Auf der Straße sammelt niemand Spenden für die Vesperkirche. Foto: dpa

Die Vesperkirche hat begonnen. Im Namen der Kirche sind Spendensammler unterwegs – vorgeblich. Es handelt sich um Betrüger.

S-Mitte - Mindestens zwei der Täterinnen wären zu identifizieren. „Der Mesner der Stiftskirche hat sie fotografiert“, sagt die Diakonin Cornelia Götz. Seit Sonntag hat wieder die Vesperkirche geöffnet, mit Speisung, Programm und Kultur für die Armen und unabhängig vom Stand des Bankkontos für jeden, der sich interessiert. Die Barmherzigkeit nutzen allerdings Betrüger für ihre eigenen Zwecke. Sie behaupten, Spenden für die Vesperkirche zu sammeln. Straßensammlungen veranstaltet die Gemeinde allerdings grundsätzlich nicht. „Wenn Sie jemand anspricht, rufen Sie die Polizei“, sagt Götz. „Das ist Betrug.“

Nicht, dass die Wochen der Wohltätigkeit ohne Spenden möglich wären. Ganz im Gegenteil finanzieren sie sich ausschließlich aus Spenden. Rund 250 000 Euro jährlich braucht die evangelische Kirche, um sie zu finanzieren. Wer Geld geben will, kann dies in der Leonhardskirche tun oder auf das eigens für die Vesperkirche eingerichtete Spendenkonto überweisen (siehe Textende).

Betrügerische Sammlungen sind kein Einzelfall

Betrügerische Spendensammlungen für die Vesperkirche oder andere wohltätige Zwecke der Stuttgarter Gemeinden sind kein Einzelfall. Die Kirche beobachtet sie seit Jahren. Im vergangenen Herbst häuften sich die Fälle massiv. Verkäuferinnen des Straßenmagazins Streetworker versuchten, rund um den Marktplatz sogar in Geschäften Geld einzusammeln. Die Inhaber beschwerten sich.

In diesem Fall ermittelte das Diakoniepfarramt selbst und identifizierte einen Verein mit Sitz in Darmstadt als Strippenzieher. Ungeachtet dessen fühlt die Kirche sich gegen die betrügerischen Sammler hilflos. „Wer angesprochen wird, sollte die Polizei rufen“, sagt Götz. „Wir können selbst nicht tätig werden.“

Die Sammler kann jeder anzeigen, der angesprochen wird

Dies allerdings ist laut dem Polizei-Pressesprecher Thomas Geiger ein Irrtum. „Betrug ist ein Offizialdelikt“, sagt er. „Wer anzeigt, ist egal, das könnte natürlich auch die Kirche“. Ein Offizialdelikt ist eine Straftat, die in jedem Fall verfolgt werden muss, selbst wenn die Polizei von ihr zufällig oder per anonymem Hinweis erfährt.

Betroffenen oder Zeugen empfiehlt Geiger, den Notruf 110 zu wählen oder unter der 89 90-0 die Stuttgarter Polizei zu informieren. Das Innenstadtrevier ist nur wenige hundert Meter vom potenziellen Tatort entfernt. Tatsächlich sind in der Vergangenheit „immer wieder Anrufe wegen Spendensammlern reingekommen“, sagt Geiger. „Aber wenn die Kollegen vor Ort waren, waren die Sammler schon weg.“ Aktuell seien im Innenstadt-Revier keine neuen Betrugsversuche bekannt.