Urnengräber sind sehr viel beliebter als noch vor zehn Jahren. Foto: factum/Simon Granville

Mit einem Kunstgriff will sich die Stadt Ökopunkte sichern. Zudem ist eine neue Bestattungsform im Waldfriedhof im Gespräch.

Gerlingen - Es ist still und friedlich. Eine Rose am Namensschild bei einem Baumgrab ist mit Reif überzogen. Ein besonderer Ort der Erinnerung. Ein paar Meter weiter richtet ein Besucher ein weiteres Grab unter einem Baum schön her. Blumen liegen bereit. Seine Lebensgefährtin liege hier, sagt der Mann. Tulpen, Dauerpflanzen, Erinnerungssteine zieren die Ablagestellen für mehrere Gräber.

Der Waldfriedhof in Gerlingen ist ein pietätvoller Ort. Das Feld für Gräber unter Bäumen wurde vor drei Jahren stilvoll erweitert. Die Urnen-Bestattungsplätze dort sind beliebt. Jetzt gibt es dafür 27 Bäume. In den anderen Bereichen des Friedhofs stehen noch jede Menge freie Plätze für Sarg- und Urnenbestattungen bereit. Auch Urnenwände könnten aufgestellt werden, gleich links vom Eingang.

Rechtlicher Status wird geändert

Der Gemeinderat befasst sich mit der Zukunft des Waldfriedhofs – denn auch in Gerlingen haben sich die Bestattungsgebräuche in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren stark verändert. Im 20. Jahrhundert war die Bestattung eines Verstorbenen im Sarg üblich, die Kremierung und Bestattung der Urne mit der Asche des Toten eine Ausnahme. Die Wünsche haben sich aber grundlegend geändert: Mittlerweile sind fast drei Viertel aller Bestattungen die von Urnen. Weil es dafür sehr viel weniger Platz braucht, sind die in früheren Jahrzehnten definierten und noch immer vorgehaltenen freien Friedhofsflächen überdimensioniert. Das will sich die Stadt Gerlingen jetzt zunutze machen.

Der 1978 angelegte Waldfriedhof sollte in den folgenden Jahrzehnten bei Bedarf im umliegenden Wald erweitert werden. Dafür war im Flächennutzungsplan von 1984 eine Fläche vorgesehen, die dreimal so groß ist wie die jetzt genutzte. Weil man etwa die Hälfte der vorgesehenen Fläche nie brauchen wird, soll diese mit einem Verwaltungsakt geschützt werden – der Wald also Wald bleiben.

Doppelt so viel Fläche wie nötig

Im Flächennutzungsplan von 1984 sind 82 000 Quadratmeter für den Waldfriedhof vorgesehen. Die jetzige Friedhofsfläche beträgt 27 000 Quadratmeter, also ein Drittel davon. Berechnungen ergaben, dass für die nächsten 25 bis 30 Jahre die noch nötige Fläche wesentlich kleiner ist als bisher angenommen. Man brauche nur noch 15 000 Quadratmeter, um auf der sicheren Seite zu sein, rechnete Ralf Klinkenberg, der Grünplaner der Stadt, im Gemeinderat vor. Damit könne man die Hälfte der Fläche, wie sie 1984 für den Friedhof vorgesehen war, als Wald belassen. Dafür könne man Ökopunkte bekommen – und den nötigen Ausgleich für die Erweiterung der nahen Klinik Schmieder schaffen. „Wir erhalten Natur und verhindern Waldzerstörung“, sagte Thomas Günther, der Chef des Bauamtes.

Dieser Verwaltungsakt sei „legal und in Ordnung, aber geschummelt“, meinte Judith Stürmer von den Jungen Gerlingern. Die Grünen finden „Ausgleichsflächen durch Umwidmung“ nicht gut, so ihr Stadtrat Björn Maier. Die Freien Wähler haben mit dem Verfahren kein Problem, sagt ihr Fraktionsvorsitzender Martin Nufer. Und Christian Haag von der CDU begründete die Zustimmung seiner Fraktion mit den Worten „eine einfache und pragmatische Lösung“.