Erst stimmt der baden-württembergische Landtag mehrheitlich für die Rückkehr zur Staatspension, dann machte er den Beschluss wieder rückgängig. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Eine Expertenkommission soll Vorschläge für die Versorgung der baden-württembergischen Landtagsabgeordneten erarbeiten. Die Kritik daran wird wieder lauter.

Stuttgart - Es sollte ein Befreiungsschlag werden, doch danach sieht es gerade nicht aus: Die von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) berufene Expertenkommission zur Altersversorgung der Abgeordneten erregt verstärkten Unmut in Verbänden und Verwaltung. „Ohne Nutzen“ nennt sie der Beamtenbund-Chef im Land, Volker Stich. „In meinen Augen ist es ein teures Fehlkonstrukt.“

Der Landtag hatte Anfang Februar im Eilverfahren die Rückkehr zur Staatspension beschlossen. Dies löste breiten Protest aus, weil sich die Parlamentarier nach einer 2011 in Kraft getretenen Regelung eigentlich selbst um ihre Altersvorsorge kümmern sollten. Also wurde der Beschluss in wenigen Tagen revidiert. Mit der Einsetzung einer neunköpfigen Expertenkommission wollte Aras verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Das Gremium soll „unabhängig“ Vorschläge zur Vorsorge erarbeiten. Die Konstituierung ist für den 14. Juli vorgesehen. Bis Ende März 2018 wird ein Abschlussbericht erwartet.

Vergleich von „Fachfremden“

„Die Abgeordneten sollen die Diäten und gegebenenfalls eine an der Beamtenversorgung orientierte Altersabsicherung erhalten, sodass sie unabhängig und finanziell ordentlich ausgestattet ihre verantwortungsvolle Tätigkeit ausüben können“, sagt Stich. „Selbstverständlich kann auch zur Staatspension zurückgekehrt werden.“ Dann müsse aber ebenso die Abgeordnetendiät einer kritischen Überprüfung unterzogen werden, denn ihre Anhebung sei einst mit dem Hinweis auf die erforderliche zusätzliche private Absicherung erfolgt. Bei der Umstellung seien sich alle bewusst gewesen, dass aufgrund der Obergrenzen bei der gesetzlichen Absicherung zusätzlich noch private Vorsorge betrieben werden muss, weshalb die Diäten um ein Drittel angehoben wurden.

Nötig wäre nun ein Vergleich der Altersversorgung in den drei möglichen Systemen: Staatspension, Versorgungswerk für Landtagsabgeordnete sowie eine mit Privatabsicherung kombinierten gesetzlichen Rente. Gefordert wäre auch ein Überblick über Abgeordnetendiäten und Zusatzleistungen in anderen Bundesländern. Statt „Fachfremde“ damit zu befassen, sollte das Finanzministerium die nötigen Vergleiche erstellen, fordert Stich. „Dort sitzen die Experten, die die Zahlen leichter und schneller zusammenstellen können.“

„Fürstliches Honorar“ für den Vorsitzenden

Besonders kritisch sieht Stich das Budget für die Kommission von mehr als 400000 Euro inklusive des „fürstlichen Honorars“ von 125000 Euro für den Vorsitzenden Herbert Landau, einen früheren Verfassungsrichter. 120000 sind für zwei Referenten und eine Bürokraft vorgesehen. Aras legt zudem Wert auf eine „direkte Form“ Bürgerbeteiligung. Ein „Bürgerrat“ soll Empfehlungen für die Politikerrenten erarbeiten – dafür sind 100000 Euro vorgesehen. Der Beamtenchef im Land bemängelt jedoch, dass viele Menschen „erwartungsgemäß so gar keinen Einblick in die Materie haben“. Einige könnten auch vom Neidgedanken getragen sein. „Alles in allem ein untaugliches Verfahren“, bilanziert Stich.

Um Kritik an der Kommission von vorneherein zu minimieren, hatte Aras potenzielle Kritiker schon mal eingebunden: So ist die DGB-Vize im Land, Gabriele Frenzer-Wolf, beteiligt, die gleichwohl schon die Einschaltung einer PR-Agentur mit Kosten von 35 000 Euro moniert hat. Eine Werbeagentur einzuschalten „widerspricht unserem Demokratieverständnis“, sagte sie.

Kritik auch vom Steuerzahlerbund

Der ebenso beteiligte Vorsitzende des Steuerzahlerbundes im Südwesten, der von Berufs wegen kritisch hinschauen muss, äußert ebenso Skepsis. „Ich halte die Kosten für zu hoch“, sagt Wilfried Krahwinkel. „Das ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, was sich nicht in der Kostensituation widerspiegelt.“ Er habe der Landtagspräsidentin geschrieben, dass er deswegen auf jedwede Vergütung verzichte. Dieser Schritt wiederum könnte andere Mitglieder unter Druck bringen, dies auch zu tun.

Der Steuerzahlerbund hatte die Diäten-Reform von 2005 bis 2008 stark mitgeprägt. „Wir haben damals die Auffassung vertreten, dass wir die Altersversorgung der Abgeordneten mehr an die Bevölkerung heranbringen sollten.“ Daher sei er von der Absicht überrascht worden, dass der Landtag zügig zur staatsfinanzierten Pension zurückkehren wollte. „Wir haben uns eindeutig dagegen ausgesprochen und tun dies weiterhin“, sagt Krahwinkel. Er wolle auch in der Kommission für das bisherige System eintreten und habe sich Aras gegenüber daher „ausbedungen, dass man ein Minderheitenvotum abgeben kann“.