VfB-Aufsichtsrat Hartmut Jenner (links, in der Mitte Wilfried Porth, rechts Martin Schäfer) Foto: Baumann

Aufsichtsratsposten beim VfB Stuttgart waren selten vergnügungssteuerpflichtig. Mit dem Fußball-Bundesligisten in ruhigem Fahrwasser angelangt, wagt Hartmut Jenner einen Ausblick. Ein Gespräch über das Engagement beim Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart und die Zukunft des VfB.

Stuttgart - Hartmut Jenner ist ein Mann mit vielen Interessen. Der Kärcher-Chef ist nicht nur Aufsichtsrat beim VfB Stuttgart, sondern auch großer Fan des Handball-Clubs TVB Stuttgart.

Herr Jenner, am Wochenende startet der VfB in die neue Saison der Fußball-Bundesliga, für die Handballer des TVB Stuttgart beginnt ebenfalls die Bundesliga-Saison, und die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart trainieren ab Mittwoch wieder. Alle drei Clubs werden von Ihrem Unternehmen unterstützt. Da liegt die Vision nahe, das Trio unter einem Dach zu vereinen.

Ich sehe diese Vision, ehrlich gesagt, nicht. Dafür sind die Sportarten und Strukturen doch zu heterogen.

Die TVB-Handballer haben eine schwierige Saison hinter sich – mit einem Trainerwechsel und dem Kampf gegen den Abstieg bis zum Ende. Was erwarten Sie für die neue Spielzeit?

Dass der Verein jetzt den nächsten Schritt macht. Der TVB hatte einen sehr schlüssigen Zehnjahresplan – mit dem Ziel, in die Bundesliga aufzusteigen. Dieser wurde – sogar vorzeitig – umgesetzt, wofür man den handelnden Personen großen Respekt zollen sollte. Zuletzt stagnierte dann aber alles ein wenig, in der vergangenen Saison sind wir unter den Erwartungen geblieben. Umso wichtiger wäre es, sich nun zu steigern.

Warum?

Weil für eine Entwicklung auch Planungssicherheit notwendig ist. Und die hat man eben nur bedingt, wenn man bis zum Saisonende gegen den Abstieg kämpft. Deshalb hoffe ich, dass der TVB in der kommenden Saison früh gesichert ist.

Machen Sie das Saisonziel an einer Platzierung fest?

In Richtung Platz zehn sollte sich das Ganze schon entwickeln, denke ich.

Der VfB hat diese Klippe bereits genommen und landete in der vergangenen Saison nach einer starken Rückrunde auf Platz sieben.

Weswegen ich jetzt aber nicht übereuphorisch bin. Diesen siebten Platz sollte man nicht überhöhen, das war ein Stück weit über den Verhältnissen.

Also gehen Sie nicht automatisch von einer weiteren Verbesserung in der kommenden Saison aus?

Ich bin mit Blick auf die Entwicklung beim VfB in den vergangenen Monaten sehr optimistisch – bleibe aber auch realistisch. Man sollte jetzt nicht davon ausgehen, dass wir wieder Platz sieben holen oder noch besser dastehen werden. Bei allem Streben nach Wachstum muss man diese Sprünge auch stabilisieren und absichern. Wächst man zu schnell, funktioniert diese Stabilisierung oft nicht. Das ist bei Fußballclubs nicht anders als bei Unternehmen.

Immerhin hatte der Verein früh die von Ihnen bereits angesprochene Planungssicherheit.

Ich glaube, so früh wie in diesem Jahr waren wir noch nie fertig mit der Kaderplanung. Da haben Michael Reschke und der übrige Vorstand der VfB AG einen hervorragenden Job gemacht. Und ich bin sicher: Das wird sich auszahlen. Das Thema Ausgliederung sollte man in diesem Zusammenhang nicht unterschätzen.

Inwiefern?

Neben dem wichtigen Bereich der Kapitalgewinnung war die Ausgliederung auch elementar wichtig, um langfristige Strategien umsetzen zu können – unabhängig davon, ob der Ball am Samstag zuvor im Tor war oder nicht. Ein Verein ist von Emotionen abhängig, auf der Führungsebene eines Fußball-Bundesligisten darf man sich von Stimmungen aber nicht abhängig machen. Da müssen auch Entscheidungen getroffen werden, die auf den ersten Blick vielleicht nicht für alle Beobachter nachvollziehbar sind.

