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21-jährige Rumänin erzählt, sie sei verschleppt worden und habe jetzt Angst vor Tätern.

Stuttgart - Im Prozess gegen die Betreiber der Flatrate-Bordelle namens Pussy-Club sagt eine Nebenklägerin aus. Die 21-Jährige sagt, sie habe Angst um ihre Familie.

Die junge Rumänin, bereits Mutter eines drei- und eines fünfjährigen Kindes, ist keine leichte Zeugin. Sie kann kaum lesen oder schreiben, ihre Antworten sind mehr als einmal wirr, immer wieder versteht sie die Fragen nicht, die ihr der Vorsitzende Richter der 10. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart über die Dolmetscherin stellt. Ein Teil ihrer Aussage ist aber unmissverständlich: "Der Mann, der mich nach Deutschland gebracht hat, wohnt in Rumänien in derselben Straße wie meine Familie. Ich will nicht, dass meine Geschwister getötet werden." Dann beantwortet die Frau aus Hermannstadt aber doch weitere Fragen.

Vor Gericht stehen neun Männer und eine Frau, denen Menschenhandel, Zuhälterei, Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbetrug in Höhe von 2,75 Millionen Euro vorgeworfen werden. Zwei der Angeklagten sollen die Chefs der Pussy-Clubs in Fellbach, Berlin, Wuppertal und Heidelberg gewesen sein.

Zu Hause in Hermannstadt sei sie in einer Disco von einem Wachmann angesprochen worden, ob sie Arbeit in Deutschland wolle, sagt die junge Zeugin. Sie habe abgelehnt, sei dann aber gegen ihren Willen über Ungarn nach Deutschland verschleppt worden. Dort habe sie in einem Club anschaffen müssen. Sie sei blutiggeschlagen worden, mehrere Zähne seien ihr abgebrochen. Nach zwei Monaten habe man sie dann an einen Pussy-Club, offenbar in Berlin-Schönefeld, verkauft. Ende Juli 2009 machten die Behörden Razzien in allen Pussy-Clubs, die Flatrate-Puffs wurden geschlossen.

Im ersten Prozess gegen mehrere Mitarbeiter und gegen die angebliche Geschäftsführerin der Clubs - die Frau war nur vorgeschoben - war den Angeklagten kein Menschenhandel nachzuweisen. Die Urteile lauteten auf Sozialversicherungsbetrug. Im aktuellen Prozess will sich der Staatsanwalt damit nicht zufriedengeben.

Das Problem: Mit Zeuginnen wie dieser wird der Ankläger wenig Beweiskraft entwickeln können. Die 21-Jährige hat der Polizei vier verschiedene Versionen ihrer Erlebnisse erzählt - alle gelogen. "Weil ich Angst hatte", sagt sie. Zudem arbeitete sie bereits in ihrer Heimat als Gelegenheitshure. "Ich brauchte das Geld wegen meiner Kinder." Auch kann sie kaum etwas über die Angeklagten sagen. Lediglich einen Mann auf der Anklagebank identifiziert sie. Der habe ihr allerdings nichts getan. An Daten erinnert sie sich überhaupt nicht. Die Männer, die sie nach Deutschland gebracht hatten, stehen jedenfalls in Stuttgart nicht vor Gericht.

Der Prozess wird in Stammheim mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.