Berlins Chef: Pal Dardai Foto: dpa

Am Samstag empfängt der VfB Stuttgart die Hertha aus Berlin. Dort leistet Trainer Pal Dardai seit Jahren gute Arbeit – dabei hilft ihm auch ein Ex-Stuttgarter.

Berlin - Wenn er nicht gerade mit Fußball beschäftigt ist, kümmert sich Pal Dardai um seine Familie – und um seinen Garten. Da warten Obsträume und Weinreben auf den Trainer von Hertha BSC. Und sein heiliger Rasen, bei dem sogar bisweilen eine Nagelschere zum Einsatz kommt. „Pal Dardai, der typisch deutsche Kleingartenspießer“, hat der Ungar sich in dem Zusammenhang einmal genannt.

Wenn er zweimal in der Woche vor dem Training mit seinem Mäher über den Rasen tuckert, kann der Ex-Profi so richtig gut abschalten. Das Handy bleibt bei der Gartenarbeit zu Hause. Aber was macht er dann im Winter, wenn das wegfällt? „Dann schaue ich einfach gerne mit einem guten Glas Rotwein auf meinen gut gepflegten Rasen“, sagt Pal Dardai und grinst.

Der 42-Jährige, der aus der Fellbacher Partnerstadt Pécs stammt und an diesem Samstag (15.30 Uhr) mit Hertha BSC beim VfB Stuttgart gastiert, fliegt in der Fußball-Bundesliga immer ein wenig unter dem Radar. Das liegt daran, dass die Berliner jetzt unter ihm nie ganz nach vorne gestürmt sind. Dass sie nicht überfliegermäßig spektakulär spielen. Dass sie einfach nur das Beste aus ihren Möglichkeiten machen. Einfach nur gut ist aber gerade in einer Weltstadt wie Berlin zu wenig, zu bieder.

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Doch bei Hertha BSC wissen sie genau, was sie an ihm haben. Nur Christian Streich vom SC Freiburg (seit Dezember 2011) ist länger bei einem Bundesligisten im Amt als Pal Dardai, der im Februar 2015 von der U 15 befördert wurde und Jos Luhukay ablöste. Zum Vergleich: beim VfB, einem Club mit ähnlichen finanziellen Rahmenbedingungen, schwangen im gleichen Zeitraum Huub Stevens, Alexander Zorniger, Jürgen Kramny, Jos Luhukay, Olaf Janßen (interimsweise), Hannes Wolf, Tayfun Korkut und Markus Weinzierl das Trainerzepter.

Dabei ist Pal Dardai „kein einfacher Mensch“, wie er selbst sagt. Er ist streng, besonders was das Training und die taktische Disziplin angeht. Doch er hat mit seinen Methoden Erfolg, Hertha BSC kommt als Tabellensechster nach Stuttgart. „Bisher bin ich recht zufrieden mit dem Verlauf der Hinrunde“, sagt der Coach. „Wenn jetzt noch ein paar Punkte in den letzten drei Spielen dazukommen, dann könnten wir in Ruhe ein schönes Weihnachtsfest feiern.“ Für sieben Zähler bis dahin hat er diese Woche ein Essen für die ganze Mannschaft ausgelobt.

Die Balance zwischen Defensive und Offensive hat hier und da noch nicht ganz gepasst, doch zuletzt gab es bei Hannover 96 (2:0) und gegen Eintracht Frankfurt (1:0) wieder zwei Siege zu feiern. Der Abstand zu den Champions-League-Plätzen ist marginal – die Königsklasse ist für Pal Dardai jedoch kein Thema, zumindest noch nicht. „Wir tun gut daran, wie bisher Woche für Woche daran zu arbeiten, am Spieltag unsere beste Leistung abzuliefern und eine gute Tagesform zu haben“, sagt er. „Für alles andere ist die Saison noch viel zu lang.“

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Zwei wichtige Ansprechpartner für Pal Dardai sind Männer mit VfB-Vergangenheit. Der eine ist der Co-Trainer Rainer Widmayer, der – wie berichtet – mit einer Rückkehr nach Stuttgart liebäugelt. „Ich mag seine schwäbische Mentalität, er ist ein sehr akribischer, total verlässlicher Arbeiter“, sagt der Ungar über seinen 51 Jahre alten Assistenten aus Renningen.

Der andere ist Vedad Ibisevic, der seine am Ende sehr unglückliche Zeit in Stuttgart (Januar 2012 bis August 2015) weit hinter sich gelassen hat. In Berlin ist der 34-jährige Stürmer ein echter Anführer – über das Toreschießen hinaus. „Ich habe Vedad nicht umsonst vor zwei Jahren zum Kapitän gemacht“, sagt Pal Dardai. „Ich kann mich an kein Training erinnern, in dem er sich jemals geschont hätte. Und seine Trefferquote spricht für sich.“

Mit sechs Saisontreffern führt Vedad Ibisevic die interne Torschützenliste gemeinsam mit Ondrej Duda an. Vorvergangenes Wochenende in Hannover hat er sein 300. Bundesliga-Spiel absolviert und dabei sein 116. Tor geköpft. Er ist der erste Spieler in der Ligageschichte, der für drei verschiedene Clubs mindestens 33-mal getroffen hat (1899 Hoffenheim, VfB und Hertha BSC). „Er gibt immer 100 Prozent, ist ein absoluter Vollprofi“, sagt Pal Dardai. So wie er selbst – an der Seitenlinie und im Garten.