Vor zwei Jahren waren Sie als einer von damals drei Aufsichtsräten gezwungen, eben solche Entscheidungen im operativen Geschäft zu treffen – was eigentlich gar nicht der Rolle des Kontrollgremiums entspricht.

Ich würde sagen, wir haben damals teiloperativ agiert. Das will ich gar nicht verhehlen. Aber es war nach dem Abstieg auch keine einfache Phase. Nicht für den Verein, aber auch nicht für die Aufsichtsräte, die in ihrem Ehrenamt auch viel Kritik einstecken mussten.

Zwei Jahre später . . .

. . . muss man sagen, dass uns Vieles gut gelungen ist. Wir haben klare Zielsetzungen gehabt, klare Pläne, aber natürlich brauchte es auch ein bisschen Glück in der Umsetzung. Das Wichtigste ist, dass wir den Verein in seiner Führung stabilisiert haben. Wir haben Wolfgang Dietrich für das Präsidentenamt gewinnen können, dieser hat später Michael Reschke nach Stuttgart geholt, die Verträge der Vorstände Jochen Röttgermann und Stefan Heim sind kürzlich verlängert worden. Diese Kontinuität ist wichtig – auch in diesem Bereich kann man Sport und Wirtschaft vergleichen.

Wie definieren Sie Ihre Rolle als Aufsichtsrat heute?

So, wie sie für einen Aufsichtsrat vorgesehen ist, also mit einer gewissen Distanz zum operativen Geschäft. Nur so können wir relativ emotionsfrei auf die Umsetzung der Strategien und das Budget achten. Aber es geht auch darum, Ratgeber zu sein.

In welchen Bereichen?

Kärcher ist ein global agierendes Unternehmen – damit haben wir automatisch viele gemeinsame Themen mit einem Club wie dem VfB Stuttgart. Denn auch der besteht ja nicht nur aus Fußball, da geht es auch um Dinge wie Customer Service oder Digitalisierung. Da ist ein Austausch durchaus sinnvoll.

Der VfB ist derzeit auf der Suche nach einem weiteren Investor. Bei den von Ihnen beschriebenen Gemeinsamkeiten könnte Kärcher doch ein möglicher Partner sein, oder?

Kärcher ist Sponsor des Vereins – und das schon sehr lange. In dieser Rolle sehen wir uns als verlässlicher Partner, werden uns darüber hinaus aber nicht als Investor engagieren.

Warum nicht?

Wir sind ein Unternehmen, das in Deutschland weniger als 15 Prozent seines Umsatzes macht, also müssen wir schauen, dass wir unsere Marketinggelder auch international positionieren. Wir können das nicht nur in Deutschland oder der Region Stuttgart tun, wo wir neben dem VfB ja auch noch im Handball und Volleyball aktiv sind. So engagieren wir uns zum Beispiel als Sponsor im Rahmen der Rallye Dakar oder in der Fußball-Champions-League in Asien.

Auch der VfB wagt neuerdings den Blick nach China.

Ich bin viel in der Welt unterwegs, gerade auch in Asien und China. Daher kann ich sagen: Dort wird der Fußball von Tag zu Tag größer und interessanter. In China entsteht etwas, das man nicht unterschätzen sollte. Daher ist es für einen deutschen Verein absolut gut und wichtig, dort präsent zu sein, zumal die Asiaten eine sehr hohe Affinität zu Deutschland und Europa haben. Und wir als Unternehmen können vielleicht mithelfen, Verbindungen nach Asien zu schaffen. Einer unserer größten Kunden besitzt zum Beispiel einen Fußballverein in Japan.

Ist es auch denkbar, dass ein Investor eben aus China oder generell Asien beim VfB einsteigt?

Die Wahrscheinlichkeit dafür halte ich für nicht sehr hoch.

Sind Sie in die Suche nach einem weiteren Partner eingebunden?

Nicht direkt. Das ist hauptsächlich Sache unseres Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden. Wie schon häufig betont wurde: Es ist wichtig, dass ein weiterer Partner neben dem Kapital auch Know-how einbringt.

Wolfgang Dietrich ist fast zwei Jahre im Amt. Haben Sie mit Ihm schon über eine zweite Amtszeit gesprochen?

Für konkrete Gespräche darüber ist es noch zu früh, er hat ja auch in dieser Amtszeit noch einen Weg zu gehen.

Würden Sie sich eine zweite Amtszeit wünschen?

Ja. Schließlich hat er unheimlich viel Drive und Unternehmertum reingebracht und setzt die Dinge präzise und in hoher Geschwindigkeit um.