Sandrino Braun (li.), Tobias Rathgeb: Duell der Taktgeber im Mittelfeld Foto: Baumann

Beide sind für ihr Team unersetzlich. Beide sind heiß auf das Stuttgarter Stadtduell. Beide tippen auf einen Sieg ihrer Mannschaft. Worin sich Tobias Rathgeb (VfB II) und Sandrino Braun (Kickers) unterscheiden, ist die persönliche Perspektive.

Stuttgart - Beide sind für ihr Team unersetzlich. Beide sind heiß auf das Stuttgarter Stadtduell. Beide tippen auf einen Sieg ihrer Mannschaft. Worin sich Tobias Rathgeb (VfB II) und Sandrino Braun (Kickers) vor dem Drittliga-Derby (Sonntag, 15.30 Uhr, Gazistadion) unterscheiden, ist die persönliche Perspektive.

Tobias Rathgeb: Der Kapitän des VfB Stuttgart II hat für diese Terminierung zunächst nur ein Wort übrig – „Wahnsinn!“. Dass der Saisonhöhepunkt seiner Mannschaft gegen die Kickers zeitgleich zum Bundesligaspiel der Profis in der Mercedes-Benz-Arena gegen den FC Augsburg angepfiffen wird, kann er immer noch nicht fassen. Die Polizei sah sich dazu gezwungen, um das Randale-Risiko zu minimieren. „Es ist schon mehr als schade, dass so gut wie keine VfB-Fans bei unserem Heimspiel auf der Waldau sein werden“, sagt Rathgeb (31) voller Enttäuschung, „aber wir können es nicht beeinflussen.“

Also blickt er lieber nach vorne. Mutig tippt er auf eine Wiederholung des 2:0-Hinspielsiegs – und schiebt die Begründung für seinen Optimismus gleich hinterher: „Wir haben unseren Durchhänger vor Weihnachten hinter uns. Jetzt sind wir wieder frisch im Kopf.“ Und die Brust ist breit – nach zwei Auftaktsiegen 2014. Zuletzt, beim 1:0 in Saarbrücken, zeigte Rathgeb wieder einmal, wie wichtig er als Führungsfigur für die blutjunge VfB-Truppe ist. „Tobi war unser spielbestimmender Mann, er hat den Rhythmus vorgegeben, Löcher gestopft und gute Pässe gespielt“, lobte Trainer Jürgen Kramny seinen verlängerten Arm auf dem Platz.

Bis 2015 hat sich der ehemalige Bundesligaprofi von Hansa Rostock an den VfB gebunden. Dass er danach als Trainer im Jugendbereich beim VfB arbeiten kann, ist auch bereits vertraglich verankert. „Doch vielleicht hänge ich noch ein, zwei Jahre als Spieler dran“, sagt Rathgeb. Der Dauerläufer steht voll im Saft. Im Derby will der „Ur-Stuttgarter“ (Rathgeb) das ganz besonders zeigen.

Sandrino Braun: Im Gegensatz zu Rathgeb hofft der Mittelfeldstratege der Blauen, dass er seinen Karriere-Höhepunkt noch vor sich hat. Am Saisonende läuft sein Vertrag aus. Der Verein würde gerne mit ihm verlängern, erste Gespräche fanden statt. Braun ist hin- und hergerissen: „Ich fühle mich sehr wohl bei den Kickers. Aber mit 25 Jahren bin ich nicht mehr der Jüngste. Ich muss genau abwägen.“ Der Mann fühlt sich reif für den Sprung in die zweite Liga. „Fifty-fifty“, schätzt sein Berater Carsten Dehmer die Chancen auf einen Verbleib bei den Kickers ein: „Es gibt Anfragen von verschiedenen Vereinen aus verschiedenen Ligen.“

Durch eine bemerkenswerte Konstanz hat sich der gebürtige Südbadener ins Blickfeld gespielt. In jeder Minute der bisher 23 Saisonspiele stand der Dauerbrenner auf dem Platz. Seine hohe Fehlpassquote am vergangenen Samstag beim 2:1 gegen die SV Elversberg war ein Ausreißer nach unten. „Wer viel am Ball ist, macht auch mal Fehler, gerade auf so einem schmierigen Boden“, nahm ihn Trainer Horst Steffen in Schutz. Egal ob Dirk Schuster, Gerd Dais, Massimo Morales oder Jürgen Hartmann das Sagen hatte – Braun war immer gesetzt. Doch unter Steffens Regie machte er den nächsten Entwicklungsschritt. Braun profitiert vom neuen Spielsystem. Jeder muss sich bewegen. Kurze Pässe werden bevorzugt. So findet er mehr Anspielstationen. Die starke Balleroberung, die enormen Laufwege und das gute taktische Verständnis gehörten schon vorher zu seinen Stärken.

Die Ausbildung in der Fußballschule des SC Freiburg kommt ihm dabei zu gute. Neun Jahre spielte er im Breisgau, bei den A-Junioren war der aktuelle Sportclub-Profi-coach Christian Streich sein Trainer. Warum er den Durchbruch nicht schaffte? „Damals wurde noch nicht so auf junge Spieler gesetzt wie heutzutage“, lautet Brauns Erklärung. Gut möglich, dass er nun über die Umwege SC Pfullendorf und Stuttgarter Kickers den sportlichen Aufstieg schafft.

Zunächst aber interessiert Sandrino Braun nur eines: Ein Derbysieg gegen den VfB II. „Wir gewinnen 2:1“, tippt er. Damit würden die Blauen den Stadtrivalen nicht nur erstmals in dieser Saison in der Tabelle überflügeln. Es wäre auch ein weiterer großer Schritt Richtung Klassenverbleib.