Seit seiner Gründung durch 18 VfB-begeisterte "Nordlichter" am 23. Mai 2007 ist der "Rote Brustring Hamburg e.V." aktuell auf 68 Mitglieder angewachsen. Neben zahlreichen "waschechten" Hamburgern, ... Foto: Roter Brustring Hamburg e.V.

In einer Serie stellen wir offizielle Fanclubs des VfB vor: Heute der " Rote Brustring Hamburg ".

Stuttgart - Neuer Start, neues Glück! Die Saison 2011/12 ist in vollem Gange und wir stellen einige offizielle Fanclubs des VfB Stuttgart vor. Diesmal haben wir uns aus den heimischen Gefilden ganz in den Norden der Republik begeben und hier den "Roten Brustring Hamburg" gefunden, den nördlichsten OFC des VfB in Deutschland.

Wie alles begann - Keine Ahnung, wer Karlheinz Förster war

"Am Anfang habe ich nur so getan, als ob", gibt Stefan Kuhsiek unumwunden zu. Der Anfang, das war im Jahr 1978, als der heutige erste Vorsitzende des "Roten Brustring Hamburg e.V." mit seinen Eltern in einen anderen Stadtteil der Hansestadt umzog und sich der Siebenjährige auf die Suche nach neuen Freunden machen musste. Drei Jungs hätten in der Nachbarschaft immer gekickt und damit natürlich seine Aufmerksamkeit erregt, erzählt der heute 40-Jährige. "Einer der Jungs war schon zehn, kam aus Stuttgart und war Fan des VfB. Da habe ich einfach gesagt, dass ich den VfB auch gut finde, obwohl ich nicht einmal gewusst habe, wo Stuttgart eigentlich liegt", erzählt Kuhsiek weiter. Der schwäbische "Höfleswetzer" war zudem Karlheinz Förster-Anhänger. Kuhsiek sagte der Name nichts. Zehn Jahre waren die beiden Buben beste Freunde, Kuhsieks Treue zum VfB hält bis heute.

Aber wie kommt man auf die Idee, in der norddeutschen Diaspora einen offiziellen Fanclub des schwäbischen Bundesligisten zu gründen? Bei manchen sei es schlicht Heimweh gewesen, andere wären als sichtbare VfB-Anhänger auf Hamburgs Straßen gar des Heimatverrats bezichtigt worden, erzählt Stefan Kuhsiek auf die Frage nach der Motivation der Gründungsmitglieder. Über das VfB-Forum der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung habe man dann im Jahr 2006 nach Gleichgesinnten gesucht und sich schließlich gefunden. Am 23. Mai 2007 wurde der "Rote Brustring Hamburg e.V." von 18 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben. Ihr ambitioniertes Ziel: fortan "der Beistand von Oben“ zu sein.

Bitte keine Sado-Maso-Vereinigung

Dem Kind einen passenden Namen zu geben, sei freilich alles andere als einfach gewesen, sagt Kuhsiek rückblickend. Mit "Hansespätzle“ und "Rot Weiß Elbe“ nennt der Anzeigenberater nur zwei der wieder verworfenen Namen, die zur Diskussion gestanden hätten. Aber auch der „Rote Brustring“, der letztendlich das Rennen gemacht hat, sorgte gleich beim Eintrag ins Vereinsregister der Hansestadt für Verwirrung. "Die zuständige Dame dachte erstmal, dass wir aufgrund des 'roten Brustrings' eine Sado-Maso-Vereinigung wären“, schmunzelt Kuhsiek.

Ein Stückchen schwäbische Kultur an der Alster

Ob man das Anliegen, schwäbische Mundart und Geselligkeit im hohen Norden kultivieren zu wollen, masochistisch nennen kann, sei dahingestellt. Einfach ist es sicher nicht und der schwäbische Vokabeltrainer auf der Homepage des Roten Brustrings ist sicher mit einem Augenzwinkern zu sehen. Trotzdem sieht sich der Verein mit seinen aktuell 68 Mitgliedern - davon seien 80 Prozent aus dem Südwesten - als die Anlaufstelle für alle Schwaben im hohen Norden und als Botschafter schwäbischer Kultur, sagt Stefan Kuhsiek. Denn in Hamburg gebe es "definitiv viel zu wenig schwäbische Kultur“, meint der OFC-Vorsitzende, der selbst übrigens ein waschechter Hamburger ist.

Nach dem Spiel ab auf die Barkasse

Darunter falle auch, dass es in Hamburg keine Sportsbar oder Kneipe gebe, die ausschließlich die Spiele des VfB zeige. "Aufgrund der Größe der Stadt eine wirklich unfassbare und bittere Wahrheit“, entrüstet sich der 40-Jährige. Die Spiele des Stuttgarter Vereins werden daher in einem privaten Clubraum gezeigt, in dem auch externe VfB-Fans willkommen seien. Sind die Roten beim HSV zu Gast, stehe nach dem Stadionbesuch eine knapp dreistündige Barkassenfahrt durch den Hamburger Hafen auf dem Programm. "Das ist für alle Fans, die nicht in Hamburg leben, ein Highlight“, sagt Kuhsiek und fügt hoffnungsvoll hinzu: "Ein innigster Wunsch von uns wäre ja, dass auch mal ein VfB-Spieler bei dieser Barkassenfahrt dabei wäre“.

