Großer Andrang an den Teststationen. Foto: LICHTGUT/LICHTGUT/Leif Piechowski

Die neue Coronaverordnung in Baden-Württemberg wirft immer noch Fragen auf. Gastwirte stellen ein Problem mit der Kontroll-App fest. Fragen und Antworten zum Thema.

Stuttgart - Am Sonntag war die 2-G-Plus-Regel wieder korrigiert worden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema, das Verwirrung gestiftet hat.

 

Was sagt das Staatsministerium zum holprigen Start der Coronaverordnung im Land?

„Es ist leider so, dass jeder Tag zählt“, betont die Sprecherin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Man müsse einerseits schnell und andererseits genau sein. „Wir bedauern die Irritationen, die dabei entstanden sind“, sagt sie. Bürgerinnen und Bürger hätten ein Anrecht darauf, „so früh wie möglich darüber informiert zu werden, wie sich ihr Leben in absehbarer Zeit ändert“. In den internen Abstimmungsverfahren seien immer wieder Änderungen möglich. Die Sprecherin betont, „dass die Verordnung erst dann gilt, wenn alle Einzelheiten geklärt sind und sie notverkündet ist“.

Und was meint das Fachministerium?

„Ja, das ist nicht optimal gelaufen“, sagte ein Sprecher von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) Er begründete dies mit dem Zeitdruck bei der Neufassung der Verordnung und dem Heraussickern einzelner Eckpunkte noch vor der endgültigen Fassung: „Dass dies am Wochenende zu Missverständnissen geführt hat, bedauern wir.“

Gilt die Verordnung, obwohl es noch eine Kulanzfrist gibt?

Die Verordnung gilt seit Inkrafttreten am Samstag, betont die Sprecherin des Staatsministeriums. Allerdings habe der Amtschef des Sozialministeriums die Ortspolizeibehörden in einem Brief gebeten, mit der Ahndung der Verstöße in einer Einführungsphase kulant umzugehen, um Bürger sowie Geschäftstreibende über die Regeln zu informieren: „Ab Ende der Woche wird wie gewohnt kontrolliert und sanktioniert.“

Wie reagiert die Gastronomie?

„Wir betrachten diese Übergangsfrist als Ausdruck der Fairness, die uns angesichts der Kurzfristigkeit, mit der die neuen Regelungen verkündet wurden, auch geboten erscheint“, erklärt Daniel Ohl, der Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga.

Wie läuft die Kontroll-App?

Nicht so gut. Den Wirten ist es eigentlich lieber, die Gäste kommen mit einem ausgedruckten QR-Code über ihre Impfungen, deutet Daniel Ohl an. Dann lasse sich leichter feststellen, ob sie bei 2 G plus einen Test brauchen oder nicht. Die „Cov-Pass Check-App“, die den Betrieben zur Verfügung stehe, zeige nur die Gültigkeit des Zertifikats an, nicht den Zeitpunkt der letzten Impfung. Gastronomen müssten sich zusätzlich das Datum der letzten Impfung auf dem Mobiltelefon des Gastes zeigen lassen. Die Rechtsgrundlage dafür bietet nach dem Verständnis des Dehoga die Coronaverordnung. „Bei Gästen, die mit einem ausgedruckten Impfzertifikat (mit QR-Code) kommen, ist es einfacher, weil das Datum der Ausstellung auf dem Zertifikat vermerkt ist“, sagt Ohl.

Plant die Politik Änderungen bei der App?

Ein Sprecher von Sozialminister Lucha erklärt, mit der App könne man bei 2 G nachweisen, dass man vollständig geimpft sei. Das zeigten die Cov-Pass- und die Corona-Warn-App an und das könne mit der Checking-App auch vom Personal ausgelesen werden. Für die Befreiung vom Test bei 2 G plus müsse nachgewiesen werden, dass eine Boosterimpfung gemacht worden sei, aber nicht, wann. Die Boosterimpfung befreie sofort nach der Impfung vom Test.

Wann läuft die Sechs-Monats-Frist?

Am Sonntag hat die Regierung überraschend weitere Ausnahmen von 2 G plus angekündigt und frisch Geimpfte und Genesene mit Geboosterten gleichgestellt. „Aber wie lange darf die Immunisierung zurückliegen?“, fragen Leser. Die Verordnung ist da klar: Geimpfte mit abgeschlossener Grundimmunisierung sind von der Testpflicht ausgenommen, „wenn seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung nicht mehr als sechs Monate vergangen sind“. Auch Genesene, deren Infektion nachweislich maximal sechs Monate zurückliegt, sind von der Pflicht befreit.

Wie groß ist der Kreis der Ausnahmen?

Von Ausnahmen kann nicht mehr gesprochen werden. Laut Landesgesundheitsamt haben in den letzten sechs Monaten fünf Millionen Menschen in Baden-Württemberg den vollen Impfschutz erhalten. Den „Booster“ erhielten rund 1,5 Millionen.

Manchmal weisen Hausärzte Booster-Willige unter sechs Monaten ab, was tun?

Das baden-württembergische Sozialministerium sagt, laut Stiko komme es nicht auf die Tagesgenauigkeit an, eine Verkürzung auf fünf Monate könne erwogen werden: „Wir haben die zwölf Krankenhausstandorte, an denen die mobilen Impfteams des Landes angedockt sind, ausdrücklich auf diese Empfehlung hingewiesen und gebeten, kulant mit Menschen umzugehen, die sich nach fünf Monaten boostern lassen wollen.“

Wie reagiert die Wirtschaft?

Aus Sicht des Industrie- und Handelskammertags haben Stornierungsquote und Umsatz gelitten. Eine Sprecherin sagte, die Telefone bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) stünden nicht mehr still. „Der größte Wunsch ist, dass eine solch unsichere und die Unternehmen belastende Situation in Zukunft vermieden wird.“ Der Handelsverband ist nicht weniger verärgert: Es sei schwierig für Händler, sich immer wieder an neue Regeländerungen anpassen zu müssen, so Geschäftsführerin Sabine Hagmann. Es sei aber zu begrüßen, „dass das Land die ersten Ungereimtheiten der Verordnung erkannt und direkt ausgebessert hat“.

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