Drogenfahnder hörten das Telefon des Angeklagten ab, der ahnungslos munter plauderte. Foto: dpa

Hat ein Dealer aus dem Remstal einen Mord geplant oder am Telefon nur „dumm gschwätzt“? Die lauschende Polizei nahm die Worte jedenfalls ernst. Jetzt muss das Landgericht Stuttgart entscheiden.

Rems-Murr-Kreis - Es geht um viel für einen 41-Jährigen aus dem Raum Schorndorf, der zurzeit wegen versuchter Anstiftung zum Mord vor der Vierten Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts steht. Die Staatsanwaltschaft forderte am Freitag eine Strafe von sechs Jahren für den Mann, der am Telefon mit einer 35-jährigen Mitangeklagten laut nachgedacht hatte, einen säumigen Schuldner mit einem „Cocktail“ aus Kokain und dem Beruhigungsmittel Diazepam zu vergiften. Was beide nicht ahnten: Die Polizei saß bereits seit einiger Zeit in der Leitung und hörte mit.

Geplauder wie in einem Tarantino-Film

„Wir sind durch eine andere Überwachung auf den Angeklagten gekommen“, berichtete ein Polizist ebenfalls am Freitag dem Gericht. Auf den Überwachungsbändern, die am ersten Prozesstag vorgespielt worden waren, hört man die beiden Angeklagten in mehreren Gesprächen über Gott und die Welt reden.

Im schönsten Tarantino-Stil geht es bei den Themen drunter und drüber: die Erkältung des 41-Jährigen wird mit Gehuste und Geröchel garniert, dann geht es wieder um den säumigen Schuldner, dem der gutmütige Dealer immer wieder Kokain gegeben hat, bis eine Summe von 5000 Euro zusammengekommen war. „Beim nächsten Mal ziehe ich andere Saiten auf“, mault der Dealer einmal, seine Gesprächspartnerin ist noch energischer: „Von mir kriegt der jedenfalls nichts mehr!“

Nachdem der Schuldner einen etwas zaghaften Selbstmordversuch begangen hat – mit dem er öfter gedroht hatte, falls er kein Kokain bekommt – fielen schließlich die entscheidenden Worte. Am Telefon dachte der 41-Jährige laut darüber nach, ihm im Krankenhaus ein „Abschiedsgeschenk“ zu machen, bestehend aus Kokain und Diazepam. Zuerst lachte die 35-Jährige noch über den Vorschlag, dann aber widersprach sie dem Angeklagten. Für den Staatsanwalt ist das ein Indiz, dass die Frau die Worte durchaus ernst genommen und nicht als schwarzen Humor verstanden habe, wie die beiden Angeklagten behaupten.

Dafür und für die „schwunghaften Drogengeschäfte“ des 41-Jährigen soll dieser für sechs Jahre hinter Gitter, beantragte der Ankläger. Dieser Strafe widersprachen die beiden Verteidiger erwartungsgemäß vehement. Die Drogengeschäfte seien nicht wegzudiskutieren, aber von einer Anstiftung zum Mord könne keine Rede sein. Dazu fehle bereits eine Person, die angestiftet wurde. Zumindest auf den Bändern sei nicht zu hören, dass der Mann die Frau anstiftet. Vielmehr malt er sich aus, wie er selbst dem Schuldner den „Cocktail“ überreicht. Der im übrigen gar nicht als Mordwaffe tauglich gewesen sei: Die besprochene Dosis des Mittels sei zu gering gewesen, und die Wirkung wäre vom Kokain neutralisiert worden. Überdies habe ihr Mandant gar kein Diazepam besessen, so die Verteidiger.

Die Verteidiger fordern Bewährungsstrafen

Einer der Anwälte forderte deshalb, seinen Mandanten wegen dieses Vorwurfs freizusprechen, der andere, in diesem Fall das Verfahren einzustellen. Für die Drogengeschäfte reichten nach Meinung beider Verteidiger Bewährungsstrafen aus.

Der Verteidiger der 35-Jährigen beantragte ebenfalls eine Bewährungsstrafe. Für sie hatte der Staatsanwalt wegen Drogenhandels eine Strafe von drei Jahren gefordert, die folglich nicht mehr auf Bewährung ausgesetzt werden könnte. Das Urteil wird am Freitag um 11.30 Uhr erwartet.