Seit dem ersten Januar hängt die Höhe der Familienbeihilfe von den Lebenshaltungskosten in dem Land ab, in dem die Kinder der Arbeitnehmer wohnen. Foto: dpa-Zentralbild

Österreich hat Kindergeldzahlungen an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes angepasst und verstößt damit nach Ansicht der EU-Kommission gegen europäisches Recht. Besonders Familien aus östlichen EU-Ländern erhalten nun erheblich weniger Geld.

Brüssel - Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der sogenannten Indexierung von Familienleistungen eingeleitet. EU-Bürger, die in Österreich arbeiten und Sozialbeiträge zahlen, erhielten aufgrund der Maßnahme teils deutlich niedrigere Leistungen, sagte Sozialkommissarin Marianne Thyssen am Donnerstag in Brüssel. Das sei „sehr unfair“ und verstoße gegen EU-Recht. Seit dem ersten Januar hängt die Höhe der österreichischen Familienbeihilfe für ausländische Arbeitnehmer von den Lebenshaltungskosten in dem Land ab, in dem die Kinder der Arbeitnehmer wohnen. Besonders Familien aus östlichen EU-Ländern erhalten nun erheblich weniger Geld.

Maßnahme verstoße gegen Grundsatz der Gleichbehandlung

Die in Wien regierende Koalition aus rechtspopulistischer FPÖ und konservativer ÖVP hatte mit diesem Schritt eines ihrer zentralen Wahlversprechen eingelöst. Die Maßnahme verstoße „sowohl gegen die EU-Vorschriften über die soziale Sicherheit als auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, erklärte die EU-Kommission. Die Regierung in Wien habe nun Zeit, auf die Rüge zu reagieren. In letzter Instanz könnte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entscheiden. Die entsprechende EU-Vorschrift war in der Vergangenheit schon einmal fast gekippt worden.

2016 einigten sich die Mitgliedstaaten auf Drängen Großbritanniens darauf, vom Aufenthaltsland der Kinder abhängige Kindergeld-Zahlungen zu erlauben. Doch dazu kam es nicht: Die Einigung gehörte zu den Zugeständnissen, die der damalige britische Premierminister David Cameron der EU vor dem Brexit-Referendum abrang, um bei den britischen Wählern für einen Verbleib in der Gemeinschaft zu werben. Es habe sich um eine „einmalige Einigung“ gehandelt, die durch die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, nichtig geworden sei, betonte die Kommission.