Hippe Shirts und der Chef vom "Atlantik"

Durchaus Gefallen finden könnte der eine oder andere modebewusste VfB-Profi an den Fan-Klamotten des Roten Brustrings. Die schlichten Shirts und Kapuzenpullis mit dem Vereinswappen fänden in ganz Deutschland und sogar darüber hinaus Absatz, erzählt Stefan Kuhsiek. Das Logo des OFCs vereint unter anderem die Silhouetten des Hamburger und des Stuttgarter Fernsehturms, einem der Wahrzeichen der schwäbischen Metropole. Das Hamburger Hotel "Atlantic“, seines Zeichens ständiger Wohnsitz von Altrocker Udo Lindenberg, kann sich sicher zu den Aushängeschildern der Hansestadt zählen. Der Direktor des Hauses, ein Stuttgarter, zählt übrigens zu den Mitgliedern des "Roten Brustrings", die darum aber nicht viel Aufhebens machen wollen. "Für uns gibt es keine wichtigen oder weniger wichtigen Personen, sondern nur VfB-Fans“, stellt Kuhsiek klar und fährt fort: "Bei uns im Fanclub wir jeder gleich behandelt, sobald er das Trikot mit dem roten Brustring überstreift".

Den "Derbysiegerbesieger" unterm Pulli

Übergestreift hätten sich in der letzten Saison, beim Spiel auf St.Pauli am 13. März 2011, einige Mitglieder ein ganz besonderes Shirt, holt der erste Vorsitzende beim Thema Klamotten aus. Freilich hätten sie die Leibchen mit dem Aufdruck "Derbysiegerbesieger" - in Anlehnung an das legendäre FC St. Pauli-Shirt aus dem Jahr 2002 mit dem Schriftzug "Weltpokalsiegerbesieger", in dem St. Pauli den FC Bayern bezwungen hatte  - unter ihren Kapuzenpullis getragen, denn der Spruch setzte ja einen Sieg des VfB voraus und kurz vor Schluss stand es noch 1:1 im Millerntor-Stadion, so der erste Vorsitzende. Sven Schipplock habe dann in der vorletzten Minute das erlösende 2:1 erzielt, alle Dämme seien gebrochen und die Pullis hätten ihre Schuldigkeit getan, freut sich Kuhsiek rückblickend.

Letzte Saison: Einer hat die Mitgliedschaft gekündigt

Weniger erfreulich ist für den Vorsitzenden Jahrgang 71 die Erinnerung an die letzte Saison des VfB Stuttgart. Als Bruno Labbadia im Dezember 2010 seinen Posten als neuer Trainer der Stuttgarter antrat, kündigte ein anderer im hohen Norden prompt seine Mitgliedschaft bei den Schwaben. "Das war eine Art Kurzschlussreaktion", gesteht Kuhsiek, "Bruno Labbadia war ja in Hamburg kein Unbekannter. Und wenn das Präsidium gegen 99,9 Prozent der Fanmeinung einen Trainer durchprügelt, ist das ein absolutes No-Go", ereifert sich der erste Vositzende noch heute. Dann ließ es Labbadia gar nicht so schlecht angehen und der Hanseat entschied sich, dem Trainer eine Chance zu geben. Die Kündigung wurde widerrufen, der VfB ist "oben" geblieben und 2010/11 wurde an der Elbe unter "Zitter-Saison" zu den Akten gelegt.

Bescheidene Wünsche und eine Einladung zum Schluss

Schlägt Kuhsiek die Akte "Zukunft" auf, bleibt er erstmal bescheiden. "Der VfB soll eine ruhigere und sicherere Saison als letztes Jahr spielen und ein klares Konzept muss erkennbar sein", fordert er. Aber der Hamburger findet auch lobende Worte: "Ein ganz großes Plus des Vereins ist immer die sehr gute Nachwuchsförderung und damit die Identifikation des Fans mit den Spielern gewesen. Auf diesem Weg muss man weitergehen". Verhältnisse wie in Köln oder beim HSV, wo die Fans sich jedes Jahr an neue Spieler gewöhnen müssten und diese bei der erstbesten Gelegenheit wieder verschwänden, wollen der 40-Jährige und seine Mitstreiter bei ihrem Verein auf keinen Fall erleben. Gute Leute - wie etwa Gomez oder Khedira es gewesen seien - sollte der VfB mittelfristig durch eine finanzielle und sportliche Zukunft in Stuttgart halten können, wünscht sich Kuhsiek. Und für den nördlichsten OFC des VfB? "Natürlich tolle Spiele und viele Besucher aus der schwäbischen Heimat", sagt der Mann mit dem nordischen Zungenschlag und dem schwäbischen Fußballerherz - und tut nicht nur so, als ob.