Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (Mitte) zusammen mit seinen Anwälten Stephan Holthoff-Pförtner (li.) und Christoph Kleiner (re.). Foto: dpa

Ex-Ministerpräsident Mappus ließ Daten vernichten – Anwalt: Daten auch auf dem Server gespeichert.

Stuttgart - Für die Anwälte von Stefan Mappus (CDU) ist es eine „völlig übliche Verfahrensweise“, für Grüne und SPD im Landtag hingegen ein weiterer Beweis, dass der frühere Ministerpräsident wichtige Informationen zum umstrittenen EnBW-Aktiendeal und zum blutigen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner beseitigen wollte. Mappus habe vor dem Amtsantritt von Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Festplatte auf seinem Computer im Staatsministerium ausbauen und vernichten lassen, berichtete die „Stuttgarter Zeitung“ am Donnerstag.

 

Auf der Festplatte hätten sich „vor allem zahlreiche CDU-Dateien sowie private Dateien von Mappus und Dritten befunden“, begründeten Mappus’ Anwälte die Aktion, von der bisher im Staatsministerium nichts bekannt war. Ihr Mandant habe aber „alle Unterlagen hinsichtlich der EnBW-Transaktion, die sich in seinem Besitz befanden, an den Untersuchungsausschuss beziehungsweise an die Staatsanwaltschaft übergeben.“

Grüne und SPD im Landtag bezweifeln die Darstellung der Anwälte. Dass es Mappus nicht gereicht habe, die Daten einfach zu löschen, sondern dass er sie habe zerstören lassen, „schürt den Verdacht, dass uns immer noch Korrespondenz vorenthalten wird, die Licht auf die noch dunklen Flecken des Deals werfen könnte“, sagte Ulrich Sckerl, Obmann der Grünen im EnBW-Untersuchungsausschuss, am Donnerstag. Ein solches Verhalten passe nicht zu den wiederholten Erklärungen von Mappus, beim Rückkauf der EnBW-Aktien „alles richtig und nur im Interesse und zum Vorteil des Landes getan zu haben.“

Keinen Anlass, „an der Loyalität der Mitarbeiter der zuständigen Abteilung und ihres Leiters zu zweifeln“

Sein SPD-Kollege Andreas Stoch bezeichnete die Vernichtung der Festplatte als „weiteren Mosaikstein in der Reihe Täuschen, Tricksen, Vertuschen“. Dieser Vorgang stärke den Verdacht, dass regierungsamtliche Vorgänge vertuscht werden sollten, so der Obmann der Sozialdemokraten im Untersuchungsausschuss „Wer etwas vernichtet, hat auch was zu verbergen.“ Beide forderten die Staatsanwaltschaft auf, die rechtlichen und technischen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts auszuschöpfen und die Daten möglicherweise aus dem Server zu rekonstruieren.

Zu dem Vorgang selbst gibt es unterschiedliche Darstellungen. Es sei „ kein Geheimnis“, dass die Festplatte auf Mappus Computer in dessen Auftrag „und unter Beteiligung der EDV-Abteilung des Staatsministeriums sowie eines Mitarbeiters ausgebaut und vernichtet wurde“, erklärten die Anwälte. Mappus selbst sei an dem Ausbau der Festplatte und der Vernichtung nicht beteiligt gewesen, diese habe sich vom Zeitpunkt des Ausbaus an nicht mehr in seinem Besitz befunden.

Staatssekretär Klaus-Peter Murawski sagte gestern, Mitarbeiter der EDV-Abteilung hätten die Festplatte Anfang Mai 2011 auf Wunsch von Mappus’ persönlichen Mitarbeitern ausgebaut und in seinem persönlichen Büro hinterlegt. Ihnen sei aber „über die Vernichtung der Festplatte nichts bekannt, geschweige denn, dass sie daran beteiligt gewesen wären“, so Murawski: Er habe keinen Anlass, „an der Loyalität der Mitarbeiter der zuständigen Abteilung und ihres Leiters zu zweifeln.“ Die grün-rote Landesregierung hatte nach der Regierungsübernahme nach Unterlagen über das umstrittene Aktiengeschäft gesucht, fand aber relativ wenige.

Klare Regelungen im Landtag

Die Staatsanwaltschaft kümmere sich im Zug ihrer Ermittlungen gegen Mappus wegen Untreue auch um die verschwundene Festplatte, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Vor einigen Wochen waren das Privathaus von Mappus in Pforzheim und mehrere Büroräume auch von Beratern durchsucht worden. Im Staatsministerium habe man nicht gefahndet, weil Mappus dort keinen Arbeitsplatz mehr hatte. Mappus’Anwälte erklärten gestern, „dass sämtliche Daten, die sich auf der von der zuständigen Abteilung unserem Mandanten zur Verfügung gestellten Festplatte befanden, über den Server des Staatsministeriums gelaufen und somit dort gespeichert waren.“ Löschungen auf diesem Server habe Mappus nicht veranlasst.

Im Landtag gibt es eine klare Regelung, was mit den Computerdateien passiert, wenn Abgeordnete ausscheiden. Dabei orientiere man sich an den Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, sagte ein Sprecher. Die Festplatten der Abgeordneten würden komplett gelöscht, neu formatiert und mit neuer Software versehen. Der Zugang zum persönlichen Account auf dem Server werde gesperrt, die Daten kurz darauf gelöscht.

Unterdessen reagierte Mappus auf indirekte Kritik seines Amtsvorgängers Günther Oettinger. Dieser hatte gestern erklärt, er habe bei seinem Weggang aus dem Staatsministerium „nichts an den Computern in meinem Büro vornehmen lassen“. Das könne er bestätigen, sagte Mappus unserer Zeitung: „Sowohl als Fraktionsvorsitzender wie als Ministerpräsident hatte er keinen Computer in seinem Büro. Insofern war er nicht in der Lage, eine Festplatte zu löschen.“