Die Erfolgsgeschichte des Aufsteigers Würzburger Kickers sollte dem Absteiger VfB Stuttgart vor dem Auswärtsspiel am Sonntag in der zweiten Fußball-Bundesliga Warnung genug sein. Denn für das Team von Trainer Bernd Hollerbach ging es zuletzt nur bergauf.
Würzburg - Der Fußball schreibt in diesen Tagen ziemlich unschöne Geschichten. Von Millionären in kurzen Hosen, die ihren Hals nicht vollkriegen. Von Beratern, die sich bei obskuren Deals die Taschen links wie rechts vollstopfen. Und von Clubs und Liga-Managern, die am Schwungrad des Big Business fleißig mitdrehen. Das Magazin „11 Freunde“ sieht schon den „Untergang des Fußballs“ kommen.
Es gibt aber auch noch andere Geschichten aus der Welt dieses liebenswerten Sports. Geschichten aus der fränkischen Provinz zum Beispiel, Geschichten über Elia Soriano und den FC Würzburger Kickers. Ein Verein, der vor drei Jahren noch in der Regionalliga Bayern vor 800 Zuschauern gegen Rosenheim und Memmingen kickte und nun am Sonntag (13.30 Uhr) den fünfmaligen Deutschen Meister VfB Stuttgart empfängt. Nicht in der ersten Pokalrunde, sondern am 17. Spieltag der zweiten Liga.
Soriano profitiert vom Wechsel nach Würzburg
„Das wird ein geiles Spiel, da freuen wir uns alle drauf“, sagt Elia Soriano. Der 27-jährige Angreifer ist Teil des Würzburger Aufschwungs. In der vergangenen Winterpause verließ er nach Unstimmigkeiten mit Manager Michael Zeyer die Kickers aus Stuttgart und schloss sich dem Namensvetter aus Unterfranken an. Damals ein recht gewöhnlicher Wechsel von einem Drittligisten zum anderen. Ein Jahr später sind die Stuttgarter Kickers viertklassig, die Würzburger Kickers stehen auf Platz acht der zweiten Liga.
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Komplette TabelleDoch jetzt will der Angreifer lieber über die erfolgreichen Kickers aus Würzburg reden. „Es hängt natürlich Vieles an der Arbeit des Trainers“, reduziert Soriano die Erfolgsgeschichte auf einen Namen: Bernd Hollerbach. Der Metzgersohn aus dem nahe gelegenen Rimpar und frühere Bundesligaprofi vom Hamburger SV („An mir kommt entweder der Ball oder der Gegner vorbei. Aber nie beide“) hat seinen Heimatclub von der vierten in die zweite Liga geführt. Dabei wurde das Saisonziel gleich zweimal in Folge verfehlt. Von der vierten in die dritte Liga wollten sie in Würzburg binnen drei Jahren. Der Aufstieg gelang aber schon im ersten Jahr. Als Drittligist hieß es dann erneut: In drei Jahren hoch in die zweite Liga! Und wieder dauerte es nur eine Saison, weshalb die Würzburger Senkrechtstarter zu Ehren Hollerbachs ein berühmtes Zitat abwandelten: Das Wunder von Bernd.
Bei allem Respekt vor der Leistung des Freund und Schafkopfpartners von Felix Magath: Ganz ohne Geld spielen sich auch in der Provinz keine Märchen ab. Der Dukatenesel von Würzburg heißt Thorsten Fischer. 2002 startete der ehemalige Anzeigenverkäufer das Unternehmen Flyeralarm, das sich mittlerweile zu Europas größter Online-Druckerei mit einem Jahresumsatz von 330 Millionen Euro gemausert hat. Was zugleich die Frage nach dem komischen Stadionnamen in Würzburg beantwortet. Fischer entwickelte sich über die Jahre zum Förderer der Rothosen, inzwischen fungiert er als Aufsichtsratschef der Fußballabteilung. Das Wunder von Bernd hat also eine Vorgeschichte.
Bei den Kickers geht es familiär zu
Auch in der zweithöchsten deutschen Spielklasse hat der Club, der wie der andere Verein der Stadt, der Würzburger FV , Ende der 70er Jahren schon einmal im Fußball-Unterhaus zu Gast war, seinen Charme nicht verloren, meint Elia Soriano. „Es geht hier immer noch sehr familiär zu.“ Anders als im Training, wo die freundschaftliche Verbundenheit Hollerbachs zu Magath seine Spuren hinterlassen hat. „Unsere große Stärke ist die Fitness und die große taktische Flexibilität“, sagt Soriano, der Hollerbachs Trainingsmethoden vorsichtig mit „etwas anders“ umschreibt. „Fakt ist, dass wir in den letzten Minuten immer noch marschieren können.“ Der VfB ist also gewarnt.
Und wo marschieren sie noch hin, die Kickers aus Würzburg? Dem Gesetz der (unheimlichen) Serie folgend müssten sie im kommenden Jahr wieder aufsteigen – in die Bundesliga. Bevor jemand lacht: Hollerbach verfolgt ein klares Ziel: „Ich will irgendwann einmal da trainieren, wo ich auch selbst gespielt habe, in der ersten Liga.“ Eine zeitliche Vorgabe gibt es dieses Mal keine. In Würzburg wissen sie inzwischen, dass ihre Stärken woanders liegen.