Am 12. Mai diskutiert der Esslinger Gemeinderat darüber, ob die Stadt eine Verpackungssteuer einführen soll. Geschäftsleute haben zwar Verständnis. Aber sie sehen Alternativen, um Verbraucher zum Umdenken zu bewegen. Die zusätzlichen Kosten müssten viele an die Kundschaft weitergeben.
Die Reaktionen von Esslinger Geschäftsleuten auf die geplante Verpackungssteuer, über die der Gemeinderat nächsten Montag diskutiert, fallen gemischt aus. „Die höheren Kosten müssen wir an die Kundschaft weitergeben“, sagt der Bäckermeister Lutz Hermann. In seinem Geschäft in der Neckarstraße gibt es Kaffee zum Mitnehmen sowohl in herkömmlichen Bechern als auch aus dem Esslinger Stadtbecher. Rund 20 Prozent der Kundschaft nutzten das Mehrweg-Angebot.
In Tübingen gibt es die Verpackungssteuer seit 1. Januar 2022. Für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher oder Pommesschalen fallen 50 Cent an, 20 Cent sind es für Einwegbesteck und Trinkhalme oder Eislöffel. Damit will die Stadt Betriebe motivieren, auf Mehrweg umzusteigen.
Verpackungssteuer betrifft letztlich auch die Kunden
Das ist auch den Esslinger Geschäftsleuten ein Anliegen. „Wir ermutigen unsere Kundschaft, den Kaffee aus dem Stadtbecher zu trinken“, sagt Lutz Hermann. Das System findet er sehr praktikabel, „denn die Kundinnen und Kunden können die Becher in allen Geschäften zurückgeben, die an dem Stadtbecher-Netzwerk teilnehmen“. Das Becherpfand kostet zwei Euro. Allerdings ärgert sich der Bäckermeister darüber, „dass noch nicht alle Geschäfte mitmachen“. Viele setzten auf eigene Pfandsysteme, was die Sache komplizierter mache. Dass die Steuer auf die Verbraucher zurückfalle, bedauert Lutz. „Uns betrifft uns das für die Einmalbecher“, sagt sein kollege Uwe Conzelmann. „Wir haben Papierbecher, die kompostierbar sind, da nicht beschichtet. Da die Steuer hier aber dennoch greift, werden wir dafür bezahlen müssen.“ Er bedauert, dass die Kosten an die Verbraucher weitergeben werden müssten.
Eislöffel aus Plastik hat Mario Colaone schon lange abgeschafft. Er setzt in seiner Eisdiele in der Küferstraße auf Holzlöffel. Viele Kundinnen und Kunden wollten ihr Eis aus Bechern essen. Zwar bestellten viele bei ihm auch ein Eis in der Waffel, die anderen zum Umdenken zu bewegen, sei schwierig. Colaone stellt seit 1978 Eis nach italienischen Rezepten her. „Ich finde es gut, Müll zu vermeiden, und habe Waffelbecher angeboten.“ Die hätten viele Kunden abgelehnt.
„Mir ist es wichtig, Müll zu vermeiden, wenn das geht. Aber da muss die Kundschaft mitmachen. Waffelbecher haben vor Jahren viele abgelehnt.“ Mario Colaone, Eiscafé-Chef
Verpackungssteuer könnte das Eis noch teurer machen
Dass die Verpackungssteuer das richtige Instrument sein könnte, um Müll zu reduzieren, bezweifelt der Gastronom. „Dann müssten wir das Eis noch teurer machen.“ Da sei eine Grenze erreicht. Er und seine Kollegen spürten täglich, dass die Eisproduktion immer kostspieliger werde. Colaone würde sich „einen Mittelweg wünschen“. Wie könnte der aussehen? Da schaut er in andere Länder, in denen das Eis auch im mitgebrachten Geschirr über die Theke geht. „Vor Jahrzehnten war das auch in Deutschland möglich, und es hat gut geklappt.“ Jetzt sei das verboten.
Vorteile und Nachteile sieht Markus Eckart in der Einführung einer Verpackungssteuer. In seinem Bistro im Zentrum von Sulzgries verkauft er Eis in Papierbechern und mit Holzlöffeln. An heißen Tagen stehen die Kinder der Nachbarschaft an seiner Theke Schlange, um sich eine Kugel Eis zu holen. Seinen Mittagstisch nutzen viele zum Mitnehmen. „Die bringen ihre eigenen Behälter mit, das hat sich prima eingespielt“, sagt der Gastronom, der im „Eckart’s“ werktags frisch und mit täglich wechselndem Angebot kocht.
Führt die Verpackungssteuer zu weniger Müll?
Die Steuer könnte dazu führen, „dass die Leute gleich auf Mehrweg setzen und weniger wegwerfen, wenn es an den eigenen Geldbeutel geht“. Mit dem eingenommenen Geld könnten die Kommunen dann die Straßenreinigung zahlen. Allerdings bedeute das auch noch mehr Arbeit für die Verwaltungen. Markus Eckart ist überzeugt, dass eine Verpackungssteuer viel Zoff nach sich zieht: „Die Großen werden wieder klagen.“ Das habe auch die Stadt Tübingen erlebt. Er bedauert, dass die Gastronomen wohl durch die Steuern gezwungen würden, ihre Preise zu erhöhen: „Das kann dazu führen, dass die Leute in Nachbarkommunen abwandern, in denen es keine Verpackungssteuer gibt.“