Stuttgart 21: Servicekräfte verhindern trotz Umbauarbeiten das Chaos - Harald Schmidt lobt Bahn.

Stuttgart - Verspätungen und ausgefallene Züge haben die Geduld von Bahnreisenden am Wochenende auf die Probe gestellt - auch die von Harald Schmidt. Grund: Bauarbeiten an Weichen und Gleisen für das Bahnprojekt Stuttgart 21. Auch am kommenden Wochenende wird gebaut.

"Wir arbeiten am Wochenende, um Berufspendler und Schüler nicht zu behindern", sagt ein Bahnsprecher. Genauso sei die Bahn voriges Jahr verfahren, als mehrmals S-Bahnen vom Tiefbahnhof auf den Hochbahnhof umgeleitet wurden. "Aus unserer Sicht ist jetzt alles zufriedenstellend gelaufen", bilanziert er das jüngste Umbau-Wochenende, an dem der Bahnhof zusätzliche Gäste wegen der Großdemonstration gegen Stuttgart 21 am Samstag und wegen des Bundesligaheimspiels des VfB gegen den SC Freiburg am Sonntag verkraften musste. Dennoch ist das Chaos ausgeblieben. Die Intercity-Züge von München nach Karlsruhe wurden am Hauptbahnhof vorbei über Münster umgeleitet. Wer in die Innenstadt wollte, stieg in Plochingen oder in Vaihingen/Enz um. Die Regionalzüge von Heidelberg und Karlsruhe endeten in Bietigheim-Bissingen. Und zwischen Tübingen und Stuttgart fuhren nur Interregio-Expresszüge - die übrigen hielten in Plochingen, wo Reisende in die S-Bahn nach Stuttgart oder in die Züge nach Ulm umsteigen mussten. Die S 3 wurde geteilt und fuhr nur auf den Abschnitten von Backnang nach Bad Cannstatt und vom Flughafen zum Hauptbahnhof. Für die Lücken mussten die Fahrgäste auf die S-Bahnen S1 und S2 ausweichen.

Bahnhof Plochingen, Samstagmorgen, gegen acht Uhr: Wenige Fahrgäste stehen auf den Bahnsteigen. Die meisten haben in einem Imbiss im Bahnhofsgebäude Schutz vor der Kälte gesucht und spähen durchs Fenster auf die Bahnsteige. Pünktlich um 8.49 Uhr kommt der Intercity aus München an. Ein Servicemitarbeiter der Bahn berät die überschaubare Zahl an Fahrgästen, wie sie am schnellsten nach Stuttgart kommen. Dazu gehört Holger-Martin Anshof, der beruflich nach Korntal muss und dazu in den Regionalexpress um 9.18 Uhr umsteigt. "Das ist kein Drama für mich. Ich bin in Göppingen eingestiegen und habe gesehen, dass ich in Plochingen umsteigen muss. Ich dachte mir schon, dass dies mit Stuttgart 21 zusammenhängt, einem Projekt, mit dem ich nicht glücklich bin", sagt er.

Aufgebracht dagegen ist seine Mitreisende Mary Lisa Tonn. Die Mitarbeiterin der US-Army wird Vaihingen nicht mehr pünktlich zu Dienstbeginn erreichen. "Ich wohne in Göppingen und habe von den Bauarbeiten nichts gewusst", sagt sie grimmig.

Auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof besteht vom Ende des Bahnsteigs zwischen den Gleisen 9 und 10 freie Sicht auf die Ursache aller Behinderungen. Dort sind am Samstagvormittag zwei Bagger und eine Planierraupe im Einsatz, Daneben steht ein mit Schotter beladener Zug. Unterdessen suchen weiter hinten am Bahnhof viele Fahrgäste nach ihren Anschlüssen. Dabei helfen zahlreiche Service-Mitarbeiter der Bahn, die in Sonderschichten im Einsatz sind und alles im Griff haben. Schriftbänder auf den großen Anzeigetafeln informieren über Verspätungen und ausfallende Züge.

Auch der Entertainer Harald Schmidt studiert die Anzeigetafeln. Bevor er mit seinen Kindern weitereilt, erklärt der gebürtige Nürtinger: "Ich bin ein großer Fan der Bahn, ich fühle mich gut informiert, mein Fahrziel ist ein Geheimnis."

Nicht alle sind so entspannt wie Dirty Harry alias Harald Schmidt: Einige Fahrgäste schimpfen über die Einschränkungen auf der Fahrt nach Stuttgart und sind am Abend erstaunt, dass dies auch bei der Heimfahrt so ist. "Mein Zug nach Nürtingen um 20.22 Uhr fällt aus. Das habe ich nicht gewusst. Ich muss jetzt organisieren, dass man mich in Wendlingen abholt", sagt ein verärgerter Familienvater.