Europäischer Gerichtshof kippt deutschen Staatsvertrag zum Glücksspiel.
Berlin - Das EuGH-Urteil hat die Bundesländer unvorbereitet getroffen: Niemand hat damit gerechnet, dass die bisherige Praxis des deutschen Sportwetten-Monopols ab sofort für unzulässig erklärt würde. Das Innenministerium erklärte lediglich: "Das Urteil muss jetzt gründlich ausgewertet und im Kreise der Länder erörtert werden."
Die EuGH-Richter hatten argumentiert, dass das deutsche Glücksspielmonopol eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU sei. Dies sei nur zu rechtfertigen, wenn es konsequent etwa die Suchtgefahren des Glücksspiels bekämpfe. Davon könne aber keine Rede sein, wenn staatliche Wettanbieter massiv für sich selbst Werbung machten.
368 Millionen Euro aus Lotteriegeschäften
Im Breitensport, in der Kultur und zahlreichen sozialen Projekten geht jetzt die Sorge um, dass künftig die staatlichen Zuschüsse geringer ausfallen könnten. Das Land Baden-Württemberg kassierte 2009 Einnahmen aus Lotteriegeschäften in Höhe von 368 Millionen Euro - davon stammten 159 Millionen Euro aus der Lotteriesteuer. Wenn als Folge des Urteils ausländische Anbieter auf den Markt drängten, könnten die Einnahmen des Landes aus dem Glücksspiel drastisch einbrechen.
Heftig begrüßt wurde das Urteil dagegen von den Organisatoren von Sportgroßveranstaltungen wie dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Sie fordern seit Jahren eine Liberalisierung, weil sie auf die Werbeeinnahmen der privaten Wettanbieter setzen.
Peter Reinhardt vom britischen Wettanbieter Betfair sagte gegenüber unserer Zeitung: "Wir sitzen auf gepackten Koffern." Sein Unternehmen erwarte, dass die Bundesländer die Vorgaben des EuGH umgehend in deutsches Recht umsetzten. "Danach wird Betfair selbstverständlich legal in Deutschland operieren, in Deutschland Arbeitsplätze schaffen und in Deutschland Steuern zahlen." Der Staat lasse sich derzeit allein beim Online-Pokerspiel Steuern in Höhe von bis zu 400 Millionen Euro jährlich durch die Lappen gehen.