch die Grundlage in der vergangenen Saison. Jetzt geht es darum, die Vorbereitung vollends zu nutzen, um noch weiter zusammenzuwachsen.“
Marketingvorstand Rouven Kasper, gemeinsam mit dem Sportvorstand Fabian Wohlgemuth der Delegationsleiter in Japan, fällte zufrieden ein Fazit. „Unser Programm war sehr dicht gestaffelt, geradezu brutal mit vier bis acht eigenen Aktivitäten jeden Tag. Aber wir haben eben etwas aufzuholen im Vergleich zu den Größen der Branche. Und wer aufholen will, muss eben fleißiger sein“, sagte Kasper.
Siebenstelliger Ertrag
Der VfB profitierte monetär in deutlich siebenstelliger Höhe durch die Japan-Tour. Das soll aber noch lange nicht alles für das Geschäftsfeld Internationalisierung gewesen sein. Der Club will hier weiter zulegen. Man wolle weiter „Relevanz produzieren“, und sich „bewusst anders als andere Clubs positionieren“. Damit zukünftig viel mehr Fans an den Trainingsplätzen und in Flughafenhallen stehen und VfB-Schilder in die Höhe halten, als es dieses Mal der Fall war.