Vor dem Stuttgarter Landgericht wird gegen einen Mann aus Auenwald verhandelt. Foto: dpa

Ein Gutachter bescheinigt dem Mann, der seinen Vater im Februar mit einer Metallstange schwer am Kopf verletzt hat, sowohl Steuerungs- als auch Schuldfähigkeit. Allerdings habe er zur Tatzeit unter einer mittleren bis schweren Depression gelitten.

Auenwald - In dem Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht gegen einen 51-jährigen Mann aus Auenwald, der seinen 80-jährigen Vater mit einer Metallstange schwer am Kopf verletzt hat (wir berichteten) hat am Mittwoch ein psychiatrischer Gutachter seine Expertise vorgetragen. Der forensische Psychiater Hermann Ebel hatte die nicht einfache Aufgabe, dem Gericht den geistigen Zustand des Angeklagten zur Tatzeit – dem Abend des 12. Februar – zu erläutern. Denn er selbst habe den 51-Jährigen erst im April zu sehen bekommen. Zu dieser Zeit hatte sich dessen Psyche jedoch bereits wieder komplett verändert.

Für die Tatzeit bescheinigt der erfahrene Professor für Psychiatrie dem Angeklagten eine mittlere bis schwere Depression. „Ich habe Tausende Patienten mit diesen Symptomen erlebt“, sagte Ebel, der sich auf Akten sowie die Aussagen des Angeklagten und seiner Frau stützen musste, um den psychischen Zustand des 51-Jährigen zu rekonstruieren. Danach zeigte dieser bereits zwei Wochen vor der Tat die typischen Anzeichen für eine Depression: Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit einhergehend mit starkem Gewichtsverlust. Auch Bekannten der Familie sei dieses Verhalten aufgefallen, denn der Angeklagte gelte als fröhlicher Mann. Dieser sprach gegenüber Ebel von „einer zentnerschweren Last“, die ihn bedrückt habe.

Auslöser für die Tat sei die Depression jedoch nicht, so Ebel. „Diese schützt einen eigentlich vor solchen Gewalttaten wegen der dadurch bedingten Antriebslosigkeit.“ Ein Streit mit dem Vater, der im selben Haus wie der Angeklagte lebt, fand statt, als der 51-Jährige die Symptome der Depression bereits zeigte. Der Streit wurde von dem Angeklagten als Grund für die Tat angeführt. Sein Entschluss, es seinem Vater „mal zu zeigen“, hätte eventuell ohne die Depression revidiert werden können, so Ebel. „Diese kann ihn beeinträchtigt haben, den Entschluss zurückzunehmen.“

Eine verminderte Steuerungs- oder Schuldfähigkeit attestierte der Gutachter dem Angeklagten nicht. Dieser habe seine Tat genau geplant und dann auch so ausgeführt. „Allerdings kann ich nicht ignorieren, dass er zum Tatzeitpunkt depressive Züge zeigte, die sich auf sein Verhalten ausgewirkt haben müssen“, so Ebel auf Nachfragen des Gerichts, des Staatsanwalts, des Verteidigers und des Anwalts des Vaters, der als Nebenkläger auftritt. Diese wiesen nahezu alle darauf hin, dass die Tat nicht zum Verhalten eines Depressiven passe.

Möglicher Auslöser für die Depression könnte nach Meinung des Gutachters ein Betablocker gewesen sein, den der Angeklagte seit Jahresende nahm. Dieser könnten den Stoffwechsel des Gehirns beeinflusst haben. Depressionen träten deshalb bei einem Promille von Patienten auf. Das Urteil wird am Freitag verkündet.