Die EuGH-Entscheidung zu einheitlichen Versicherungsbeiträgen für Männer und Frauen sorgt für Kritik. Foto: dpa

Entscheidung zu einheitlichen Versicherungs-Beiträgen sorgt für Kritik.

München/Berlin - In der Versicherungsbranche hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu einheitlichen Versicherungsbeiträgen für Männer und Frauen für Kritik gesorgt. „Wir halten das Urteil für falsch, weil es die Fakten verkennt“, sagte ein Sprecher der HUK-Coburg am Dienstag.

Wie sich die Entscheidung auf die Versicherten auswirke, sei aber noch unklar. Zunächst müsse das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gründlich geprüft werden.Die deutsche Versicherungswirtschaft bedauerte, dass das Gericht eine risikogerechte Kalkulation in Frage stelle. Der EuGH hatte entschieden, dass die bislang übliche Berücksichtigung des Geschlechts als „Risikofaktor“ für Versicherungsbeiträge Frauen diskriminiere und deswegen ungültig sei.

Die Branche muss nun bis spätestens 21. Dezember 2012 Unisex-Tarife anbieten. Auf Preissenkungen können die Versicherten aber kaum hoffen: Allgemein wird in der Versicherungsbranche eher mit höheren Beiträgen wegen des Urteils gerechnet. Betroffen sein könnten die Krankenversicherung, Lebens- und Rentenversicherung sowie die Autoversicherung.

„Frauen leben länger und gehen häufiger zum Arzt"

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kündigte an, das Urteil ebenfalls zunächst prüfen zu müssen, um Folgerungen für die Branche und die Kunden zu ziehen. „Mit der Entscheidung wird ein zentrales Prinzip der privaten Versicherungswirtschaft, nämlich das Prinzip der Äquivalenz von Beitrag und Leistung, in Frage gestellt“, sagte Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des GDV. Bisher hätten die Versicherungsunternehmen für Frauen und Männer risikogerecht kalkulieren können, also unterschiedliche Risiken unterschiedlich zu bewerten.

Davon hätten die Versicherten dank des „insgesamt günstigen Prämienniveaus“ profitiert. So könnten Frauen ihr Auto in Deutschland derzeit günstiger versichern als Männer, weil ihr Unfallrisiko geringer sei. Nach Einschätzung des Verbandes sind bestehende Verträge von dem Urteil allerdings nicht betroffen. Der Düsseldorfer Versicherer Ergo, zu dem auch die Deutsche Krankenversicherung (DKV) gehört, verteidigt die Unterscheidung von Frauen und Männern etwa in der privaten Krankenversicherung: „Da sind die Unterschiede ja wirklich krass“, sagte Sprecherin Sybille Schneider. „Frauen leben länger und gehen häufiger zum Arzt, verlangen also auch mehr Leistungen.“ Deswegen müssten sie auch höhere Beiträge bezahlen. Beim Monatsbeitrag in der in der Kranken-Vollversicherung mache dies 30 bis 50 Euro aus.

Der Vorstandsvorsitzende der Allianz Deutschland, Markus Rieß, kritisierte die geforderten Unisex-Tarife als ungerecht. „Geschlechtsspezifische Statistiken sind und bleiben ein unverzichtbares Mittel, um den gewünschten Versicherungsschutz für alle Kunden möglichst günstig und risikogerecht anzubieten“, schreibt er in einem Gastbeitrag für die Zeitung „Euro am Sonntag“. Unterschiedliche Beiträge für Männer und Frauen hätten nichts mit Diskriminierung und Willkür zu tun. „Dies wird schon daran deutlich, dass je nach versichertem Risiko ein anderes Geschlecht begünstigt oder benachteiligt wird.“